Aus Fehlern nichts gelernt: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Uniper SE hat weiterhin keinen klaren Transformationsplan vorgelegt, der die Firmenstrategie in Einklang mit den deutschen, europäischen und Pariser Klimazielen bringt. Es gibt keine offene, ehrliche Aufarbeitung, wie es zur fatalen, einseitigen Abhängigkeit von russischem Gas kommen konnte. Stattdessen drohen alte Fehler beim Bau langfristiger LNG-Projekte mit entsprechender Infrastruktur wiederholt zu werden und die Abhängigkeit von fossilem Erdgas länger und teurer als nötig zu verlängern. Die deutsche Bundesregierung als neue Eigentümerin hat in Bezug auf Artikel 20a des Grundgesetzes die Pflicht, Uniper so auszurichten, dass die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und die Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen gewährleistet wird.

Stark erhöhte Stromproduktion in Russland in 2022 verschlechtert Klimabilanz massiv

Da sich Unipers Stromerzeugung in Russland 2022 um fast 30 Prozent erhöhte, stiegen die direkten CO2-Emissionen aus dem Brennstoffverbrauch auf insgesamt 55,6 Mio. t CO2. Unter anderem das 2021 wieder in Betrieb genommene und letztes Jahr noch zu Uniper gehörende Braunkohlekraftwerk Berjosowskaja 3 sorgte für den Anstieg klimaschädlicher Emissionen. Ohnehin hätte sich Uniper schneller von seinem Russlandgeschäft nach dem brutalen Angriffskrieg des Landes gegen die Ukraine trennen müssen. Aber auch die Steinkohle-Importe aus Russland betrugen 2022 noch über 12 Prozent der aus Direktverträgen bezogenen Kohle, um Unipers kriegsfolgenbedingten Mehrbedarf in Deutschland zu decken.

Umstieg auf Flüssiggas gefährdet Klimaziele

Uniper hat bereits vor dem Krieg gegen die Ukraine eine dreifache Steigerung seiner LNG-Geschäfte bis 2025 geplant. Wird jetzt kurzfristig noch stärker ein Umstieg auf Flüssiggas (LNG) verfolgt, ist das Erreichen der Klimaziele von Uniper noch mehr in Gefahr. Aufgrund energieintensiver Herstellung und langer Transportwege entsteht fast die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen von LNG, bevor überhaupt Strom oder Wärme erzeugt wird. Wenn das fossile Gas dazu noch durch Fracking gefördert wurde, ist LNG ähnlich klimaschädlich wie Kohle und deutlich klimaschädlicher als Pipelinegas aus konventionellen Lagerstätten.

Die Bundesregierung hat eine völkerrechtliche Erklärung unterzeichnet, nicht in neue Öl- und Gasprojekte im Ausland zu investieren und würde somit mit Unipers Projekten gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit verstoßen. 

Dennoch hält das Unternehmen an seinem fossilen Geschäftsmodell fest – etwa durch den Ausbau weltweiter LNG-Aktivitäten in Australien und Verhandlungen über Gaslieferungen aus dem Senegal oder Katar.

Australien: LNG-Kaufvertrag gefährdet Aborigine-Felskunst und Meeresleben

Uniper hat einen Kaufvertrag mit einer Laufzeit von 13 Jahren für LNG aus Scarborough, Australien, abgeschlossen. Scarborough wird Emissionen ausstoßen, die etwa dem Ausstoß von 15 Kohlekraftwerken entsprechen. Das Projekt ist in einem der kulturell und ökologisch bedeutendsten Gebiete Westaustraliens geplant. Die Gasproduktion findet im Meer in einem äußerst sensiblen Ökosystem statt. Es wird Wanderrouten von Walen gefährden sowie Delfine, Schildkröten und andere Arten. Am Standort der Gasverarbeitung werden die Emissionen weltweit bedeutsame Felskunst der Aborigines beschädigen. Sie besteht aus über einer Million Felsritzungen, die mindestens 40.000 Jahre alt sind, darunter das älteste Bild eines menschlichen Gesichts.

Aserbaidschan: Gasimporte stützen das aserbaidschanische Regime, das für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist

Uniper bezieht Gas von SOCAR, der staatlichen Ölgesellschaft der Republik Aserbaidschan. Bis zu 1,5 Milliarden m³ Erdgas sollen bis 2045 jedes Jahr nach Europa fließen. SOCAR ist eine Haupteinnahmequelle für das Alijew-Regime, das für Menschenrechtsverletzungen im Land bekannt ist. Selbst der Mutterkonzern Fortum gab zu, dass die Menschenrechtslage im Lande nicht zufriedenstellend ist. Alijew hat direkte Kontrolle über das Unternehmen. SOCAR hat wiederholt Kriegspropaganda während des Krieges zwischen Aserbaidschan und Armenien im Jahr 2020 verbreitet und als Staatskonzern Geld in die Kriegskasse von Alijew gespült. SOCAR war angeblich auch an der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 beteiligt. SOCAR hat bereits angekündigt, seine Gaslieferungen nach Europa steigern zu wollen.

