Herr Kaeser, wir sind im selben Jahr geboren. 1957. Als ich eine junge Frau war und reisen wollte, sagte man mir, dass die Welt immer da sein würde. Es gab keine Eile. Wie sich die Zeiten für die Jugend von heute und morgen geändert haben. Ich bin aus Australien angereist, nur um mit Ihnen zu reden.
Ihre Versprechen, die Emissionen zu verringern, sind bewunderswert. Es scheint Ihnen wirklich wichtig zu sein. Sie sprachen davon, dass Sie die letzte Generation von Führungskräften sind, die das schaffen können. Sie sind im Zentrum der Klimawandeldebatte mit Grund. Eine Partnerschaft mit einem so dubiosen Unternehmen wie Adani, deren Werte das genaue Gegenteil von der Integrität sind, von der Sie sprechen, ist schlecht für Sie und ihre Aktionäre.
Sie müssen jetzt handeln und den Vertrag auflösen bevor dadurch alles zunichte gemacht wird, wovon sie heute gesprochen haben. Immerhin sind Sie die letzte Generation von Führungskräften, die das tun kann. Warum handeln sie nicht jetzt? Es ist nicht zu spät.
Sie sagen, sie wünschten der Adani-Vertrag wäre nie passiert? Warum haben sie Ihn also passieren lassen? Wir in Australien brauchen eine Antwort. Die Welt braucht eine Antwort.
In den viereinhalb Jahren, in denen mein Mann und ich zwei Boote in den Whitsundays im Great Barrier Reef betrieben haben, wurden ganze Buchten voller Korallen und Fischen vom Zyklon Debbie – einem der stärksten Zyklone, die wir je erlebt haben – ausgelöscht. Aufgrund des Klimawandels werden die Zyklone immer stärker und intensiver. Außerdem ist die Hälfte der Korallen im Great Barrier Reef ausgebleicht. Dreißig Prozent der Korallen sind 2016 abgestorben, weitere 20 Prozent im Jahr 2017, berichtet das Magazin National Geographic. Der IPCC der UNO hat bewiesen, dass, wenn wir die globale Erwärmung auf zwei Grad ansteigen lassen, 99% der Korallenriffe der Welt sterben werden.
Die Mehrheit der Touristen, die mit unseren Booten fahren, kommt übrigens aus Deutschland.
Die Zerstörung des Great Barrier Reefs hat vor allem eine Ursache: die Erwärmung der Ozeane, die zu einer Korallenbleiche führt, die durch den anthropogenen Klimawandel verursacht wird.
Und Sie als Unternehmen haben den Schlüssel, um das zu ändern.
Strenge Umweltauflagen bedeuten für Adani nichts. Ich habe die Umweltverstöße, für die dieses Unternehmen in Indien verantwortlich ist, aus erster Hand miterlebt. Ich habe ein Jahr meines Lebens der Erforschung dieses Unternehmens gewidmet. Mein Buch „Following its Dirty Footsteps: Adani“ hat einen Literaturpreis aus Queensland gewonnen – einen People’s Choice Award. Weil es den Menschen wichtig ist. Und die Menschen werden sich um ein Unternehmen kümmern und Urteile über ein Unternehmen fällen, das sich dafür entscheidet, diesen ständigen Umweltverletzer zu unterstützen.
Die Dorfbewohner in Parsa, einem kleinen Dorf in Udaipur, waren nach dem Bau der Kohlemine vollständig auf das Trinkwasser von Adani angewiesen. Zunächst versprach Adani, täglich Trinkwasser zu liefern. Dieses Versprechen versiegte wie das Wasser. Die Dorfbewohner mussten schließlich ihr eigenes Wasser finden.
Adani ist voller Versprechen. Und voller Täuschungen. Der Konzern hat bereits zweimal gegen die Richtlinien in Australien verstoßen – indem er weit über das zulässige Maß hinaus sedimentbelastetes Flutwasser in die Feuchtgebiete des Caley Valley – der Heimat gefährdeter Vogelarten – freisetzte. Beide Male geschah dies, bevor die Mine überhaupt grünes Licht erhielt. Die Geldbußen sind nicht abschreckend genug. Sie sind auch nicht mit strengen Auflagen verbunden.
Die Adani-Gruppe ist nicht daran interessiert, was die Menschen denken. Sie interessiert sich nicht für die Umwelt. Alles, was dieses Unternehmen tut, dient nur einem Ziel: seine Geschäfte um jeden Preis voranzubringen. Warum haben Sie sich entschieden, mit einer solchen Firma Geschäfte zu machen?
