Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.
Begründung:
Der Vorstand ergreift nicht die nötigen Maßnahmen für seine langfristigen Klimaziele und wird seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nicht gerecht.
Unzureichende Maßnahmen für den Klimaschutz: Hohe Emissionen bei unglaubwürdigen Klimazielen
Obwohl Siemens Energy durchaus seine Verantwortung, aber auch die eigenen Chancen beim Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien erkannt hat, sind die Ziele zum Erreichen wirklicher Klimaneutralität nicht glaubwürdig. Nach den Daten der Climate Action 100+ Initiative bzw. der Transition Pathway Initiative (TPI) gibt es vor allem langfristig keine angemessenen Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen.
Die Emissionen, die aus den im letzten Geschäftsjahr verkauften Produkte entstehen werden (Scope 3 downstream), machen mit über eine Milliarde Tonnen Treibhausgasemissionen den absoluten Großteil des CO2-Fußabdruckes des Konzerns aus. Im Vergleich zu 2023 sind diese 2024 sogar noch gestiegen. Die Menge ist deutlich mehr als etwa die CO2-Emissionen von ganz Deutschland in 2024. Dies zeigt, wie sehr das Geschäftsmodell von Siemens Energy noch von dem Verkauf fossiler Gasturbinen abhängig ist.
„Rückenwind“ durch Trump: Kurzfristiger Profit aus fossilen Energien statt langfristige Zukunftsperspektiven mit erneuerbaren Energien
Im Geschäftsjahr 2024 gab es Auftragseingänge von über 16 Milliarden Euro im fossilen Gasbereich. Laut Global Oil & Gas Exit List von urgewald ist Siemens Energy Mitbesitzer von geplanten und im Bau befindlichen Gaskraftwerken in Usbekistan, Brasilien und den USA. Siemens Energy plant Turbinenlieferungen für Gaskraftwerke in mindestens 15 Ländern.
Statt die vielfältige Expertise von Siemens Energy im Bereich der erneuerbaren Energien und dezentraler Energienetze auszubauen, scheint der Vorstand weiter kurzfristig vom Ausbau fossiler Energien profitieren zu wollen. Siemens Energy freut sich über „massiven Rückenwind“ durch Donald Trumps Energiestrategie, die vor allem den Ausbau fossiler Energien vorsieht.
Große Risiken und Unsicherheit bei wasserstofffähigen Turbinen
Siemens Energy verspricht Klimaneutralität durch den Umstieg auf Wasserstoff. Welche Richtung die Wasserstoffstrategien weltweit einschlagen werden, ist ungewiss. Die Situation in Deutschland in Bezug auf die Kraftwerksstrategie ist hierfür ein Beispiel. Der Vorstand legt nicht dar, was das für die selbst erklärten Klimaziele bedeutet.
Während der Einsatz von grünem Wasserstoff etwa bei der zukünftigen Stahlproduktion mangels Alternativen eine wichtige Rolle spielt, ist der Einsatz in der Stromproduktion teuer und ineffizient, und sollte höchstens als Backup bei Dunkelflauten zum Einsatz kommen.
Wasserstoffturbinen sind momentan noch in der Forschungsphase, eine rechtzeitige Marktreife ist nicht garantiert.Technische Herausforderungen wie NOₓ-Emissionen, Materialbelastung, Flammenstabilität und Sicherheitsrisiken sind noch nicht vollständig gelöst. Grüner Wasserstoff wird sehr begrenzt sein und die Effizienzverluste der Rückverstromung sind enorm. Es ist nicht sichergestellt, dass das Wasserstoffkernnetz rechtzeitig ausgebaut sein wird und die Kraftwerke überhaupt rechtzeitig Wasserstoff beziehen können. Begrenzte Betriebsstunden sind wichtiger als Effizienz. Früher galt Effizienz als Hauptkriterium für Kraftwerke: weniger fossiler Brennstoff, mehr Strom. Doch solche Anlagen lohnen sich oft nur bei hohen Betriebsstunden und sind weniger flexibel. Angesichts der Dringlichkeit, Emissionen zu senken, zählen heute geringe Betriebszeiten mehr als relativ niedrige Effizienzgewinne.
