Fossiler Lock-in statt Aufbruch in erneuerbare Energien: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Vorstands der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2024

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand von Uniper kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen.

Klimaziele sind bis 2030 unzureichend und Scope 1+2-Ziele wurden von 2035 auf 2040 vertagt

Unipers Ziel ist es, bis 2040 auf Konzernebene klimaneutral zu sein (Scope 1, 2 und 3). Doch bis 2030 fordern viele IPCC-Szenarien eine weitere Reduktion für Scope-1-, -2- und -3-Emissionen bis 2030, als von Uniper angestrebt. Daher berichtet Uniper keine Übereinstimmung der Ziele für 2030 mit den Anforderungen an eine Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Pariser Abkommen. Zudem hat Uniper 2024 das Ziel der Kohlenstoffneutralität für Scope-1- und -2-Emissionen um fünf Jahre von 2035 auf 2040 verschoben. Begründet wird dies mit einem „zunehmend herausfordernden Marktumfeld[…] und der Verzögerungen bei der Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen, insbesondere im Bereich Wasserstoff[1]. Anstatt die ausbleibende Klimatransformation des Konzerns auf fehlende politische und regulatorische Gegebenheiten zu schieben, sollte Uniper selbst Verantwortung übernehmen und das eigene Geschäftsmodell schnellstmöglich an einen 1,5°C-kompatiblen Emissionsreduktionspfad anpassen.

Zahlreiche neue langfristige Gaslieferverträge zementieren fossilen Lock-In
Zur Erreichung der Klimaziele wollen Deutschland und die EU in weniger als 20 Jahren so gut wie kein fossiles Gas mehr nutzen. Trotzdem bindet sich Uniper weiterhin langfristig an den Handel mit fossilem Gas. So hat Uniper menschenrechtlich problematische, langfristige Gaslieferverträge mit der staatlichen, aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR abgeschlossen, die Uniper bis 2045 eine jährliche Gasmenge von bis zu 1,5 Mrd. Kubikmetern Erdgas garantiert. Unipers Gashandel mit SOCAR, dem staatlichen Ölkonzern Aserbaidschans, trägt zu den Einnahmen des menschenrechtsverletzenden Regimes bei. Aserbaidschan hat 2024 den Kontext der Klimaverhandlungen für fossile Geschäfte genutzt. Anstatt den Gasbezug aus Aserbaidschan einzustellen, scheint Uniper die Beziehungen laut Medienberichten durch eine im Dezember 2023 unterzeichnete neue Kooperationsvereinbarung sogar ausbauen zu wollen.

Zudem hat Uniper im September 2024 einen Pipeline-Gasliefervertrag mit ConocoPhillips für bis zu 10 Mrd. Kubikmetern Erdgas über die nächsten 10 Jahre unterzeichnet.[2] Laut Medienberichten will Uniper zudem ab 2027 Erdgaslieferungen von einer rumänischen Tochter des österreichischen OMV-Konzerns über einen Zeitraum von fünf Jahren und einer Menge von insgesamt 15 Terawattstunden beziehen.[3]

Bereits 2023 hat Uniper mit dem australischen Unternehmen Woodside einen LNG-Liefervertrag mit einer Laufzeit bis 2039 abgeschlossen. Das Projekt ist in einem der kulturell und ökologisch bedeutendsten Gebiete Westaustraliens geplant. Die Gasproduktion findet im Meer in einem äußerst sensiblen Ökosystem statt. Wanderrouten von Walen sowie Delfine, Schildkröten und andere Arten sind gefährdet. Am Standort der Gasverarbeitung können die Emissionen außerdem weltweit bedeutsame Felskunst der Aborigines beschädigen. Sie besteht aus über einer Million Felsritzungen, die mindestens 40.000 Jahre alt sind, darunter das älteste Bild eines menschlichen Gesichts.

Zusätzlich hat Uniper Mitte April 2025 eine weitere LNG-Liefervereinbarung mit Woodside über zwei Millionen Tonnen pro Jahr bis 2039 unterzeichnet. Die Hälfte dieser LNG-Importe soll von ‚Woodside Energy Trading Singapore‘ kommen, die andere Hälfte von einem neuen US-Exportterminal aus dem US-Bundesstaat Louisiana.[4] Der Import von US-LNG ist jedoch sozial und ökologisch hochproblematisch, da das fossile Gas hauptsächlich durch die umweltbelastende Fracking-Methode und oft in wirtschaftlich benachteiligten Gemeinden mit vielen Indigenen, Schwarzen Menschen und People of Color produziert wird.[5]

Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2024

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2024 nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat ist seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nicht hinreichend nachgekommen. Er hat es weiterhin versäumt, auf Einführung und Umsetzung von effektiven Klimaschutzmaßnahmen hinzuwirken.

Uniper zementiert fossilen Lock-In durch Einsatz für neue Gaskraftwerke

Zwar bringt Uniper bei der Diskussion um den Bau neuer fossiler Gaskraftwerke immer wieder eine künftige Umstellung auf Wasserstoff bzw. die Ergänzung einer CO2-Abscheidung (CCS) ins Spiel. Doch Gaskraftwerke mit CCS sind in großem Maßstab unerprobt, ineffektiv und teuer. Eine Umstellung auf fossilen, ‚blauen‘ Wasserstoff ist weiterhin sehr klimaschädlich. Die Umstellung auf durch erneuerbare Energieträger erzeugten „grünen“ Wasserstoff ist zweifelhaft, denn dieser wird absehbar nur in sehr geringen Mengen verfügbar sein. Zudem ist die Verbrennung von Wasserstoff zur Stromerzeugung wenig effizient. Unter dem Strich bedeutet der Bau neuer fossiler Gaskraftwerke eine langfristige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Stattdessen sollte sich Uniper darauf konzentrieren, saubere Lösungen auszubauen, die die Kosten senken, heimische erneuerbare Energien fördern und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffimporten aus teils undemokratischen Regimen beenden können.

