Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns abzulehnen.
Begründung:
Thyssenkrupp benötigt jeden erwirtschafteten Cent für Investitionen, um die Zukunftsfähigkeit der eigenen Geschäftstätigkeit und das Erreichen der eigenen Klimaziele sicherstellen zu können. Die im letzten Jahr vor allem durch gestiegene Preise und weniger durch erfolgreiches Management erzielten Gewinne können zudem kaum die weiterhin hohen Energiekosten und steigende Zinsen ausgleichen. Angesichts der aktuellen Krisen und damit einhergehenden Unsicherheiten sollte ein vorausschauendes und verantwortungsvoll handelndes Management aktuell keine Dividende auszahlen.
Gewinne besser für Investitionen in Klimaschutz nutzen
Die über 93 Mio. Euro, die nun als Dividende ausgeschüttet werden sollen, sollten vielmehr in klimafreundliche Technologien investiert werden, vor allem bei der Stahlsparte. Auf dem Weg zu „grünem Stahl“, dessen Herstellung ohne den Klimakiller Kohle und massive Treibhausgasemissionen auskommt, ist Thyssenkrupp weiterhin erst ganz am Anfang.
Thyssenkrupp bekommt Staatshilfe für nötige Transformation
Auch aufgrund der vielen Management-Fehler der Vergangenheit ist Thyssenkrupp weiterhin nicht in der Lage, aus eigenen Kräften die nötigen Investitionen zu stemmen, um die eigenen Klimaziele erreichen zu können. So erhält Thyssenkrupp Staatshilfe für den Bau einer Direktreduktionsanlage in Duisburg für die „grüne“ Stahlproduktion: Die NRW-Landesregierung unterstützt den Umbau mit mindestens einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Die Staatshilfe war eine Bedingung von Thyssenkrupp gewesen, um das Projekt zu beginnen, und auch von der Bundesregierung erwartet Thyssenkrupp hierzu weitere finanzielle Unterstützung. Thyssenkrupp sollte angesichts dieser Unterstützung durch die Gesellschaft auch vermehrt kurzfristige Gewinne für langfristige Transformationsprojekte nutzen.
Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands die Entlastung zu verweigern.
Begründung:
Der Vorstand der Thyssenkrupp AG ist nicht ausreichend seiner sozialen Verantwortung nachgekommen und hat keine transparenten und konkreten Pläne für das Erreichen der eigenen Klimaziele vorgelegt.
Verheerende Klimabilanz ohne wirksame Gegenmaßnahmen: Thyssenkrupp weiter einer der klimaschädlichsten Konzerne Deutschlands
Im Geschäftsjahr 2021/2022 sind die Treibhausgasemissionen von Thyssenkrupp nur leicht um 3 Mio. t gesunken und belaufen sich auf knapp 22 Mio. t (Scope 1 und 2). Damit gehört Thyssenkrupp weiterhin neben RWE und HeidelbergCement zu den klimaschädlichsten Konzernen Deutschlands.
So ist allein das Stahlwerk von Thyssenkrupp in Duisburg für etwa zwei Prozent der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Für das Werk fehlt ein konkreter Kohleausstiegsplan samt einem stetigen CO2-Reduktionspfad. Somit schiebt Thyssenkrupp unverantwortlich die wirklichen Herausforderungen für die Stahlproduktion in die Zukunft. Die gerade erst begonnenen Pläne und kleinen Umbaumaßnahmen sind erst durch zugesagte Staatshilfen weiter von Thyssenkrupp in Angriff genommen worden. Steigende CO2-Preise könnten die fossile Stahlproduktion schon bald unrentabel machen.
Im Geschäftsbericht fehlen erneut Zahlen zu der Entwicklung der klimaschädlichen Emissionen der Wertschöpfungskette (Scope 3), die Thyssenkrupp auch nur um wenige 16 Prozent bis 2030 reduzieren will. Wie Thyssenkrupp hier eine Reduktion Richtung Null nach 2030 erreichen möchte, bleibt weiterhin das Geheimnis des Vorstands.