Für mein Buch habe ich einen Häuptling eines Dorfes in der Nähe des Kraftwerks interviewt, dessen Dorf auf Adanis Land liegt. Er war 30 Jahre alt. Er wurde von Adani, 700 km von seiner Familie entfernt, ins Gefängnis gesteckt, weil er sich gegen die Umweltvergehen der Firma wehrte. Er wurde von Adani verfolgt, aber er gewann. Seine Worte an mich waren: „Trauen Sie Adani nicht… Sie werden auf nichts hören. Sie sind, ich erinnere Sie noch einmal daran, ständige Umweltverletzer. Die Auferlegung strenger Bedingungen wird keinen Unterschied machen.
Wussten Sie, dass wir auch Jairam Ramesh, den ehemaligen nationalen Minister für Umwelt, Wald und Klimawandel in Indien, interviewt haben und dass er darauf hingewiesen hat, dass Adani die Umweltbedingungen, die er als Minister auferlegt hat, nie eingehalten hat? Er warnte uns, dass das Unternehmen dies in Australien auch nicht tun würde, und er erwies sich als richtig. Man darf sie nicht beim Wort nehmen.
Wenn man mit einem Unternehmen wie Adani ins Bett steigt, hat das zur Folge, dass der Ruf von Siemen für immer geschädigt wird. Siemens und Sie, Joe Kaeser, werden als Komplizen beim Tod des Great Barrier Reefs, des größten lebenden Organismus, der vom Weltraum aus zu sehen ist, bekannt sein. Das wird Ihr Vermächtnis sein, ist es das, was Sie wollen?
Die Adani-Carmichael-Kohlemine ist das ökologisch und sozial umstrittenste Projekt in der Geschichte Australiens. Es wurde von 63 anderen Unternehmen weltweit abgelehnt, die stolz darauf waren und sagten, dass sie nicht an diesem Projekt arbeiten werden. Umfragen zeigen, dass zwei Drittel der Australier dagegen sind.
Die Bereitstellung spezieller Schienensignale wird den Fortgang des Projekts sicherstellen, da die Eisenbahnlinie dann die Kohle vom Bergwerk zum Hafen transportieren kann und das bisher unerschlossene Galiläa-Becken erschließt. Das bedeutet, dass jährlich 700.000 Millionen Tonnen Kohlendioxid produziert werden können, wenn alle vorgeschlagenen Minen in Betrieb genommen werden. Die Verschmutzung wird mehr als das 1,3-fache der derzeitigen jährlichen Kohlenstoffemissionen Australiens betragen.
Die heftige Kampagne der Bevölkerung gegen dieses Projekt hat es um sieben Jahre verzögert, Tendenz steigend. Die Debatte hat dafür gesorgt, dass die Mine sowohl wirtschaftlich als auch politisch verwundbar ist. Ohne den spezialisierten Beitrag von Siemens gibt es keine Garantie dafür, dass die Mine weiter betrieben wird, und keine anderen Unternehmen haben sich für die Bereitstellung dieser Dienstleistungen eingesetzt.
Die deutsche Bevölkerung sind anspruchsvolle Reisende, die das Great Barrier Reef und das Schnorcheln vor unserem Boot lieben. Ich sehe ihre Gesichter staunen über die Wunder, die sie sehen. Wollen sie wissen, dass Siemens zum Tod des Riffs beigetragen hat?
Siemens ist als erstes globales Industrieunternehmen bekannt, das sich zur Klimaneutralität bis 2030 verpflichtet hat. Das ist sinnlos, wenn man anderen Unternehmen hilft, die Kohlenstoffemissionen massiv zu erhöhen. Ich wiederhole – all Ihre gute Arbeit ist sinnlos, wenn Sie dazu beitragen, den Sektor der Kohleverstromung auszubauen. Wir sitzen alle in einem Boot.
Siemens sollte stolz sein und sagen, dass es zu unserer Pflicht gegenüber unseren Aktionären gehört, unsere Marke zu schützen, unseren Werten treu zu bleiben und auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Das bedeutet, dass wir das größte Kohlebergwerk Australiens nicht unterstützen.
Dann wird man sich aus den richtigen Gründen an Sie erinnern. Gründe, auf die Sie stolz sein können. Und dann leisten Sie einen echten Beitrag zum globalen Übergang weg von den fossilen Brennstoffen.
Ich habe Ihnen mein Buch dagelassen, ich hoffe es gefällt Ihnen, denn dort stehen die Fakten zu Adani.