Einleitung von umweltschädlichem Biozid bei LNG-Terminal in Wilhelmshaven

Beim Betrieb des LNG-Terminalschiffs „Höegh Esperanza“ in Wilhelmshaven setzt Uniper auf eine Einleitung von Chlor als Biozid in die Jade. Die Abbau- und Folgeprodukte von Chlor stehen mit der Entstehung von Krebs, Mutationen und auch der Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfunktionen in Verbindung. Die Deutsche Umwelthilfe bemängelt auch die mangelhafte Untersuchung der Umweltwirkungen aus den Abbau- und Reaktionsprodukten der Chlor-Einleitung.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2022

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Aufsichtsrat der Uniper SE nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat von Uniper SE nimmt seine Pflicht zur Kontrolle des Vorstands nicht ausreichend wahr. Er hat nicht genügend dafür getan, dass der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschleunigt und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in der Lieferkette umgesetzt wird. Als staatliches Unternehmen muss Uniper nun eine Vorreiterrolle bei der Achtung umwelt- und menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten einnehmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen müssen.

Mehr Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette dringend geboten

Die Substitution russischer Energielieferungen darf die Probleme nicht in andere Länder mit autokratischen Regimen wie Aserbaidschan oder Saudi-Arabien verlagern. Die Lieferverträge für Kohle und Erdgas und genaue Lieferanten müssen endlich offengelegt und Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in der Lieferkette vermieden werden. Auch die Auswirkungen von Fracking sowie die erheblichen Methanemissionen in der Lieferkette müssen hierbei berücksichtigt werden.

Weiterhin Blutkohle aus Kolumbien

Über 23 Prozent der 2022 von Uniper unter Direktverträgen bezogenen Kohle stammen aus Kolumbien. Mit dem Ende der Lieferungen aus Russland ist davon auszugehen, dass Uniper in Zukunft noch mehr Kohle aus Kolumbien beziehen könnte.

Es ist erwiesen, dass die größten Kohleexporteure in Kolumbien zahlreiche Menschenrechts- und Umweltverletzungen begangen haben, von denen vor allem die in den Abbaugebieten lebenden Gemeinden betroffen sind. Die schlimmsten Missstände treten in den Regionen La Guajira und Cesar auf, wo 90 Prozent der Kohle des Landes gefördert wird.

Eine der größten Kohleminen Lateinamerikas, El Cerrejón, erhielt aufgrund der steigenden Nachfrage aus Deutschland die Erlaubnis, den Fluss Bruno umzuleiten, um die in seinem Flussbett gefundenen Erze abbauen zu können. Der Fluss Bruno ist der wichtigste Nebenfluss des Ranchería-Flusses: Letzterer ist der einzige Fluss in der Wüstenregion La Guajira, von dessen Wasserversorgung zahlreiche indigene, afrokolumbianische und bäuerliche Gemeinschaften leben. Expert*innen warnen, dass die Umleitung des Flusses Bruno diesen austrocknen wird, sodass der Zugang zu Wasser für tausende von Menschen unmöglich gemacht wird.

Die Genehmigung für den Kohleabbau am Fluss Bruno wurde ohne die Zustimmung der indigenen Wayuu erteilt. Zudem wurde die Meinung von Expert*innen missachtet, die vor einer Dürre warnen. Damit verstößt das Vorhaben gegen ein Urteil des kolumbianischen Verfassungsgerichts, das die Umleitung des Nebenflusses ohne vorherige Anhörung der betroffenen Parteien untersagt.

Uniper ist auch weiterhin ein wichtiger Abnehmer von Kohle aus der Region Cesar in Kolumbien. Es gibt starke Anzeichen dafür, dass die Bergbauunternehmen Drummond und Prodeco/Glencore an der finanziellen und logistischen Unterstützung der paramilitärischen Gruppen beteiligt waren. Durch den paramilitärischen Terror starben mehr als 3.300 Menschen und mehr als 55.000 Menschen waren von Zwangsumsiedlungen in der Region betroffen. Uniper ist die paramilitärische Gewalt seit langem bekannt, und es hat versäumt, einen angemessenen Beitrag zur Wiedergutmachung für die Opfer zu leisten.

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