Rede Ute Bott

Sehr geehrter Herr Hiesinger, sehr geehrte Damen und Herren im Vorstand von Thyssenkrupp, sehr geehrte Aktionäre und Aktionärinnen,

mein Name ist Ute Bott ich spreche hier in Zusammenarbeit mit dem Dachverband der kritischen Aktionäre für alle Bürger aus und um Rottweil, der ältesten Stadt Baden-Württembergs, die sich wie ich gegen den geplanten Testturm für Hochgeschwindigkeitsaufzüge von Thyssenkrupp wenden. Mit einer Höhe von 246m und einem Durchmesser von 25m überschreitet dieses Bauvorhaben das Maß dessen was für unsere Stadt und Umgebung mit Ihren Denkmälern und ihrer hochwertigen Landschaft erträglich ist bei weitem.

In Ihrer Stellungnahme zum Gegenantrag weist die Verwaltung von Thyssenkrupp unsere Vorwürfe als unbegründet zurück.  Ich kann Ihnen an dieser Stelle von zahlreichen Missständen vor und während des Verfahrens berichten.

Die Bürger wurden keineswegs frühzeitig informiert, vielmehr hat die Stadtspitze mit einigen einflussreichen Unternehmen fern der Öffentlichkeit vermutlich über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr geplant und so nach und nach ein Paket mit ausreichend Verbündeten geschnürt. Die ersten öffentlichen Informationen erfolgten dann anhand von Visualisierungen, in denen der Testturm deutlich zu klein dargestellt wurde, ob dies absichtlich geschah oder nicht – beides wirft kein gutes Licht auf Thyssenkrupp!

Parallel dazu wurde der „Riesenbohrer“ kleingeredet und die Vorteile, die hauptsächlich einem Wunschdenken entspringen, aufgeblasen. Es entstand eine Stimmung, die nicht von Toleranz geprägt war. In Bürgerversammlungen und Gemeinderatssitzungen wurden Turmgegner ausgebuht und beleidigt, ohne dass dies ordnungsgemäß gerügt wurde. 

Das Vorhaben ist ein gewaltiger Eingriff in unsere weitgehend intakte Landschaft und ebenso in unser historisches Stadtbild. Denkmal- und Naturschutzbehörden haben das in ähnlichen Formulierungen ausgesprochen. Den Visualisierungen der Offenlage muss kaum etwas hinzugefügt werden, sie sprechen ebenfalls Klartext.

Rottweil verliert mit dem Projekt  einen Teil seiner Identität und jeder einzelne Bürger einen wichtigen Teil seiner Lebensqualität.

Die Einschätzung der geologischen Voraussetzung der Planer von ThyssenKrupp hat bei uns von Anfang an Kopfschütteln bis Entsetzen hervorgerufen. Mit Unterstützung fachkundiger Bürger sagten wir am ersten Standort große geologische Risiken bei der Bebauung voraus. Thyssenkrupp nannte währenddessen auf der Internetseite des Testturms die besonders geeignete Bodenbeschaffenheit als Grund der Standortwahl Rottweil.

Beim jetzigen höheren Standort befindet sich die problematische Schicht des mittleren Muschelkalks mit seinen auslaugungsfähigen Gips-, Anhydrid – und Steinsalzschichten in etwa 100m Tiefe. Durch Hohlräume und Klüfte können Bodenbewegungen nicht ausgeschlossen werden.  Auch ein  Erdbeben könnte verheerende Auswirkungen haben. Wir haben in der Offenlage umfangreichere Untersuchungen gefordert, aber diese Forderung blieb unberücksichtigt.

Ebenso wurden die im Gutachten geforderten detaillierteren Prüfungen der Windverhältnisse nicht veranlasst.

TK  hat mit der Stadt einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, der viele wichtige Details offen lässt und keine Rückbauverpflichtung   vorschreibt . Der Konzern  entzieht sich hier einer wichtigen Verantwortung.    In ihrer Entscheidung haben die Planer von ThyssenKrupp die hier genannten und weitere ernsthafte Bedenken heruntergespielt. Sie haben die Forderungen fachkundiger Bürger buchstäblich vom Tisch gewischt.

ThyssenKrupp nennt das Stichwort Nachhaltigkeit einen festen Bestandteil seiner Konzernstrategie.

Wer auf der einen Seite die Technologie von Hochgeschwindigkeitsaufzügen voranbringen will, während auf der anderen Seite der Bauboom zu einer Verknappung von Ressourcen insbesondere dem Meeressand, einem wichtiger Rohstoff, der schon jetzt unter fragwürdigen und häufig kriminellen Umständen abgebaut wird und dabei die Schutzfunktionen der Küsten aller Kontinente außer Kraft setzt, geführt hat, kann über einen begrenzten Zeitraum wirtschaftliche Erfolge erzielen, schadet aber den nachfolgenden Generationen in großem Ausmaß.

Wer so offensichtlich die Zusammenhänge missachtet und dabei zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beiträgt, darf sein Handeln nicht verantwortungsvoll und nachhaltig nennen.

Umso denkwürdiger erscheint die Investition von Millionen an einem Platz, an dem nicht unerhebliche Risiken bestehen und das ganze Projekt zusammenbrechen und zu einem Beispiel massiver  Verschwendung werden kann.

Ein Testturm für Hochgeschwindigkeitsaufzüge auf dem Berner Feld Rottweil ist das falsche Signal für die Zukunft unserer Stadt!

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