Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes
Den Mitgliedern des Vorstandes wird die Entlastung verweigert.
Begründung:
Der Vorstand der Siemens AG verstößt gegen UNO-Resolutionen, gegen ein Urteil des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sowie gegen die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, gegen die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), gegen den UN Global Compact und gegen die eigenen Corporate-Governance-RichtIinien sowie die allgemeinen Sorgfaltspflichten.
Siemens Joint-Venture VoithHydro agierte im Fall Agua Zarca bewusst sorgfaltswidrig
Siemens leugnet weiter die eigene Verantwortung für die grobe Verletzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im Hinblick auf das Wasserkraftwerk Agua Zarca in Honduras und den damit zusammenhängenden Mord an der Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres. Cáceres wurde Opfer eines Komplotts zur Beseitigung des friedlichen Widerstandes gegen das Kraftwerk. In dem Komplott agierte Voith Hydros honduranischer Vertragspartner Desarollos Energéticos S.A. (DESA) als Hauptbeteiligter.
Siemens war seit Anfang 2014 gewarnt und wusste spätestens im Frühjahr 2015, dass Agua Zarca weder internationalen Standards, noch eigenen internen Maßstäben genügte. Siemens wusste auch, dass VoithHydro eben nicht nach diesen Standards handelte, sondern sich ganz offensichtlich auf Aussagen eines honduranischen Geschäftspartners verließ, der im Verdacht krimineller Praktiken stand. Siemens CEO Joe Kaeser verteidigte noch 2016 kurz vor dem Mord an Berta Cáceres wider besseres Wissen die vermeintliche Legalität des Projektes. Siemens handelte „bewusst sorgfaltswidrig“, so der von der internationalen Expertenkommission zum Mord an Berta Cáceres (GAIPE) benutzte Begriff.
Nach dem Mord begrüßte Siemens zwar die Suspendierung der Turbinenlieferung, war aber offenbar weiterhin nicht in der Lage, wirkungsvolle Schritte zu unternehmen, was die weiterbestehende skandalöse Geschäftsbeziehung VoithHydro – DESA anging. Erst nach dem endgültigen Ausstieg der europäischen Entwicklungsbanken im Sommer 2017 wurde auch die bis dahin sakrosankte Vertragsbeziehung DESA – Voith Hydro beendet. Es bleibt daher unklar, wie Siemens derlei Tragödien in Zukunft zu verhindern gedenkt.
Projekte, die indigene Gemeinschaften betreffen, rangieren zwar inzwischen ganz oben in der menschenrechtlichen Risikoabschätzung, aber es ist nicht ersichtlich, was daraus praktisch folgt. Weder hat Siemens die ILO-Konvention 169 explizit in seine Business Conduct Guidelines aufgenommen, noch öffentlich gemacht, welche Vorsorgemaßnahmen man im Rahmen des Compliance Risk Assessment im Detail treffen will – ein erneuter Verstoß gegen das Transparenzgebot der auch in der neuen B2S-Strategie hochgehaltenen UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte.
Siemens‘ völkerrechtswidrige Verträge mit Marokko über die Erbauung von Windkrafträdern in Westsahara
Seit vier Jahrzehnten hält Marokko das Gebiet der Westsahara besetzt. Die Hälfte der Bevölkerung des Gebiets ist nach der Besetzung geflohen. Kein Staat der Welt erkennt daher Marokkos Anspruch auf Westsahara an, auch der Internationale Gerichtshof hat erklärt, dass Marokko kein Recht auf dieses Land hat. Mehr als 100 UN-Resolutionen fordern das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Westsaharas ein.
Siemens scheint sich nicht um die Rechte der Bevölkerung Westsaharas zu scheren. Siemens unterschreibt Verträge für die Erbauung von Windkrafträdern in Westsahara mit der falschen Regierung – mit der von Marokko. Siemens-Windräder liefern heute fast den gesamten Strom für Marokkos Phosphatexport aus dem besetzten Gebiet. Das Phosphat wird von der im marokkanischen Staatsbesitz stehenden Firma OCP verkauft, es muss davon ausgegangen werden, dass die Gewinne aus diesen Unternehmungen hauptsächlich an den marokkanischen Staat fließen.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat im Dezember 2016 ein eindeutiges Urteil gefällt: Marokko hat kein Recht, Verträge in Westsahara einzugehen, daher sind auch die Verträge von Siemens mit der marokkanischen Regierung in Westsahara als illegal anzusehen.
Der Dachverband fordert Siemens auf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs endlich zur Kenntnis zu nehmen und dementsprechend zu handeln. Es reicht für Siemens nicht aus, nur zu sagen, dass es Menschenrechte achte. Es muss das in der Praxis zeigen. In Westsahara bedeutet dieses Recht, dass die Bevölkerung über ihr eigenes Land zu entscheiden hat.
