Trotz Ukrainekrieg: Weiterhin Geschäfte mit Russland. Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 3: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand der Uniper SE wird seiner Verantwortung für Klimaschutz und Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energien, insbesondere von Erdgas aus Russland, nicht gerecht.

Massiv steigende CO₂-Emissionen, kein Fokus auf erneuerbare Energien

Der Uniper-Vorstand hat die massive Abhängigkeit von fossilem Erdgas, vor allem aus Russland, aktiv vorangetrieben. Mehr als die Hälfte von Unipers Stromerzeugung 2021 basierte auf fossilem Erdgas und Öl, gegenüber 2020 benötigte Uniper 15 Prozent Öl und Gas. Auch die Kohleverstromung nahm um 23 Prozent zu, sodass die direkten CO₂-Emissionen 2021 um fast 20 Prozent auf 50,9 Mio. Tonnen CO₂ gestiegen sind. Für mehr als doppelt so viele Emissionen ist Uniper zusätzlich in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (Scope 3) verantwortlich. Beim Ausbau der Erneuerbaren fällt Uniper jedoch weiterhin um ein Vielfaches hinter andere europäische Unternehmen zurück. Eine umgreifende Transformation in Richtung Erneuerbare ist nicht in Sicht. Mit hohem Risiko bleibt der Fokus auf Erdgas.

Trotz Ukrainekrieg: Weiterhin Geschäfte mit Russland

Uniper ist einer der größten Kunden von Gazprom und hat langfristige Verträge über 200 TWh fossiles Gas. Während Uniper erklärt hat, dass es keine neuen langfristigen Gaslieferverträge abschließen wird, bleibt das laufende Geschäft unangetastet.

Uniper ist mit 84 Prozent der Anteile Eigentümer von Unipro. Diese betreibt u.a. fünf Kohle- und Gaskraftwerke in Russland. Der Verkauf des Unternehmens wurde vorerst gestoppt, doch die Stromproduktion läuft weiter. 2021 betrugen die Gewinne von Uniper aus diesen Russlandgeschäften etwa 20 Prozent des bereinigten EBIT.

Spätestens als Reaktion auf die Gräueltaten und mutmaßliche Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine hätte der Vorstand konkrete Maßnahmen ergreifen sollen, um sich schneller von russischem Erdgaslieferungen zu lösen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat aufgezeigt, wie Deutschland bei maximaler Nutzung von Einsparpotenzialen schon Endes dieses Jahres ohne russische Erdgaslieferungen auskommen könnte.

Desaster um Nord Stream 2 verdeutlicht Scheitern von Unipers Strategie

Uniper ist einer von fünf Co-Finanzierern der Gaspipeline Nord Stream 2 gewesen und hatte der Projektgesellschaft etwa 950 Millionen Euro geliehen. Dies geschah trotz aller Warnungen, dass Nord Stream 2 als rein geopolitisches Projekt der Destabilisierung der Ukraine dienen würde. Uniper musste nun die Beteiligung an Nord Stream 2 abschreiben – allerdings erst, nachdem die deutsche Regierung das Projekt gestoppt hatte.

Umstieg auf Flüssiggas gefährdet Klimaziele

Uniper hat bereits vor dem Krieg gegen die Ukraine eine dreifache Steigerung seiner LNG-Geschäfte bis 2025 geplant. Wird jetzt kurzfristig noch stärker ein Umstieg auf Flüssiggas (LNG) verfolgt, ist das Erreichen der Klimaziele von Uniper noch mehr in Gefahr. Aufgrund energieintensiver Herstellung und langer Transportwege entsteht fast die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen von LNG, bevor überhaupt Strom oder Wärme erzeugt wird. Wenn das fossile Gas dazu noch durch Fracking gefördert wurde, ist LNG ähnlich klimaschädlich wie Kohle und deutlich klimaschädlicher als Pipelinegas aus konventionellen Lagerstätten.

LNG-Kaufvertrag gefährdet Aborigine-Felskunst und Meeresleben in Australien

Uniper hat einen Kaufvertrag mit einer Laufzeit von 13 Jahren für LNG aus Scarborough, Australien, abgeschlossen. Scarborough wird Emissionen ausstoßen, die etwa dem Ausstoß von 15 Kohlekraftwerken entsprechen. Das Projekt ist in einem der kulturell und ökologisch bedeutendsten Gebiete Westaustraliens geplant. Die Gasproduktion findet im Meer in einem äußerst sensiblen Ökosystem statt. Es wird Wanderrouten von Walen gefährden sowie Delfine, Schildkröten und andere Arten. Am Standort der Gasverarbeitung werden die Emissionen weltweit bedeutsame Felskunst der Aborigines beschädigen. Sie besteht aus über einer Million Felsritzungen, die mindestens 40.000 Jahre alt sind, darunter das älteste Bild eines menschlichen Gesichts.

Gasimporte stützen das aserbaidschanische Regime, das für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist

Uniper bezieht Gas von SOCAR, der staatlichen Ölgesellschaft der Republik Aserbaidschan. Bis zu 1,5 Milliarden m³ Erdgas sollen bis 2045 jedes Jahr nach Europa fließen. SOCAR ist eine Haupteinnahmequelle für das Alijew-Regime, das für Menschenrechtsverletzungen im Land bekannt ist. Selbst der Mutterkonzern Fortum gab zu, dass die Menschenrechtslage im Lande nicht zufriedenstellend ist. Alijew hat direkte Kontrolle über das Unternehmen. SOCAR hat wiederholt Kriegspropaganda während des Krieges zwischen Aserbaidschan und Armenien im Jahr 2020 verbreitet und als Staatskonzern Geld in die Kriegskasse von Alijew gespült. SOCAR war angeblich auch an der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 beteiligt. SOCAR hat bereits angekündigt, seine Gaslieferungen nach Europa steigern zu wollen.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2021

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Aufsichtsrat der Uniper SE nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat von Uniper SE nimmt seine Pflicht zur Kontrolle des Vorstands nicht ausreichend wahr. Er hat nicht genügend dafür getan, dass der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschleunigt und menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der Lieferkette umgesetzt wird.

