Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
mein Name ist Tilman Massa, ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Mit den uns übertragenen Stimmrechten fordern wir von Uniper deutlich effektivere Maßnahmen gegen die Klimakrise sowie für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir werden Vorstand und Aufsichtsrat nicht entlasten. Auch wenn sich unsere Nicht-Entlastung auf die bis vor kurzen noch in Verantwortung stehen Personen bezieht: Unsere Kritikpunkte treffen auch auf die neuen Mitglieder beider Gremien. Uns fehlt eine konkrete Perspektive für Uniper bei erneuerbaren Energien, eine radikale wie realistische Transformation entsprechend internationaler Klimaziele. Es gibt weiterhin keine offene, ehrliche Aufarbeitung, wie es zur fatalen, einseitigen Abhängigkeit von russischem Gas kommen konnte. Stattdessen drohen alte Fehler beim Bau langfristiger LNG-Projekte mit entsprechender Infrastruktur wiederholt zu werden und die Abhängigkeit von fossilem Erdgas länger und teurer als nötig zu verlängern. Wir haben dies in unseren Gegenanträgen ausführlich begründet, die ich hiermit auch formal stelle.
Klimabilanz und Dekarbonisierungsstrategie:
Frau Dönges, vielen Dank dafür, dass Sie bereits in Ihrer Eingangsrede auf etliche unserer Kritikpunkte und umstrittene Projektbeteiligungen eingegangen sind.
Ich möchte hier aber nochmal einen Blick auf Ihre Klimabilanz vom letzten Jahr werfen, denn diese verdeutlicht insbesondere die Misere nicht nur durch die von Uniper selbst gewählte Abhängigkeit von russischen Kohle- und Gaslieferungen, sondern auch das Geschäft in Russland selbst:
Da sich Unipers Stromerzeugung in Russland 2022 um fast 30 Prozent erhöhte, stiegen die direkten CO2-Emissionen aus dem Brennstoffverbrauch auf insgesamt 55,6 Mio. t CO2. Unter anderem das 2021 wieder in Betrieb genommene und letztes Jahr noch zu Uniper gehörende Braunkohlekraftwerk Berjosowskaja 3 sorgte für den Anstieg klimaschädlicher Emissionen. Ohnehin hätte sich Uniper schneller von seinem Russlandgeschäft nach dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine trennen müssen. Aber auch die Steinkohle-Importe aus Russland betrugen 2022 noch über 12 Prozent der aus Direktverträgen bezogenen Kohle, um Unipers kriegsfolgenbedingten Mehrbedarf in Deutschland zu decken.
- Die steigenden Emissionen werfen vor allem die Frage auf: Haben Sie diese Mehremissionen bereits für den Pfad zum Erreichen Ihrer Klimaziele einberechnet?
- Auf welchen Annahmen und unter welchen Bedingungen der Energiemarktentwicklung planen Sie, Ihre aktuellen Klimaziele zu erreichen?
- Welche Anpassungen bzw. Änderungen planen Sie in Bezug auf Ihre Dekarbonisierungsstrategie?
- Frau Dönges, Sie wollen in diesem und im kommenden Jahr mehrere hundert Megawatt im Bereich Solar-PV zur Investitionsentscheidung bringen, mehr soll folgen. Das ist sehr vage formuliert und angesichts des Bedarfs alles andere als ambitioniert, aber angesichts Ihres kaum vorhandenen finanziellen Spielraums auch sehr unsicher. Können Sie hier konkrete Projekte nennen? Wo befinden sich diese und was hält Sie davon ab, die Investitionsentscheidungen schneller zu treffen?
- Planen Sie neue, zusätzliche Investitionen in Windenergie?
- Anscheinend hat der Freistaat Bayern Interesse an Ihren Wasserkraftwerken. Welche Rolle sollen Ihre Wasserkraftwerke in Ihrer zukünftigen Ausrichtung spielen?
- Was sind Ihre Pläne in Bezug auf Ihre drei Atomkraftwerke in Schweden?
Standort/LNG-Terminal Wilhelmshaven
Frau Dönges, Sie haben in Ihrer Eingangsrede erwähnt, dass Uniper bei der Suche nach möglichen Alternativen zu Elektrochlorierung auf der FSRU „Hoegh Esperanza“ beteiligt ist. Erst im 3. Quartal 2023 würden Sie hierzu mit Ergebnissen rechnen. Hier passt das geflügelte Wort von der neuen “Deutschlandgeschwindigkeit” überhaupt nicht, es sei denn, es bedeutet, Umweltschutz hat nun immer das Nachsehen.
- Die Nutzung großer Mengen von Chlor als Biozid gefährdet die Pflanzen- und Tierwelt im Nationalpark Wattenmeer massiv. Wie genau sah und sieht Ihre Unterstützung bei der Suche nach möglichen Alternativen aus?
- Würden Sie sich an Mehrkosten einer schnelleren und effektiven Lösung beteiligen?
- Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat bereits erklärt, dass der Bund die Kosten für eine Umrüstung der Höegh Esperanza übernehmen würde. Warum wird die Umrüstung auf ein alternatives Verfahren (z.B. Ultraschall) nicht unverzüglich angegangen?
- Der Betreiber TES wird die FSRU „Excelsior“, die im Herbst 2023 nach Wilhelmshaven verlegt werden soll, direkt auf ein alternatives Anti-Fouling-Verfahren (Ultraschall) umrüsten. Warum ist dies bei der „Excelsior“ möglich, nicht aber bei der „Höegh Esperanza“?
- Wie sehen Ihre Pläne und Projekte beim Standort Wilhelmshaven genau aus?
- Bleibt es beim geplanten Ammoniak-Import-Terminal, um grünen Wasserstoff zu importieren, oder haben Sie auch vor, längerfristig über die nächsten 10 Jahre hinaus fossile LNG-Infrastruktur auf- und auszubauen?
- Wurde die Machbarkeitsstudie für das Ammoniakterminal „Green Wilhelmshaven“ bereits abgeschlossen? Wie bewerten Sie die Realisierbarkeit des Projekts angesichts von Unipers aktueller Finanzlage?
Datteln 4
Frau Dönges, Sie haben in Ihrer Eingangsrede erwähnt, dass Sie für die Anlagen und Beteiligungen, die bis Ende 2026 gemäß den Auflagen der Europäischen Kommission zum Verkauf stehen, auf der Suche nach neuen Eigentümern sind. Dazu gehört Ihr Skandal-Kohlekraftwerk Datteln 4. Das OVG Münster hatte 2021 bestätigt, dass der Bebauungsplan rechtswidrig gewesen ist, letztes Jahr ließ das Bundesverwaltungsgericht eine Revision zu.
- Gibt es schon Interessierte, die Datteln 4 kaufen würden und wenn ja, welche?
- Ihr Schwarzbau Datteln 4 ist unverkäuflich, bis das OVG-Urteil zum illegalen Bebauungsplan letztinstanzlich entschieden ist. Wie schätzen Sie hier die juristischen und finanziellen Risiken in Bezug auf dieses Verfahren ein?
- Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass Datteln 4 nach letztinstanzlicher Entscheidung schließen müsste?
- Bis wann rechnen Sie mit einem Urteil, wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens?
- Die beihilferechtlichen Auflagen der EU-Kommission für Unipers Marktposition im Vertrieb könnten auch durch die Abschaltung des Kohlekraftwerks bis Ende 2026 erfüllt werden. Statt einer weiteren Hängepartie sollten Sie mit der Abschaltung im eigenen Interesse Klarheit schaffen und mit diesem Signal an die Bundesregierung die Klima- und Wirtschaftstransformation beherzt angehen. Wie bewerten Sie ein solches Vorgehen bzw. prüfen Sie auch diese Option, statt sich nur auf einen Verkauf zu konzentrieren?
- Wie bewerten Sie die juristische Einschätzung, dass eine Schließung von Datteln 4 bis 2026 den beihilferechtlichen Genehmigungsauflagen der EU-Kommission entsprechen würde?
Zu TOP 7a: Vorschlag Satzungsänderung zu § 17 zu virtuellen Hauptversammlungen
Wir lehnen Ihren Vorschlag ab, den Vorstand zu ermächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.
Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung und nicht der Vorstand darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen. Zudem sollte die Hauptversammlung auch darüber entscheiden, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.
Während die meisten anderen Aktiengesellschaften eine solche Vorstandsermächtigung auf zwei Jahre begrenzen, wollen Sie gleich ganze 5 Jahre dafür haben. So machen Sie überhaupt nicht den Eindruck, bald wieder um neue Aktionär:innen werben zu wollen, Sie wollen diese anscheinend lieber auf Abstand halten.
Sie werden sicher sagen, auch immer die Interessen der Aktionär:innen beachten zu wollen, doch das sollten und können diese schon selbst am besten entscheiden.
Schon mit der Entscheidung, die diesjährige Hauptversammlung rein virtuell durchzuführen, haben Sie unter Beweis gestellt, neue Möglichkeiten für eine aktionärsfreundliche Erweiterung der Partizipationsmöglichkeiten nicht nutzen zu wollen.
- Falls Sie nächstes Jahr erneut eine virtuelle Hauptversammlung durchführen, würden Sie dann auch die Möglichkeit anbieten, Fragen schon vorab schriftlich einreichen zu können und die Antworten dazu auch für alle transparent zu machen? So kann das Frage- und Informationsrecht aller Aktionär*innen besser umgesetzt und zudem die Diskussion in der Hauptversammlung auf wichtige Punkte und Nachfragen fokussiert werden.
- Planen Sie, die Möglichkeit einer hybriden Hauptversammlung zu prüfen? Bitte begründen Sie Ihre Antwort.
- Herr Blades, dazu waren Ihre Ausführungen vorhin sehr vage: Haben Sie schon Pläne, ob die nächste Hauptversammlung rein virtuell oder wieder in Präsenz stattfinden soll, und nach welchen Kriterien werden Sie entscheiden?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.