Rede von Markus Dufner

„Bezieht die Telekom Konfliktmineralien?“ fragt Markus Dufner auf der HV

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

sehr geehrte Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats,

ich heiße Markus Dufner und bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Der Dachverband vertritt heute 170.000 Stimmrechte, die uns von vielen Kleinaktionären übertragen wurden.

Folgende Themen möchte ich bei der heutigen Hauptversammlung ansprechen:
– Vodafone kauft Unitymedia
– Deutsche Telekom und Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen
– StreamOn und Netzneutralität


Stream On und Netzneutralität

Die Deutsche Telekom versucht mit ihrem 2017 eingerichteten Dienst StreamOn das Prinzip der Netzneutralität auszuhebeln. Daher begrüßen wir Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre es ausdrücklich, dass die Bundesnetzagentur der Telekom einen Riegel vorgeschoben hat.  Am 15. Dezember hat die Bundesnetzagentur Teilaspekte der Zubuchoption StreamOn der Mobilfunktarife „MagentaMobil“ der Telekom Deutschland GmbH (Telekom) untersagt. Die Bundesnetzagentur schreibt:

„Mit der Entscheidung wird sichergestellt, dass die europäischen Vorschriften über das Roaming und die Netzneutralität eingehalten werden.“

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, sagt:
„StreamOn kann weiterhin von der Telekom angeboten werden. Im Interesse der Verbraucher sind aber Anpassungen bei der Ausgestaltung notwendig. StreamOn muss dem Roam-Like-At-Home-Prinzip entsprechen und Kunden muss Videostreaming in einer ungedrosselten Bandbreite zur Verfügung stehen. Im Interesse der Kunden sorgen wir dafür, dass StreamOn den Vorgaben zu Roaming und zur Netzneutralität Rechnung trägt.“

Weiter stellt Homann klar:
„Das Gleichbehandlungsgebot ist ein Eckpfeiler der europäischen Regelungen zur Netzneutralität. Das Gleichbehandlungsprinzip hat das Internet zum Innovationsmotor gemacht. Die Vielfalt der Anwendungen und Dienste kommt allen Verbraucherinnen und Verbrauchern zugute. Das Verbot der Drosselung von Videostreaming sichert nicht nur die Vielfalt des Internets, sondern stärkt auch die Anbieter von Videostreaming-Diensten, die auf höherauflösende Inhalte setzen.“

Herr Höttges, Sie hatten nichts Konstruktives zu bieten, als Widerspruch gegen den Bescheid der Bundesnetzagentur einzulegen.
Wie weit wollen Sie diesen Streit eskalieren?
Sie wissen doch genau, dass Drei Viertel der Deutschen sich für die Netzneutralität ausspricht. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI). Unternehmen sollen sich keine Überholspuren erkaufen können, die zu Lasten von Verbrauchern gehen und das offene Internet aushöhlen. Alle Daten im Internet sollen gleichberechtigt übertragen werden, unabhängig vom Inhalt, Sender, Empfänger oder verwendeten Endgerät.

Herr Höttges, Sie nennen diese Unternehmen Partner und berichten auf Ihrer StreamOn-Seite, dass sich bereits 154 Partner-Dienste für Musik-Streaming und 76 Partner-Dienste für Video-Streaming bei StreamOn angemeldet haben, darunter große Anbieter wie Amazon Prime Video, Apple Music, Netflix, Spotify und Youtube. Für kleinere Anbieter birgt eine Teilnahme an StreamOn unkalkulierbare Risiken. Die müssem für technische Fehler bei der Identifikation der Nutzerdaten und möglicherweise falsch berechnete Daten haften. Eine kleine Fehlkonfiguration, und bis zu 50.000 Euro sind fällig.

Wir Kritischen Aktionäre hatten die Deutsche Telekom bereits bei der Hauptversammlung im letzten Jahr darum gebeten, zum Thema Netzneutralität und zur Kontroverse um StreamOn Stellung zu beziehen. Einige Fragen, die mein österreichischer Kollege Thomas Lohninger von epicenter.works stellte, blieben leider unbeantwortet.

Herr Höttges, ich stelle Ihnen diese Fragen heute erneut und bitte Sie, die Fragen auf aktueller Basis zu beantworten.

– Wie viele Anfragen zur StreamOn-Partnerschaft aus welchen Ländern wurden bereits bei der Deutschen Telekom eingebracht?

– Wie viele StreamOn-Partneranfragen haben den Prozess abgebrochen und mit welchen Begründungen?