Uniper profitiert von fossilen Subventionen und hat hohe Lobbyausgaben
Laut einer Analyse von Beyond Fossil Fuels (2025) auf Basis von Daten von Aurora zu Kapazitätsmärkten in Europa[6] hat Uniper bereits mehr als 1 Milliarde Euro an Kapazitätszahlungen durch den britischen Kapazitätsmarkt für seit 2015 vergebene Verträge erhalten. Hierdurch wurden fossile Infrastrukturen auf Kosten ambitionierter Klimaziele aufgebaut. Eine Auswertung des Lobbyregisters durch Lobbycontrol vom März 2025 zeigt zudem: mit mindestens 2,5 Millionen Euro Lobbyausgaben befindet sich Uniper unter den Top 10 Unternehmen in Deutschland mit den höchsten Lobbyausgaben. [7] Uniper wirbt aktuell auch weiter öffentlich für den großangelegten Bau von neuen fossilen Gaskraftwerken in Deutschland und will sich an Ausschreibungen der Bundesregierung beteiligen. Doch der Bau von neuen fossilen Gaskraftwerken führt zu einem weiteren fossilen Lock-In.

Fossiler Lock-in durch Renditedruck

In privater Hand wäre die kurzfristige Erwirtschaftung von Rendite für neue Eigentümer maßgeblich für den Konzern. Vor diesem Hintergrund droht ein Rückschritt bei den erneuerbaren Investitionen und ein Fortschreiben der Fokussierung auf Erdgas. Die aktuelle Unternehmensstrategie könnte in privater Hand noch weiter in Richtung fossiler Produktion umgestaltet werden und Gewinne für Aktionärsauszahlungen statt für Transformationsinvestitionen.

Kritische Infrastruktur mit Systemrelevanz in Zeiten geopolitischer Herausforderungen

In der Energiekrise im Kontext des russischen Angriffskriegs ist deutlich geworden, welche systemkritische Stellung das Unternehmen Uniper hat, das mehr als tausend Stadtwerke und Industrieunternehmen mit Gas beliefert. Die staatliche Rekapitalisierungsmaßnahme war ein Zeugnis dieser marktbeherrschenden Stellung und eine Verdeutlichung von Uniper als Teil kritischer Infrastruktur. In Zeiten, in denen die geopolitischen Spannungen eher zunehmen und durch die Entwicklungen in den USA weitere Unsicherheitsherde hinzukommen, ist es fahrlässig, die Privatisierung kritischer Infrastruktur zu verfolgen. Systemkritische Infrastruktur gehört in öffentliche Hand und die sozial-ökologische Transformation dieser Infrastruktur im Sinne des Gemeinwohls.

Verkaufsverhandlungen mit dem „Schrotthändler Europas“ Křetínský statt Absicherung der Transformationspläne in öffentlicher Verantwortung

Während Uniper schon jetzt aufgrund vermeintlich schwieriger Marktbedingungen von den Klimazielen abweicht, verhandelt die Bundesregierung mit potenziellen Großinvestoren für Uniper, die eine eigene klare fossile Agenda mitbringen. Sowohl die kolportierten Gespräche mit Křetínský, als auch mit Investoren wie Taqa aus den VAE oder Brookfield aus Kanada, sind sicherheitspolitisch und klimapolitisch verantwortungslos. Die Interessen der Interessenten sind aus anderen Fällen bekannt: maximale Rendite zulasten von Klima, Transformationsplänen und Versorgungssicherheit. Die Leitung und Eigentümer von Uniper müssen stattdessen die geplante Transformation von Uniper beschleunigen und die direkten Kontrollmechanismen dafür in der (öffentlichen) Hand behalten – statt Unipers Transformation dem kurzfristigen fossilen Gewinnstreben unter Druck zu setzen. Dafür gilt es jetzt für Vorstand und Aufsichtsrat, mit der neuen Bundesregierung in Austausch zu gehen und die Spielräume zu nutzen, um die Teilprivatisierung von Uniper zu unterbinden.


[1] https://www.uniper.energy/system/files/2025-03/2025_02_25_GJ_2024_Uniper_Geschaeftsbericht.pdf, S.11

[2] https://www.uniper.energy/news/de/uniper-und-conocophillips-verlaengern-langfristige-partnerschaft-zur-gasversorgung-in-nordwesteuropa , S.149

[3] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiekonzern-uniper-schliesst-laut-insider-gasliefervereinbarung-mit-omv-tochter/100099165.html

[4] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energie-uniper-kauft-13-jahre-lang-fluessiggas-bei-australischem-konzern/100122183.html

[5]https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Energie/LNG/US_LNG_terminals_EN.pdf

[6] https://auroraer.com/wp-content/uploads/2025/01/Capacity-Remuneration-Mechanisms-Report-Aurora-BFF-January-2025.pdf

[7] https://www.lobbycontrol.de/aus-der-lobbywelt/7-zu-81-uebermacht-der-wirtschaftslobby-120045/

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.kritischeaktionaere.de/uniper/fossiler-lock-in-statt-aufbruch-in-erneuerbare-energien-unsere-gegenantraege/