Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.

Begründung:
Der Vorstand der Talanx AG kommt nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Schutz des Klimas und der Achtung der Menschenrechte umzusetzen. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, einen angemessenen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, der UN-Nachhaltigkeitsagenda und des UN Global Compact zu leisten, zu denen sich die Talanx AG bekannt hat.

Ausschluss aller fossilen Energieträger nötig

Um die Risiken und Folgen des Klimawandels auf ein akzeptables Maß zu begrenzen – und daran sollte Talanx auch ein starkes Eigeninteresse haben – muss die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden. Da sich Talanx explizit auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens bezieht, muss der Konzern beginnen, über die Kohle hinaus seinen Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu planen, denn die Verbrennung von allen fossilen Energien treibt die Erderwärmung weiter voran. In der Versicherungsbranche mangelt es dabei nicht an Unternehmen, an denen sich der Vorstand orientieren könnte. Maßgabe muss dabei immer das 1,5-Grad-Ziel sein.

Schlupflöcher beim Kohleausstieg ermöglichen neue Kohlekraftwerke

Talanx erlaubt in seiner Zeichnungspolitik für Kohlerisiken, nach der grundsätzlich keine neu geplanten Kohlekraftwerke und Minen mehr versichert werden, explizit Ausnahmen. Dies betrifft Staaten, in denen der Anteil von Kohle am Energiemix besonders hoch ist und in denen kein ausreichender Zugang zu alternativen Energien besteht. Auf der letzten Hauptversammlung hat Talanx bestätigt, dass diese Ausnahmen z.B. für sein Geschäft in Polen gelten, wo immer noch neue Minen und Kohlekraftwerke geplant sind. Um die Klimaziele zu erreichen, muss die EU bis 2030 aus Kohle aussteigen – Planung, Bau und Inbetriebnahme neuer Kohlekraftwerke oder Kohleminen läuft dem offensichtlich zuwider.

Das Gesamtende für Kohleversicherungen mit dem Jahr 2038 ist in diesem Licht ebenfalls zu spät. Kohleinfrastruktur wie Bahnlinien oder Häfen, die ausschließlich dem Transport von Kohle dienen, sind bisher nicht von der Zeichnungspolitik gedeckt und können deshalb von Talanx versichert werden. Minderheitstöchter von Talanx sind nicht auf die Policy verpflichtet. Der vietnamesische Versicherer PVI kann somit weiter neue Kohlekraftwerke absichern. An diesen Punkten muss die Zeichnungspolitik nachgebessert und die existierenden Schlupflöcher gestopft werden.

Intransparenz bei der Wahrnehmung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten

Der Vorstand hat nun endlich im Geschäftsjahr 2019 einen konzerneinheitlichen Verhaltenskodex für Geschäftspartner verabschiedet. Doch Selbstauskünfte von Lieferanten und ein nicht weiter definiertes „anwendungsgestütztes Verfahren“ reichen nicht aus, um transparent zu belegen, ob bzw. wie Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Dies betrifft vor allem die Rückversicherung von industriellen Großprojekten durch die Hannover Rück. Damit wird Talanx nicht den Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten gerecht.

So braucht es dringend robuste, nachvollziehbare und den Risiken angemessene Kriterien bei der Rückversicherungs-Policy für Staudämme von Wasserkraftwerken sowie für Tailings der Bergbauindustrie. Gerade hier kommt es in der für den Talanx-Konzern so wichtige Region Lateinamerika immer wieder zu vermeidbaren Katastrophen.

Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, dass keine Dividende ausgeschüttet wird. Stattdessen ist der Bilanzgewinn als Rückstellung für die Übernahme von Risiken aus der Corona-Pandemie zu verwenden.

Begründung:
Die Aktionärinnen und Aktionäre der Talanx AG können mit einem Dividenden-Verzicht dazu beitragen, die ökonomischen und sozialen Folgekosten der Corona-Pandemie zu mildern.

Auch die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA fordert Versicherungen angesichts der weiterhin kaum absehbaren Folgen der Corona-Pandemie dazu auf, keine Dividenden zu zahlen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Talanx in Zukunft für deutlich mehr Versicherungsschäden als üblich aufkommen muss.

Darüber hinaus soll der Talanx-Konzern (bzw. HDI und Hannover Rück) in die Lage versetzt werden, besonders kulant alle Formen der Betriebsschließungs-, Betriebsunterbrechungs- oder Ertragsausfallversicherungen auf die Folgen der Corona-Pandemie anzuwenden. In existenzbedrohenden Situationen sollen vergleichbare Hilfen auch gezahlt werden, wenn keine derartige Versicherung abgeschlossen wurde. Zum einen sollten die Folgekosten der Corona-Pandemie nicht nur vergesellschaftet werden, zum anderen können etliche Staaten gerade im Globalen Süden diese Kosten ungleich schwerer tragen. Dies würde weniger einer Wohltätigkeit, sondern vielmehr globaler Gerechtigkeit und der Sozialpflichtigkeit von Eigentum nach Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes gerecht werden: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

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