Gegenantrag des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
zur Hauptversammlung der Traton AG am 14.05.2025
Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 4: Entlastung der Mitglieder des Vorstands
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2024 nicht zu entlasten.
Begründung:
Der Aufsichtsrat der Traton SE kommt seiner Verantwortung nicht nach, sich umfassend zu dem Menschenrechtsverletzungen in der Firmenhistorie zu bekennen.
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionären hatte TRATON SE im vergangenen Jahr aufgefordert, sich endlich seiner historischen Verantwortung zu stellen und die Kollaboration ihrer heutigen Tochterfirma Scania Brasil mit der brasilianischen Militärdiktatur zu untersuchen. Der Dachverband hat dazu eine Reihe von historischen Belegen angesprochen und diese in einem Redebeitrag auf der HV 2024 dargelegt und TRATON SE zum Handeln aufgefordert.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der TRATON SE, Hans Dieter Pötsch, hatte in seiner Antwort eine solche historische Untersuchung zugesagt. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre erwartet für die diesjährige HV 2025 die Vorlage von Ergebnissen in dieser Angelegenheit.
2020 hatte sich Volkswagen do Brasil nach jahrelanger beharrlicher Aufforderung u.a. seitens des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zu einer gemischten Individual- und Kollektiventschädigung für die Opfer der Kollaboration von VW do Brasil mit der brasilianischen Militärdiktatur bereit erklärt. Gleiches muss nun auch im Falle von Scania erfolgen.
Die vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre vorgelegten Belege zeigen das Ausspähen von Mitarbeitenden, die illegale Entlassung von oppositionell eingestellten Mitarbeitenden, das Zusammentragen und Verteilen sogenannter „dreckiger“ Listen, mittels derer betroffene Arbeiterinnen und Arbeiter entlassen wurden und aufgrund ihres Namens auf diesen Listen auch bei Drittfirmen keine Anstellung mehr fanden.
Der schwerwiegendste Vorwurf bezieht sich auf die historische Rolle des langjährigen Vorstandschefs von Scania Brasil, João Baptista Leopoldo Figueiredo, der laut einem Bericht der konservativen Tageszeitung O GLOBO persönlich an Spendensammlungen für das Folterzentrum OBAN (später unter dem Namen DOI-CODI) beteiligt war und diese Spendensammlungen mutmaßlich im Club Paulistano mitorganisiert hatte. Im OBAN/DOI-CODI wurden Untersuchungen von renommierten Historikerinnen und Historikern zufolge 66 Menschen ermordet, 39 von diesen starben dort unter den entsetzlichen Qualen der Folter. Von weiteren 19 Menschen stammt ihr letztes Lebenszeichen, dass sie verhaftet und ins DOI-CODI verbracht wurden, von dort. Seither gelten sie als gewaltsam verschwunden.
Es ist längst überfällig, dass sich TRATON SE dieser historischen Verantwortung vollumfänglich stellt und nicht wieder wie im Falle von Volkswagen do Brasil sich argumentativ falsch (wie auch von Prof. Christopher Kopper bemängelt) auf eine sogenannte Einzeltäterthese berufen darf. Vielmehr geht es um die Anerkennung der systemischen Teilhabe von Scania an der Repression und die explizite Kollaboration der Firma an den Menschenrechtsverbrechen der brasilianischen Militärdiktatur.
Köln 29.04.2025