Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe einen Antrag gestellt, den ich zunächst hier verlesen möchte:
Gegenantrag zum Tagesordnungspunkt 3: Entlastung des Vorstands: Hiermit möchte ich den Antrag stellen, den Vorstand nicht zu entlasten. Mit der Entscheidung, die Signalanlagen an den Adani-Konzern zu liefern und damit an einem riesigen Kohleförderprojekt in Australien mitzuwirken, hat der Vorstand sowohl dem globalen Klima als auch der Reputation der Siemens-AG einen irreparablen Schaden zugefügt.
Seit mindestens 30 Jahren warnen Wissenschaftlerinnen immer eindringlicher, dass der Klimawandel die Menschheit in ihrer Existenz gefährdet. Vor ca. 2 Jahren hat einer der renommiertesten Klimaforscher der Welt, Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, in einem Interview gesagt, unser Verhalten „gleicht einem kollektiven Suizidversuch“.
Die eindringlichen Warnungen kommen also nicht ursprünglich von Klima-Aktivisten oder Politikern, sondern von Wissenschaftlerinnen. Gerade als Technologiekonzern sollte Siemens die Erkenntnisse der Wissenschaft sehr
erst nehmen.
Die weltweit katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels werden die Menschheit vielleicht erst in einigen Jahrzehnten treffen, aber die Möglichkeit, diese zu verhindern, besteht nur noch für kurze Zeit. Die Entscheidung, ob wir unseren eigenen Kindern die Lebensgrundlagen entziehen, wird auch hier und sie wird heute getroffen, denn das globale Klimasystem ist extrem träge.
Schon heute wendet sich die öffentliche Meinung derart stark gegen die Siemens-AG, dass der damit verbundene Imageverlust einen weit größeren finanziellen Schaden für die Siemens-AG verursachen wird, als es ein Projekt-Ausstieg je vermocht hätte. Und in der Rückschau wird die Entscheidung, an der Vertragserfüllung in diesem o.g. Projekt festzuhalten, als ein unverzeihlicher Fehler bewertet werden.
Soweit mein Antrag. Jetzt noch eine kurze Bemerkung:
Scheinbar besteht teilweise Unklarheit darüber, wie viel Zeit wir beim Klimaschutz noch haben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen uns: Wenn wir die 1,5 Grad-Grenze an Temperaturerhöhung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter überschreiten, dann bestehen erhebliche Risiken für globale Katastrophen, die die menschliche Zivilisation existenziell gefährden. Und für die Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze haben wir noch ein CO2-Rest-Budget von
ca. 8 Jahren. D.h. wenn wir noch 8 Jahre mit den heutigen Emissionen fortfahren, dann müssen wir sie danach schlagartig auf Null setzen. Dann darf, von einem Tag auf den anderen, kein Auto mehr mit Verbrennungsmotor fahren, kein Flugzeug fliegen, kein Schiff fahren, keine Heizung mehr mit fossilen Energieträgern betrieben werden usw.
Halten Sie das für realistisch? – Wohl kaum !
Wir müssen uns unser CO2-Rest-Budget sehr gut einteilen. Und dazu müssen wir unsere CO2-Emissionen ab jetzt so stark wie möglich reduzieren. Alles andere wäre extrem unverantwortlich.
Und wenn es uns nicht gelingt, dieses CO2-Rest-Budget einzuhalten, dann ist der folgende, sehr einfache Zusammenhang auch klar und unstrittig: Je höher die Emissionen und je größer die Budget-Überschreitung, desto größer sind auch die Risiken. Aber die Durchführung des sog. Adani-Projektes würde dazu führen, dass aus der dann erschlossenen Kohlemine 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr gefördert werden, was die bereits sehr hohen Kohleexporte Australiens nochmals um 20 Prozent steigern würde.
Wer könnte es verantworten, daran mitzuwirken?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.