Uniper setzt auf fossiles Gas: Unsere Gegenanträge

Zu Tagesordnungspunkt 2: Entlastung der Mitglieder des Vorstands der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2023

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Vorstands nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand von Uniper kommt weiterhin nicht hinreichend seiner Verantwortung nach, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen.

Finanzielle Mittel reichen nicht für eine echte Energiewende

Uniper will bis 2030 acht Milliarden Euro in Wachstum und Transformation investieren. Diese Wachstumsbereiche sollen auch die erneuerbare Energieerzeugung und Wasserstoff finanzieren. Uniper ist von den Folgen seiner selbst verschuldeten, ehemaligen Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland und den Rahmenbedingungen weiter finanziell limitiert. Die geplanten Investitionen sind sehr knapp bemessen und ermöglichen kaum eine Wende weg von der starken Abhängigkeit von fossilem Gas hin zu Erneuerbaren. 2023 hat Uniper immer noch etwa 84 Prozent seines Stroms durch fossile Energien und Atom erzeugt. Und bei den Erneuerbaren überwiegt weiter die „alte“ Wasserkraft.

Neubau von Gaskraftwerken könnte Energiewende Unipers weiter verzögern

Uniper hat angekündigt, den Neubau von flexiblen Gaskraftwerken zu planen bzw. zu prüfen. Falls diese teilweise auch aus den geplanten Investitionen kommen, würde dies eine Energiewende Unipers weg von Gas bzw. dem Ziel, bis 2035 im Stromsektor klimaneutral zu sein, noch schwieriger machen.

Neue Gaskraftwerke machen Uniper auf lange Sicht weiter von fossilem Gas abhängig. Zwar verspricht Uniper, die neuen Gaskraftwerke entweder schrittweise auf Wasserstoff umzustellen oder durch Einsatz von CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage; Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund) die Emissionen des fossilen Erdgas-Brennstoffs abzuscheiden. Uniper plant auch Offsetting über Zertifikate. Doch alle diese Optionen bergen große Unsicherheiten und Risken, damit Unipers Ziel zu erreichen, bis 2035 das europäische Stromerzeugungsgeschäft klimaneutral zumindest bei Scope 1 und 2 umgestellt zu haben. Das hat mehrere Gründe:

Bei der Umstellung auf grünen Wasserstoff gibt es noch viele Fragezeichen; von den ungeklärten technischen Voraussetzungen bis hin zur Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Dieser wird wahrscheinlich bis 2035 sehr teuer und kaum in der Größenordnung vorhanden sein, um in Großkraftwerken als Brennstoff wirtschaftlich einsetzbar zu sein.

Die beiden andere Optionen sehen noch schlechter aus. CCS bleibt eine hochumstrittene Technologie, die bis jetzt nicht gezeigt hat, dass sie in notwendig großem Maßstab wirtschaftlich funktioniert. Viele Fragezeichen bestehen, ob eine Endlagerung des CO2 ohne Leckagen auf Dauer möglich sein wird. Das Verfahren ist bei Gaskraftwerken äußert ineffizient und führt bisher zu sehr geringen Abscheideraten. Offsetting ist keine Lösung, bisherige Kompensationsmodelle haben sich als nahezu nutzlos erwiesen, CO2 einzusparen.

Eigener Planungsfall nicht im Einklang mit 1,5 Grad Szenario der IEA bei Nachfrage nach Erdgas

Wie Uniper in seinem Geschäftsbericht für 2023 anführt, geht das 1,5-Grad-Netto-Null-Szenario der IEA verglichen mit dem Uniper-Planungsfall von einem weitaus schnelleren Rückgang der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen aus, insbesondere bei der Nachfrage nach Erdgas im Stromerzeugungssektor. Daher stellt sich hier die Frage, ob sich Uniper nicht das eigene, wesentlich auf Gas basierende Geschäftsmodell mit dem eigenen Planungsfall schönrechnet.

Datteln 4: Juristische Auseinandersetzung schwebt über Zwangsverkauf

In dem weiterhin andauernden Rechtsstreit um das gesundheits-, umwelt- und klimaschädliche Steinkohlekraftwerk Datteln 4 von Uniper hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig Anfang Dezember 2023 das Verfahren zur erneuten Prüfung an das Oberverwaltungsgericht Münster zurückverwiesen. Damit sind wieder alle Kritikpunkte auf dem Prüfstand, etwa die höchst fragwürdige Standortauswahl, den unzureichenden Immissionsschutz oder ungeklärte Naturschutzfragen. Dabei muss Uniper das Kohlekraftwerk gemäß den Auflagen der Europäischen Kommission bis Ende 2026 verkauft haben.

Datteln 4 war 2022 nur zur Hälfte ausgelastet, hat aber 3,82 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid ausgestoßen, hinzu kamen 24,9 Kilogramm des Nervengiftes Quecksilber, 429 Tonnen Schwefeloxide und 1.190 Tonnen Stickoxide.

Standort LNG-Terminal Wilhelmshaven: Chloreinsatz gefährdet sensibles Ökosystem Wattenmeer

Die Reinigung des Rohrsystems des LNG-Terminals von Uniper vor Wilhelmshaven mit großen Mengen von Chlor als Biozid gefährdet massiv die Pflanzen- und Tierwelt im Nationalpark Wattenmeer. Dabei sind umweltfreundlichere Alternativen etwa per Ultraschallreinigung nicht nur möglich, sondern bei anderen LNG-Terminals fest vorgesehen.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats der Uniper SE für das Geschäftsjahr 2023

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Aufsichtsrat von Uniper ist seiner Kontrollfunktion des Vorstandes nicht gerecht geworden, um sicherzustellen, dass dieser seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommt. Uniper kann aus unserer Sicht nicht hinreichend nachweisen, wie menschenrechtliche Risiken in den eigenen Lieferketten effektiv und präventiv minimiert werden.