Zu Tagesordnungspunkt 4, Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats
Den Mitgliedern des Aufsichtsrats wird die Entlastung verweigert.
Begründung:
Der Aufsichtsrat von Siemens hat es wiederholt versäumt, den Vorstand anzuweisen, Prozesse zu etablieren, um endlich die Einhaltung der UNO-Resolutionen, des Westsahara-Urteils des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sowie der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte als auch der Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), des UN-Global Compact und der eigenen Corporate-Governance-RichtIinien sowie der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen.
Keine Verantwortung für Menschen im Ausland: „Intelligenter“ Bergbau sieht anders aus!
Siemens brüstet sich damit, dass ein „zuverlässiges Stromnetz Berge versetzen kann“. Das Unternehmen bezieht sich damit auf die Lieferung eines Steuerungssystems für die Kupfermine Buenavista del Cobre des Bergbaukonzerns Grupo México.
Genau diese Mine von Grupo México verursachte 2014 das schlimmste ökologische Desaster des Landes: Am 6. August 2014 traten durch ein Leck in der Mine Buenavista del Cobre 40.000 Kubikmeter Kupfersulfat aus und verschmutzten Flüsse der Region. In sieben Gemeinden mit 22.000 Einwohner*innen führte dies durch Mangel an sauberem Wasser zu Krankheiten und Umweltschäden. Drei Jahre später hat der Verursacher weder Schäden behoben, noch eine zugesagte Kläranlage gebaut. Auch finanzielle Unterstützung zur medizinischen Versorgung bleibt bis heute aus.
Eine derartige Verletzung seiner menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflicht ist leider kein Einzelfall bei Grupo México (siehe Studie der Christlichen Initiative Romero „Mexiko: Gewaltrohstoffe für Deutschlands Industrie? (2017)“.
Laut den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechten liegt es in der Verantwortung von Siemens, der Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette nachzukommen, auch bei Geschäftstätigkeiten im Ausland. Stattdessen macht Siemens keinen Halt davor, Geschäfte mit Grupo México abzuwickeln und hebt sogar noch die angebliche „Zero Harm-Kultur des höchst sicherheitsorientierten Minenkomplexes Buenavista del Cobre“ hervor. Durch die Lieferung seines Steuerungssystems sei sie (die Mine Buena Vista del Corbre) auf einem guten Wege hin zu einem intelligenten Bergbau.
So macht sich Siemens als Verkäufer von Bergbautechnologie mitschuldig an den einhergehenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen.
Zulieferungen für ökologisch und sozial katastrophale Großprojekte
Die verschiedenen Siemens-Sparten beteiligen sich durch Zulieferungen an ökologisch und sozial katastrophalen Großprojekten. So beim 4,8 GW-Kohlekraftwerk Kusile in Südafrika, bei Gaskraftwerken in Argentinien, die in Zukunft mit dem per Fracking gewonnenen Shale-Gas des Großvorkommens Vaca Muerta betrieben werden sollen, oder beim Bahn- und Hafenkomplex Nacala in Mosambik, über den die Kohle aus Vales Mine Moatize abtransportiert werden soll, eine Mine, die die Vertreibung Tausender Kleinbauern zur Folge hat. Siemens hat zudem E-House-Transformatorstationen an Uranminen in Namibia geliefert, Förderbänder an einen der weltgrößten Betreiber offener Tagebaue PT Kaltim Prima Coal in East Kalimantan, Indonesien, wo durch Kohleabraum Flüsse verschmutzt werden und die lokalen Gemeinschaften Umweltschäden und Landraub ausgesetzt sind, gemeinsam mit Thyssenkrupp wurde an die umstrittene Titancaya-Mine in Peru geliefert. Lieferungen und Dienstleistungen erfolgten auch an die Southern Copper Corporation SCC, die in der peruanischen Küstenstadt Ilo, wo die Schmelzerei der SCC Mineralien aus Toquepala und Cuajone veredelt, die Gesundheit der Anwohner*innen der Schmelzerei in Gefahr bringt.
Siemens‘ Beteiligung am Southern Gas Corridor/Transadriatische Pipeline
Siemens ist am Bau der Transadriatischen Pipeline (TAP) beteiligt. Diese soll mit Gas aus Aserbaidschan gespeist werden, ebenso ist der staatliche aserbaidschanische Öl- und Gaskonzern SOCAR am TAP-Konsortium beteiligt. Die Einnahmen aus dem Gasgeschäft festigen das autokratische Aliyev-Regime, das Kritiker*innen verfolgt und verhaftet. Aber auch in Albanien und Griechenland, durch die die Pipeline läuft, gibt es Proteste wegen mangelnder Konsultation, Kompensation und Zerstörung öffentlichen Lands. In Italien wehrt sich die ganze Region, in der die Pipeline landen soll, seit Jahren massiv gegen das Projekt, weil sie Schäden für Landwirtschaft und Tourismus befürchtet.