Ausbeutung und Missbrauch in Subunternehmen von Thyssenkrupp
Der Tod des 26-jährigen Refat Süleyman, eines türkischstämmigen Bulgaren, dessen Leiche am 17.10.2022 auf dem Gelände des Thyssenkrupp Steel-Werks in Bruckhausen/Duisburg gefunden wurde, sowie der Umgang mit diesem Fall, offenbaren die unwürdigen Zustände von Leiharbeiter*innen im betreffenden Werk. Refat Süleyman war wenige Wochen vor seinem Tod vom Subunternehmen Eleman GmbH als Leiharbeiter eingestellt worden, wurde am frühen Morgen des 14.10.2022 einem anderen Subunternehmen ausgeliehen und verschwand laut Polizeiangaben wenig später spurlos. Laut Vorgabe müssen dort auch Leiharbeiter*innen immer zu zweit arbeiten.
Die genauen Umstände des Todes von Refat Süleyman sind bislang noch nicht endgültig aufgeklärt. Der Fall zeigt jedoch, dass die schlechten Arbeitsbedingungen in den zahlreichen Subunternehmen der Stahlsparte massive Risiken und oft manifeste Schäden für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer*innen bedeuten. Es ist bis heute unklar, welche Konsequenzen Thyssenkrupp aus dem Fall gezogen hat. Es fehlen klar kommunizierte Maßnahmen, um die weithin berichtete Ausbeutung und die von Angst geprägten Arbeitsverhältnisse von Arbeitskräften zu beenden, die das Risiko von Unfällen erhöhen. Thyssenkrupp muss sicherstellen, dass auch beauftragte Subunternehmen die vollständige Bezahlung von Leiharbeiter*innen inkl. Überstunden und ohne Abzüge für Arbeitskleidung, sowie die Fortzahlung bei Urlaub und im Krankheitsfall garantieren.
Lieferkettengesetz: Thyssenkrupp muss mehr tun als bisher
Es ist unklar, ob Thyssenkrupp gut auf das jüngst in Kraft getretene Lieferkettengesetz vorbereitet ist. Thyssenkrupp muss nun proaktiv Menschenrechtsrisiken bei direkten Zulieferern prüfen und ggf. darauf hinwirken, dass Missstände behoben werden. Es reicht längst nicht mehr aus, dass Thyssenkrupp vor allem auf vereinbarte, freiwillige Verhaltensregeln mit Zulieferern und intransparente Audits verweist.
Thyssenkrupp hat etliche Zulieferer vor allem aus dem Bergbausektor, die in der Vergangenheit für etliche soziale und ökologische Katastrophen verantwortlich waren. So bezieht Thyssenkrupp große Mengen Eisenerz von Vale aus Brasilien – jenem Unternehmen, das mitverantwortlich für den Dammbruch bei Brumadinho ist, in dessen Folge mindestens 270 Menschen starben. Dies ist nur ein Beispiel der oft aus Kostengründen sehr niedrigen Sicherheitsstandards gerade bei Tailingdämmen im Bergbau. Aber auch bei weiteren Rohstoffen gibt es genügend Anhaltspunkte für Thyssenkrupp, engagierter auf die Einhaltung von ökologischen und sozialen Standards in den Abbaugebieten zu achten.
Keine Rüstungsexporte an menschenrechtsverletzende Staaten
Da weltweit viele Staaten als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beschlossen haben, ihre Rüstungsbudgets zu erhöhen, hofft auch Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) auf neue Aufträge, nicht nur von der deutschen Marine. Aktuelle Exportkunden sind neben Norwegen auch Länder wie Ägypten, Israel, die Türkei sowie Indien. Die von der Bundesregierung ausgegebene „Zeitenwende“ sollte TKMS jedoch nicht nutzen, um ohne Skrupel Krisenregionen und Despoten aufzurüsten. U-Boote und Fregatten für Länder wie Ägypten oder die Türkei tragen nicht dazu bei, für Sicherheit und Stabilität zu sorgen, sondern nehmen, im Gegenteil, durch eine weitere Aufrüstung eine Destabilisierung von Sicherheitslagen billigend im Kauf.
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[…] Gegenanträge zur Hauptversammlung 2023: https://www.kritischeaktionaere.de/thyssenkrupp/mehr-investitionen-in-klimaschutz-statt-dividende-un… […]