Sehr geehrter Vorstand, sehr geehrter Aufsichtsrat, sehr geehrte Aktionär*innen,
mein Name ist Pauline Ruprecht und ich spreche heute für den Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir ein stärkeres Engagement bei Menschenrechten und beim Umwelt- und Klimaschutz. Die Redner*innen unserer Partnerorganisationen haben bereits viele Kritikpunkte angesprochen. Bis diese Kritikpunkte nicht behoben sind, können wir den Vorstand und den Aufsichtsrat leider nicht entlasten, wie wir auch in diesem Jahr wieder in unseren Gegenanträgen begründen. Diese stelle ich nun auch formal.
Sie müssen sich endlich zu wirklich ausreichenden, langfristigen Klimazielen verpflichten und einen realistischen, sozial gerechten Ausstieg aus dem Geschäft mit fossilen Gasturbinen vorlegen. Sie müssen sicherstellen, dass Sie in keinerlei völkerrechtswidrige Praktiken in der Westsahara involviert sind. Und Sie müssen Geschäfte mit dem russischen Staatskonzern Rosatom unverzüglich beenden und den Abschluss neuer Verträge ausschließen.
Nun noch einige Fragen:
Gender Pay Gap
Sie geben an, dass Sie den Gender Pay Gap in Ihrem Unternehmen auf drei Prozent reduziert haben. Das ist natürlich eine sehr lobenswerte Entwicklung. Trotzdem möchte ich hier nochmal nachfragen:
- Wenn Sie genau ermitteln können, wie hoch der Gender Pay Gap ist, dann wissen Sie ja auch, an welchen Stellen in Ihrem Konzern noch eine unfaire Bezahlung stattfindet. Und wenn man das weiß, dann ist es doch nicht so schwer, das zu beheben, oder? Warum ist das noch nicht geschehen?
- In welchen Segmenten des Unternehmens haben Sie den niedrigsten und in welchem den höchsten Anteil an Frauen?
Green Deal und Lieferkettengesetz
Es gibt viel Kritik zu den Green Deals der EU und dem Lieferkettengesetz. Die Umsetzung sei zu bürokratisch, kritisieren Verbände wie der BDI. Doch anstatt konstruktiver, pragmatischer Lösungen wird die Abschaffung der Regelungen gefordert. Dabei sind sie notwendig, um einheitliche, verbindliche Rahmenbedingungen und Ziele für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Prüfung ihrer Lieferketten zu schaffen und Unternehmen, die sich bereits dafür einsetzen, zu fördern. Uns würde Ihre Position dazu interessieren:
- Bekennen Sie sich zu den grundsätzlichen Vorhaben der EU im Rahmen des Green Deals und fordern eine bessere, unbürokratische Umsetzung; oder fordern Sie auch eine vollständige Abschaffung der beschlossenen EU-Richtlinien und des Lieferkettengesetzes?
Konkret zum Lieferkettengesetz: Oft wird ein hoher bürokratischer Aufwand an den gesetzlichen Vorgaben kritisiert. Doch Unternehmen scheinen die Vorgaben oft selbst unnötig bürokratisch umzusetzen und sourcen die Pflichten aus, statt risikobasiert selbst die Risiken in ihren Lieferketten zu analysieren, was wenig effizient ist und den Anforderungen des Lieferkettengesetzes widerspricht. Daher frage ich Sie:
- Schicken Sie auch ohne Anlass Fragebögen allein an Ihre direkten Zulieferer? Falls ja, wie ist dies mit dem risikobasierten Ansatz vereinbar, den Sie ja verfolgen?
- Wir konnten Ihren Bericht zum Lieferkettengesetz nicht finden. Haben Sie Ihren Bericht zum Lieferkettengesetz veröffentlicht? Wenn ja, wo und wenn nein, warum nicht?
- Haben Sie im letzten Geschäftsjahr und bisher im aktuellen Geschäftsjahr konkrete Menschenrechtsverletzungen oder Menschenrechtsrisiken bei sich oder Ihren Zulieferern festgestellt? Falls ja, um welche Fälle handelt es sich, wie reagieren Sie und konnten die Fälle geklärt werden?
- Wie viele Beschwerden haben Sie bisher im laufenden Geschäftsjahr erhalten und können dies von Ihnen geklärt werden?
- Wie viele Hinweise und Beschwerden haben Sie allgemein über Ihr Hinweisgebersystem erhalten? Was waren die Themen? Wurden konkrete Rechtsverstöße gemeldet und wenn ja, wie haben Sie reagiert und wie ist der aktuelle Stand noch nicht geklärter Fälle?
Kosten der Berichterstattung, Konzernbilanz und Nachhaltigkeit
Zudem werden auch immer wieder die Kosten für die Umsetzung der EU-Regelungen kritisiert, jedoch, ohne dass es ausreichende Daten zu den tatsächlichen Kosten gibt. Deswegen haben wir die DAX-40 Konzerne dazu befragt und möchten nun auch Sie fragen:
- Wie hoch waren Ihre Grenzkosten (Vollkosten sind optional) im letzten, abgeschlossenen Geschäftsjahr und, sofern vorläufig verfügbar, im aktuellen Geschäftsjahr für die Finanzberichterstattung nach HGB und IFRS? Dies bezieht sich nur auf alle Kosten, die für die Konzernabschlüsse anfallen.
- Wie hoch waren Ihre Grenzkosten im letzten, abgeschlossenen Geschäftsjahr 2023 und, sofern vorläufig verfügbar, im aktuellen Geschäftsjahr für die Berichterstattung nach den ESG-Berichtsstandards der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) oder, wenn die ESRS nicht genutzt wurden, dann einem anderen verwendeten Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (z. B. GRI, ISSB)?
Zuletzt möchte ich noch einmal betonen, dass wir es befürworten, dass die nächste Hauptversammlung in Präsenz stattfinden soll. Trotzdem sind wir der Meinung, dass die Hauptversammlung, nicht der Vorstand über das Format der Versammlung entscheiden sollte, und befürworten ein hybrides Format.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.