Weiterhin Blutkohle aus Kolumbien

38,6 Prozent der 2021 von Uniper unter Direktverträgen bezogenen Kohle stammen aus Kolumbien. Mit dem Ende der Lieferungen aus Russland, die etwa ein Drittel der von Uniper importierten Kohlemengen ausgemacht haben, ist davon auszugehen, dass Uniper in Zukunft noch mehr Kohle aus Kolumbien beziehen könnte. Kolumbien hat schon entsprechende Steigerungen angekündigt.

Es ist erwiesen, dass die größten Kohleexporteure in Kolumbien zahlreiche Menschenrechts- und Umweltverletzungen begangen haben, von denen vor allem die in den Abbaugebieten lebenden Gemeinden betroffen sind. Die schlimmsten Missstände treten in den Regionen La Guajira und Cesar auf, wo 90 Prozent der Kohle des Landes gefördert wird.

Eine der größten Kohleminen Lateinamerikas, El Cerrejón, erhielt aufgrund der steigenden Nachfrage aus Deutschland die Erlaubnis, den Fluss Bruno umzuleiten, um die in seinem Flussbett gefundenen Erze abbauen zu können. Der Fluss Bruno ist der wichtigste Nebenfluss des Ranchería-Flusses: Letzterer ist der einzige Fluss in der Wüstenregion La Guajira, von dessen Wasserversorgung zahlreiche indigene, afrokolumbianische und bäuerliche Gemeinschaften leben. Expert*innen warnen, dass die Umleitung des Flusses Bruno diesen austrocknen wird, sodass der Zugang zu Wasser für tausende von Menschen unmöglich gemacht wird.

Die Genehmigung für den Kohleabbau am Fluss Bruno wurde ohne die Zustimmung der indigenen Wayuu erteilt. Zudem wurde die Meinung von Expert*innen missachtet, die vor einer Dürre warnen. Damit verstößt das Vorhaben gegen ein Urteil des kolumbianischen Verfassungsgerichts, das die Umleitung des Nebenflusses ohne vorherige Anhörung der betroffenen Parteien untersagt.

Uniper ist auch weiterhin ein wichtiger Abnehmer von Kohle aus der Region Cesar in Kolumbien. Es gibt starke Anzeichen dafür, dass die Bergbauunternehmen Drummond und Prodeco/Glencore an der finanziellen und logistischen Unterstützung der paramilitärischen Gruppen beteiligt waren. Durch den paramilitärischen Terror starben mehr als 3.300 Menschen und mehr als 55.000 Menschen waren von Zwangsumsiedlungen in der Region betroffen. Uniper ist die paramilitärische Gewalt seit langem bekannt, und es hat versäumt, einen angemessenen Beitrag zur Wiedergutmachung für die Opfer zu leisten.

Nicht Paris-kompatibel: Festhalten an „Schwarzbau“ Datteln 4

Bis 2038 will Uniper an der Kohleverstromung im Kraftwerk Datteln 4 festhalten. Dieser späte Kohleausstieg ist jedoch keineswegs im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens, die einen Kohleausstieg bis spätestens 2030 in der EU und in OECD-Ländern bedeuten würden.

Beim Bau des Kraftwerks Datteln 4 ist es ohnehin nicht mit rechten Dingen zugegangen. Letztes Jahr hatte das Oberverwaltungsgericht Münster den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der dreiste Versuch von Uniper, den falschen, aber bereits bebauten Standort nachträglich zu begründen, ist gescheitert. Ein weiteres Gerichtsurteil, das den Bau komplett stoppen würde, steht noch aus.

Dreiste Klage gegen Niederlande: Kapitalinteressen vor Klimaschutz

Uniper verklagt den niederländische Staat wegen des (halbwegs) Paris-kompatiblen Kohleausstiegs 2030, was die vorzeitige Schließung des Kohlekraftwerkes Maasvlakte bedeuten würde. Damit will der Vorstand die fatalen Kohle-Investitionsentscheidungen der Vergangenheit mit Steuergeldern kompensieren.

Uniper klagt im Rahmen des Energiecharta Vertrages auf ca. eine Milliarde Euro Schadensersatz. Dabei hat eine Studie von Ember gezeigt, dass das Kohlekraftwerk bereits jetzt nicht mehr rentabel ist und das nach 2030 erst recht nicht wäre. Uniper behauptet, dass es nur um die Prüfung der Rechtsmäßigkeit des niederländischen Kohleausstiegsgesetzes geht. Bei solchen Zweifeln gibt es aber die Möglichkeit, vor nationale Gerichte zu gehen. Uniper tut dies auch zusätzlich. Damit gibt es keinen Grund, gleichzeitig vor ein geheimes, intransparentes und privates Schiedsgericht zu gehen.

Klagen wie die von Uniper senden ein fatales Signal an alle europäischen Regierungen, die an früheren Kohleausstiegsplänen arbeiten. Denn: Je langsamer und später der Kohleausstieg erfolgt, desto weniger Kompensation kann eingeklagt werden.

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