Keine Zusammenarbeit mit Kriegsverbrechern: Siemens Energy muss Atomgeschäfte mit Rosatom unverzüglich abbrechen
Siemens Energy hält an Verträgen mit Rosatom fest, obwohl der staatliche russische Atomkonzern in die Entwicklung von Kriegsgütern und Waffensystemen und somit dessen Verwicklung in den russischen Angriffskrieg involviert ist. Siemens Energy sollte seiner Verantwortung endlich gerecht werden und sämtliche Geschäfte mit Rosatom unverzüglich stoppen sowie den Abschluss neuer Verträge – beispielsweise für neue Atomkraftwerke – sowie für Gemeinschaftsprojekte mit Framatome definitiv ausschließen.
Dass Rosatom nun Siemens Energy für bislang nicht gelieferte Ausrüstung für ein in der Türkei geplantes Atomkraftwerk verklagen will, zeigt die Risiken bei Geschäften mit Rosatom auf, da diese unweigerlich mit Sanktionen behaftet sind.
Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Entlastung zu verweigern.
Begründung:
Der Aufsichtsrat kommen seiner unabhängigen Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand nicht ausreichend nach.
Europäischer Gerichtshof entscheidet endgültig: Abkommen mit Marokko nur mit Zustimmung des Volkes der Westsahara
Im Oktober 2024 verdeutlichte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nochmals, dass Handelsabkommen die das Hoheitsgebiet der Westsahara mit einschließen ohne die Zustimmung des Volkes der Westsaharanicht gültig sind und das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes missachten. Marokko hat keinerlei Anspruch auf das Gebiet der Westsahara und besetzt es völkerrechtswidrig mit militärischer Gewalt. Trotzdem errichtete Siemens Energy bzw. Siemens Gamesa in Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht Marokko alle zurzeit in Betrieb befindlichen Windparks in der besetzten Westsahara.
Seit Jahren verweigert sich Siemens Energy seiner Verantwortung. Selbst nach dem Urteil des EuGH ist der Konzern immer noch nicht bereit, auf Profite aus völkerrechtswidrig besetztem Gebiet zu verzichten. Stattdessen bekundete Siemens Energy Interesse an der Ausschreibung Marokkos, seine Energienetze an erneuerbare Energieprojekte in der besetzten Westsahara anzuschließen.
Siemens Energy behindert mit solchen Geschäften mit marokkanischen Unternehmen die Friedensprozesse in der Region und befördert die Plünderung der Ressourcen eines nicht entkolonialisierten Gebiets. Durch die Kooperation mit Marokko trägt Siemens Energy zu der Aufrechterhaltung der Besatzung und Siedlungspolitik bei. Grüner Strom darf nicht mithilfe von Ausbeutung produziert werden.
Aufsichtsrat und Vorstand müssen sicherstellen, dass der Konzern nicht in völkerrechtswidrige Praktiken und Ausbeutung involviert ist. Konkret bedeutet dies in diesem Fall, keine wirtschaftlichen Aktivitäten ohne die Zustimmung des Volkes der Westsahara in dem Gebiet durchzuführen. Dabei muss sich Siemens Energy an die Maßstäbe des EuGH halten und endlich das Recht auf Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara anerkennen.
Causa Grimm: Strukturelle Interessenskonflikte
Öffentliche Diskussionen um Interessenkonflikte bringen Unsicherheit über die Integrität des Aufsichtsrates auf. Wir bezweifeln, dass Veronika Grimm mit ihrem Doppelmandat im Aufsichtsrat und als Beraterin für die Bundesregierung und Sachverständige mit gesetzlichem Auftrag („Wirtschaftsweise“) unabhängig Entscheidungen treffen kann, weder in der einen noch in der anderen Rolle. Hier sollte auch ohne konkrete Anlässe ein struktureller Interessenskonflikt angenommen werden, der sich nicht durch technische Regeln lösen lässt.
Dieser Interessenskonflikt und fehlende Transparenz bedrohen die Vertrauenswürdigkeit des Aufsichtsrats und schaden der Reputation des Konzerns. Besonders der Aufsichtsrat trägt Verantwortung, die Unternehmensstrategie und die Führung des Unternehmens in einer Weise zu überwachen, die auch in Bezug auf Governance-Standards transparent ist.
Zu Tagesordnungspunkt 10: Satzungsänderung betreffend virtuelle Hauptversammlungen
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.
Begründung:
Unsere Begründung, warum wir diese Ermächtigung des Vorstands ablehnen, bleibt auch nach zwei Jahren Erfahrungen mit virtuellen unverändert: Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.
Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.
Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.