Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Tilman Massa, ich bin Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Wir verfolgen mit großer Sorge und Skepsis Ihre aktuellen Bemühungen, die Umweltbank auf eine neue, solide Grundlage zu stellen, die dringend nötig scheint. Gerade mit Ihrem Namen sind Sie sehr auf das Vertrauen von allen Ihren Stakeholdern, nicht nur den Shareholdern, angewiesen. Der aktuelle Aktienkurs zeigt deutlich, dass Ihre wichtigste Währung, das Vertrauen in Ihr Geschäftsmodell, sehr stark gelitten hat. Und das hat nachvollziehbare Gründe:
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin war letztes Jahr zu dem Schluss gekommen, die Umweltbank die gesetzlichen Vorgaben des Kreditwesengesetzes (KWG) nicht in allen geprüften Bereichen erfüllt. Die BaFin hatte Sie verpflichtet, nicht nur Ihre Geschäftsorganisation zu verbessern, sondern auch mehr Eigenmittel bereitzustellen. Ihre Maßnahmen schienen der BaFin dann nicht zu reichen; im Februar dieses Jahr schickte sie Ihnen gar einen Sonderbeauftragten.
Dazu habe ich folgende Fragen an Sie, da unsere Skepsis auch nach Ihren heutigen Ausführungen weiterhin besteht:
- Wie ist der aktuelle Stand der Bearbeitung und Behebung der von der BaFin festgestellten Mängel?
- Habe Sie vor, sich von weiteren Geschäftsbereichen und Beteiligungen zu trennen und wenn ja, aus welchen Gründen?
- Sind weitere Entlassungen geplant?
- Hat die Migration des Kernbanksystems nachweislich zu einer Verbesserung geführt, die nun auch die Finanzaufsicht zufrieden stellen dürfte?
- Bleibt es dabei, dass Sie im 2. Quartal 2025 ein Girokonto einführen werden?
- Was wollen Sie nun anders, besser und effektiver für den Umwelt- und Klimaschutz machen als Ihre Konkurrenz, allem voran die GLS Bank?
- Wie sehen Sie sich aufgestellt, Ihre Kriterien anhand der Kriterien des Fair Finance Guide von Facing Finance bewerten zu lassen? Haben Sie hier eventuell schon einen Abgleich vorgenommen?
Zu Ihren Richtlinien und Ausschlusskriterien:
- Werden Sie im Zuge Ihrer Neustrukturierung auch Ihre bisherigen Grundsätze zu bindenden Positiv- und Ausschlusskriterien zu Menschenrechten und Klimaschutz bei der Kreditvergabe, Anlageprodukte und Eigenanlagen überarbeiten? Falls ja, was genau?
- Haben Sie die Finanzierung von Projekten und/oder Unternehmen aufgrund umweltrechtlicher Bedenken oder zu hohen Risiken abgelehnt? Wenn ja, um welche Fälle handelt es sich und aus welchen Gründen?
- Hat es im letzten Geschäftsjahr und/oder bisher konkrete Ausschlüsse gegeben und wenn ja, wie viele und welche Unternehmen?
- In der Finanzbranche scheinen sich einige sehr sicher zu sein: Die Rüstungsbranche kann per se als nachhaltig gelten, trotz Rüstungsexporte an autokratische und menschenrechtsverletzende Staaten. Wie ist hier Ihre Position, insbesondere im Vergleich zu den hiesigen Bankenverbänden und dem deutschen Fondsverband BVI?
- Tiefseebergbau-Projekte, die derzeit geplant sind, würden katastrophale Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme haben. Einige Versicherungen schließen daher Tiefseeprojekte aus. Können bzw. wollen Sie ausschließen, sich in Zukunft an Tiefseebergbau zu beteiligen/diese zu finanzieren und/oder solche Projekte in Ihren Wertschöpfungsketten zu haben? Planen Sie eine entsprechende Richtlinie? Wenn ja, wie genau? Wenn nicht, warum nicht?
Politische Rahmenbedingungen:
- Würden Sie sich für verbindliche, gesetzliche Regeln für die klima-, umwelt- und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten des Finanzsektors auch für die downstream-Wertschöpfungsketten bzw. Kundenbeziehungen aussprechen? Es braucht dringen solche Regeln auf EU- und UN-Ebene, damit diejenigen Finanzinstitute, die sich in diesem Bereich ernsthaft engagieren, nicht weiter gegenüber jenen Finanzinstitutionen benachteiligt werden, die dies nicht tun. Hier fehlt es gerade in der öffentlichen Debatte an Stimmen aus dem Finanzbereich, die differenziert und aus der Praxis heraus den Sinn bestimmter Regulierungsvorhaben erläutern. Gegen Greenwashing hilft nur Transparenz und ein klarer, verbindlicher Rechtsrahmen für das, was nachweislich als „grüne“ oder „nachhaltige“ Finanzierung gelten darf.
- Sollte Ihrer Meinung nach das Bank-, Kredit- und Investmentgeschäft in den Anwendungsbereich des EU-Lieferkettengesetzes/CSDDD bzw. des deutschen Lieferkettengesetzes (LkSG) fallen? Während der Gesetzgeber in der Begründung des Lieferkettengesetzes dies noch zumindest für das Kreditgeschäft angenommen hat, kommt eine aktuelle Handreichung des für die Umsetzung zuständigen BAFA zu einem anderen Ergebnis.
- In welchem Verhältnis stehen Ihr Aufwand und Ihre Kosten für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Vergleich zu den allgemeinen Berichtspflichten als Finanzinstitut?
Zu Ihrer Klimabilanz:
- Entscheidend für Ihren Einfluss und CO2-Fußabdruck sind ja weniger Ihre Geschäftsreisen als Ihre Projektfinanzierungen und Beteiligungen. Besonders in diesem Teil Ihrer Scope-3-Emissionen sind die Emissionen von 2022 auf 2023 sehr stark angestiegen. Unter dem Strich hat sich Ihre Klimabilanz so um fast 63 Prozent verschlechtert. Wichtig ist ja, dass Sie weiter dazu beitragen, dass mehr Emissionen vermieden werden, als Sie mitverursachen. Doch im Fall der Projektfinanzierungen ist dies nun nicht mehr der Fall, was Sie mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien begründen. Wie wirken Sie daher auf die von Ihnen mitfinanzierten Projekte ein, dass diese auch bereits in der Planungsphase auf möglichst geringe Emissionen setzen?
- Besonders auffällig ist aber der Anstieg der Emissionen durch Investitionen in Ihrem „Depot A“. Wir sprechen hier um fast 100 Prozent auf 242.881 Tonnen CO2-Äquivalente. Sie begründen den Anstieg mit „verbesserter Datenqualität und mehr einbezogenen Assets.“ Das ist eine reichlich dürftige Erklärung, die ich auch so interpretieren könnte: Sie haben mehr schmutzige Titel in den Tiefen Ihres Depots gefunden. Hier stellt sich mir die Frage: Haben Sie aus dem massiven Anstieg der Emissionen in Ihrem „Depot A“ irgendwelche Konsequenzen gezogen, überprüfen Sie nun etwa dahingehend Ihre Investitionen?
- Haben Sie hier etwa doch deutlich klimaschädliche Unternehmen in Ihrem Depot gefunden? Wenn ja, welche sind dies? Befinden sich darunter auch Unternehmen, die direkt oder indirekt an der Finanzierung und Förderung fossiler Energien wie Kohle, Öl oder Gas beteiligt sind?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.