Weiterhin Blutkohle aus Kolumbien

Gegenüber 2022 hat Uniper seine unter Direktverträgen aus Kolumbien bezogenen Kohle in 2023 um über 50 Prozent gesteigert. Der Anteil lag 2023 bei über 35 Prozent, mehr als aus anderen Ländern.

Der Schweizer Bergbauriesen Glencore steht wegen seiner Minen in Kolumbien seit Jahren in der Kritik. Ein Bericht der Menschenrechtsorganisationen CINEP und Censat Agua Viva, gemeinsam mit Fair Finance International und Oxfam letztes Jahr veröffentlicht, veranschaulicht, wie Glencore sich bereits aus Minen in Cesar zurückgezogen hat, ohne seinen historischen Verpflichtungen gegenüber den vom Kohleabbau betroffenen Gemeinden nachzukommen und umfassende Wiedergutmachungen zu leisten.[1]

Laut dem Portal Intelligence Online belegen Dokumente, dass Glencore Dienstleister beauftragt hat, bei der Durchführung einer Geheimdienstoperation zu helfen, die sich gegen Menschenrechtsgruppen gerichtet und Diplomaten ausspioniert hat.[2] Die Menschenrechtsverletzungen im kolumbianischen Steinkohlebergbau sind Uniper bestens bekannt. Bis heute können wir nicht erkennen, das Uniper effektive Maßnahmen ergriffen hätte, um diese Menschenrechtsverletzungen adäquat zu adressieren.

Aserbaidschan: Gasimporte stützen weiter das aserbaidschanische Regime, das für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist

Uniper hat langfristige Lieferverträge mit der staatlichen Ölgesellschaft Aserbaidschans SOCAR, die dem Unternehmen bis 2045 eine jährliche Gasmenge von bis zu 1,5 Mrd. Kubikmetern Erdgas garantiert.

Als staatlicher Öl- und Gaskonzern untersteht der Konzern direkt dem aserbaidschanischen Diktator Aliyev und die Einnahmen tragen zum Staatshaushalt bei. Das Land ist bekannt für Menschenrechtsverletzungen. Noch dazu kam es zu einer enormen Eskalation, als Aserbeidschan seit Dezember 2022 eine Blockade des Korridors nach Bergkarabach begann. Sie wurde bis Sommer 2023 immer wieder verschärft, sodass schließlich nicht einmal mehr Hilfsgüter oder medizinische durchgelassen wurden. Die Folge war eine humanitäre Katastrophe. Als die aserbaidschanische Armee dann Ende September 2023 Bergkarabach erobert hat, sind innerhalb kurzer Zeit etwa 100.000 Menschen nach Armenien geflohen. SOCAR hat bereits im früheren Angriffskrieg gegen Armenien Kriegspropaganda betrieben. Uniper sollte daher den Gasbezug aus Aserbaidschan einstellen und sofort erklären, diesen nicht weiter auszubauen.

Doch das Gegenteil ist der Fall: SOCAR und Uniper haben im Dezember 2023 ein Kooperationsprogramm für 2024 unterzeichnet. Laut einer Zeitungsmeldung markiert dies einen weiteren wichtigen Schritt in der laufenden Partnerschaft zwischen SOCAR und Uniper im Energiesektor, der die Grundlage für zukünftige gemeinsame Initiativen bildet. Auch im Juli 2023 gab es ein Treffen einer Delegation von SOCAR mit Repräsentanten von Uniper beim Bundesverband für Wirtschaftsförderung. Uniper hat auch im Juni 2023 in Aserbaidschan an der Baku Energy Week teilgenommen. Dieses verstärkte Engagement während der Blockade und Besetzung bzw. nach der Annexion von Bergkarabach ist menschenrechtlich nicht zu rechtfertigen.

Australien: LNG-Kaufvertrag gefährdet Aborigine-Felskunst und Meeresleben

Uniper hat einen Kaufvertrag mit einer Laufzeit von 13 Jahren für LNG aus Scarborough, Australien, abgeschlossen. Scarborough wird Emissionen ausstoßen, die etwa dem Ausstoß von 15 Kohlekraftwerken entsprechen. Das Projekt ist in einem der kulturell und ökologisch bedeutendsten Gebiete Westaustraliens geplant. Die Gasproduktion findet im Meer in einem äußerst sensiblen Ökosystem statt. Wanderrouten von Walen sowie Delfine, Schildkröten und andere Arten sind gefährdet.

Nachdem ein Bundesgericht in Perth zunächst die Genehmigung der seismischen Tests widerrief, genehmigte die zuständige Umweltbehörde schließlich doch den Antrag von Unipers Partner Woodside. Deshalb hat Woodside im Dezember 2023 seismische Tests gestartet. Unterschallschallkanonen erzeugen die lautesten Geräusche im Ozean und stellen eine extreme Gefahr für Wale und viele andere Lebewesen dar.

Am Standort der Gasverarbeitung können die Emissionen außerdem weltweit bedeutsame Felskunst der Aborigines beschädigen. Sie besteht aus über einer Million Felsritzungen, die mindestens 40.000 Jahre alt sind, darunter das älteste Bild eines menschlichen Gesichts.


[1] https://cinep.org.co/publicaciones/producto/glencore-report-en/

[2] https://www.intelligenceonline.com/corporate-intelligence/2023/10/20/glencore-s-covert-ops-in-colombia-part-2-inside-glencore-and-control-risks–intelligence-operation-against-mining-firm-s-critics,110078905-art

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