– Stehen den Diensteanbietern die Identifikationsmerkmale von Punkt 6.2 der AGBs in allen Protokollen zur Verfügung oder gibt es hier eine technische Einschränkung? Z.B. RTMP oder UDP

–  Wann werden technische Leitlinien für die Teilnahme an StreamOn und die Bandbreitenreduktion für nicht teilnehmende Dienste veröffentlicht, wie dies bei BingeOn vom Start des Angebots der Fall war?

– Herr Höttges, können Sie mir sagen, wie ein europäischer Binnenmarkt funktionieren soll, wenn tausende Internetanbieter in Europa dem Beispiel der Telekom folgen würden?

Ihr inzwischen ausgeschiedenes Vorstandsmitglied Niek van Damme hatte Herrn Lohninger ein Gespräch zu StreamOn angeboten.
Wer steht jetzt für einen Dialog zur Verfügung?
Musste Herr van Damme gehen, weil er beim Thema Netzneutralität anderer Meinung war als Sie, Herr Höttges?

Deutsche Telekom und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Die Deutsche Telekom macht in Ihren Publikationen deutlich, dass ihr Unternehmensverantwortung wichtig ist. So gibt es eine Sozialcharta, einen Verhaltenskodex für Lieferanten, ein „Statement on Extractives“ und ein „Coltan Statement“.

Im aktuellen Geschäftsbericht setzt sich die Telekom im Kapitel „Corporate Responsibility und nichtfinanzielle Erklärung“ (ab Seite 77) mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen auseinander. Der englische Begriff Sustainable Development Goals, abgekürzt SDGs, ist mittlerweile geläufiger. Diese SDGs wurden 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie sind der neue Zielkonsens nachhaltiger Entwicklung bis 2030. Die SDGs betonen gerade die Rolle nicht-staatlicher Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft für die Erreichung der Ziele.

Das Nachhaltigkeitsziel Nr. 8 „Menschenwürdige Arbeit und wirtschaftliches Wachstum“ hat mit Verantwortung in der Lieferkette zu tun. In dieser Lieferkette soll es nicht zu Verstößen gegen Menschen- und Arbeitnehmerrechte oder Umweltschutzstandards kommen. Zu ihrem Lieferantenmanagement teilt die Deutsche Telekom mit, dass sie weltweit mit mehr als 30.000 Lieferanten zusammenarbeitet. Sicher nicht einfach, da den Überblick zu behalten. Die Idee, die Ihr „Lieferantenflüsterer“ Antonio Veloso hatte, klingt ganz gut: Er hat ein Programm entwickelt, um gute Arbeitsbedingungen bei Lieferanten in Entwicklungsländern zu fördern. Veloso sagt:

„Unternehmen, die ihre Arbeitsbedingungen verbessern und Umweltschutzmaßnahmen umsetzen, sind erfolgreicher. Denn sie steigern ihre Produktivität und verbessern die Qualität ihrer Produkte. Davon will ich unsere Lieferanten überzeugen.“

Meine Fragen:

Welche Maßnahmen ergreift die Deutsche Telekom gegenüber Lieferanten, die gegen diese grundlegenden Rechte und Standards verstoßen?

Wie viele Verstöße haben Sie bei Ihren Lieferanten 2015, 2016 und 2017 gegen Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte und Umweltschutzstandards festgestellt?

Bitte nennen Sie die Zahlen getrennt nach Jahren und Bereichen!

Um welche Verstöße hat es sich dabei gehandelt? Nennen Sie bitte konkrete Beispiele!

Bezieht die Deutsche Telekom über ihre Lieferkette sogenannte Konfliktmineralien wie Kobalt, Tantal (ein Metall, das aus Coltan gewonnen wird), Zinn, Gold oder Platin aus der Demokratischen Republik Kongo oder aus Südafrika?

Wenn ja, wie heißen die Zulieferer?


Vodafone kauft Unitymedia

Zum Schluss nur eine kurze Anmerkung zum Coup von Vodafone.
Herr Höttges, Sie haben sich ja mächtig über den Coup Ihres Konkurrenten Vodafone geärgert. Der hat für 18,4 Milliarden Euro die Kabelnetze von Unitymedia in Deutschland, der Tschechischen Republik, Ungarn und Rumänien übernommen. Hierzu schreibt die Wirtschaftswoche:

„Zum ersten Mal entsteht ein echter Konkurrent zur Deutschen Telekom, der drei Viertel des Landes mit eigenen Infrastrukturen abdeckt und deshalb nicht mehr auf die lahmen Kupferleitungen der Deutschen Telekom angewiesen ist.“

Wenig schmeichelhaft für Sie, Herr Höttges. Interessant ist, dass Sie diese Transaktion für „wettbewerbsverzerrend“ halten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

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