Abgasskandal, Klimastrategie und China Cables: Unsere Fragen an Volkswagen

A. Verzicht auf Ausschüttung der Dividende und Bildung von Rückstellungen für Konversionsmaßnahmen

  • Die Volkswagen AG schlägt vor, eine Dividende von 4,80 Euro je Stammaktie und 4,86 je Vorzugsaktie auszuschütten. Wäre es nicht besser, wenn die Volkswagen AG Rückstellungen bilden würde für den Ausgleich der Folgen der Corona-Pandemie?
  • Wie hoch beziffern Sie die Kosten, die VW durch die Corona-Pandemie und die Folgen des Lockdowns entstanden sind? Was sind die drei Bereiche, in denen die höchsten Kosten entstanden?
  • Warum haben Sie sich angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation nicht für einen Verzicht auf die Dividenden-Ausschüttung entschieden?
  • Wäre es nicht besser, wenn die Volkswagen AG Rückstellungen bilden würde, um so notwendige Konversionsmaßnahmen für einen verstärkten Umbau des Konzerns in Richtung Elektromobilität voranzutreiben?
  • Aus welchen Gründen sehen Sie keinen Bedarf, mehr in die Verkehrswende zu investieren und damit der Gesellschaft, dem Klima und dem Konzern zu nützen?
  • Warum entwickelt und produziert der Volkswagen-Konzern nicht verstärkt Busse und zukünftig auch andere Fahrzeuge für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr? 
  • Wie hoch sind bis dato die staatlichen Leistungen an VW in Form von Kurzarbeitergeld?
  • Finden Sie es statthaft, dass die Volkswagen AG Dividenden auszahlt, während sie gleichzeitig steuerfinanzierte Staatshilfen für den Verkauf ihrer Autos bekommt?

B. Abgasskandal und Fehler in der Modellpolitik

  • Worauf führen Sie den Bestellstopp für den e-up! zurück? Sind die Ursachen für Lieferschwierigkeiten und Bestellstopps darin zu sehen, dass Nachfragepotenziale unterschätzt wurden?
  • Welche Optionen wurden in den Lieferverträgen für den e-up! für von extern eingekauften elektrischen Komponenten aufgenommen, um Lieferengpässe bei erhöhter Nachfrage zu vermeiden?
  • Wie viele Fahrzeuge des e-up! wurden weltweit 2019 und im ersten Halbjahr 2020 verkauft? Bitte schlüsseln Sie nach Absatzländern auf!  
  • Plant die Volkswagen AG ihre Kund*innen durch zusätzliche, praxisnähere Angabe zu Kraftstoffverbräuchen der Fahrzeuge besser zu informieren?
  • Was sagen Sie dazu, dass besonders bei Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technologie die offiziellen Normwerte und die realen Verbrauchswerte weit auseinanderliegen und der reale Verbrauchswert auch vor allem von Größe, Gewicht, Motorleistung des Verbrennungsmotors und vom Anteil der rein elektrisch zurückgelegten Kilometerleistung abhängt?
  • Wie plant die Volkswagen AG die Käufer*innen von Plug-in-Hybriden zukünftig besser über die bei unterschiedlichen Nutzungsprofielen unterschiedlich hohen realen Kraftstoffverbräuche zu informieren? Sollten keine zusätzlichen Informationen geplant sein, warum nicht?
  • Wie hoch sind die realen Durchschnittsverbräuche der einzelnen Plug-in-Hybrid-Modelle? Bitte zählen Sie diese auf!
  • Wie erklären sie, dass die durchschnittlichen CO2-Flottenemissionen der 2019 in Europa (EU28, Norwegen und Island) zugelassenen Neufahrzeuge (Pkw) der Volkswagen AG laut Nachhaltigkeitsbericht nicht wie angestrebt gesunken, sondern mit 124 g/km CO2 im Vergleich zu 2018 (123 g) und 2017 (122 g) sogar weiter angestiegen sind?
  • Können sie ausschließen, dass die Volkswagen AG die CO2-Flottengrenzwerte auf EU-Ebenen für die Jahre 2020 und 2021 überschreitet, was Strafzahlungen mit sich bringen würde?  
  • Wie beurteilen sie das Urteil des Bundesgerichtshofs, das klargestellt hat, dass der BGH im Verbau von Abschalteinrichtungen durch die Volkswagen AG eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung sieht?
  • Urteile des Bundesgerichtshofs und Einschätzungen des Europäischen Gerichtshofs lassen die Vermutung zu, dass auf die Volkswagen AG weitere Klagen und Entschädigungen zukommen könnten. Was sagen sie dazu?
  • Wie viele außergerichtliche Vergleiche hat die Volkswagen AG weltweit bereits mit geschädigten Kundinnen und Kunden getroffen und wie hoch war die durchschnittliche Vergleichssumme?
  • 2018 lieferte VW rund 50.000 reine Elektroautos und Plug-in-Hybride an Kunden aus. Wie viele reine E-Autos waren es und wie viele Plug-in-Hybride?
  • Wie viele dieser Fahrzeuge lieferte VW 2019 aus? Bitte differenzieren Sie auch hier wieder nach reinem E- und Hybrid-Antrieb.
  • Mit welchem Absatzplus für E-Autos und Plug-in-Hybride rechnen Sie durch die staatliche Kaufprämie in 2020, 2021 und 2022?

C. Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz

  • Bis 2050 will die Volkswagen AG klimaneutral sein. Wie sehen die geplanten Treibhausgasemissions-Reduzierungen in den nächsten fünf, zehn, 15 und 20 Jahren aus?
  • Wenn alle Konzerne weltweit bis 2050 eine Klimabilanz wie die Volkswagen AG hätten, würde sich das Klima um ganze 3,4 Grad Celsius erwärmen. Schlimmer noch: Wenn VW die eigenen (bis Ende 2019 kommunizierten) Klimaziele umsetzen würde, liefe es immer noch auf eine Erwärmung um 3,3 Grad Celsius hinaus. Selbst unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Automobilsektors, liegt die Volkswagen AG damit deutlich über dem Limit für die Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele. Das zeigt ein Bericht des Beratungsunternehmens right. based on science von Ende 2019: https://www.rightbasedonscience.de/. Was sagen Sie zu diesem Bericht?
  • Wie wollen Sie Ihre Klimastrategie mit dem 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens kompatibel werden lassen?
  • Wie hoch ist der Aktienanteil, den BlackRock oder eine ihrer Tochterfirmen an der Volkswagen AG hält?
  • Hat die Volkswagen AG, ähnlich wie es offenbar bei der schwedischen Volvo Group war, von BlackRock einen Brief bezüglich der klimapolitischen Ausrichtung des Konzerns erhalten? Wenn ja, wie war die Reaktion auf diesen Brief? 
  • Sie wandeln das Steinkohlekraftwerk in Wolfsburg in ein Erdgaskraftwerk um, damit das Werk mit Ökostrom betrieben werden kann. Wie sieht es in anderen Werken aus? Beziehen Sie in Ihren Werken Ökostrom und achten sie darauf bei Ihren Zulieferern?
  • Von wo genau bezieht die Volkswagen AG sog. Konfliktrohstoffe wie Kobalt, Lithium u.a.? Wie schließen Sie aus, dass es dabei zu Landraub oder der Vertreibung indigener Bevölkerung kommt?
  • Der Volkswagen-Konzern hat am 1. Juli 2019 eine weltweite Nachhaltigkeitsprüfung (Sustainability Rating) für seine Lieferanten eingeführt. Damit wollen Sie das Nachhaltigkeitsverhalten Ihrer Geschäftspartner in der Lieferkette im Hinblick auf Risiken bei Menschenrechten, Umweltschutz und Korruption überprüfen. Welche Ergebnisse gibt es bisher? Wie viele Verstöße konnten Sie bisher feststellen? Nennen Sie die Länder und die Bereiche (Menschenrechte, Umweltschutz, Korruption)!
  • Überprüfen Sie die Einhaltung der Umwelt-, Menschenrechts- und Korruptionsauflagen an jedem Standort selber oder geben Sie diese Aufgabe an Dritte weiter? Nennen Sie die Firmen, die Prüfungen für die Volkswagen AG vornehmen.
  • Werden die von den obengenannten Verstößen betroffenen Menschen und Gruppen mit befragt? Welche Möglichkeiten haben diese Menschen und Gruppen, sich zu äußern?
  • Inwieweit beziehen Sie die Expertise von Nichtregierungsorganisationen mit ein, um etwaige Verstöße zu verifizieren?

D. Menschenrechte, Uiguren und das VW-Werk in Urumqi

  • VW erfüllt weiter nicht vollständig die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten. VW belegt nicht ausreichend, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Im Vergleich mit den 20 größten deutschen Konzernen sind in dieser Hinsicht 11 Konzerne besser aufgestellt als VW, darunter auch die direkten Konkurrenten. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Business & Human Rights Resource Centre und der ZHAW School of Management and Law von 2019: https://www.business-humanrights.org/de/kurzbewertung-deutscher-unternehmen. Wie wird der Vorstand in Zukunft sicherstellen, dass Volkswagen die UN-Anforderungen in Bezug auf die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten vollumfänglich erfüllt?
  • Das VW-Werk Urumqi liegt in der Autonomen Region Xinjiang, in der der die chinesische Regierung Hunderttausende Uigur*innen interniert hat. Die von der Süddeutschen Zeitung, dem NDR und WDR veröffentlichten geheimen Dokumente der chinesischen Regierung („China Cables“) haben die erschreckenden Details der Internierungen offengelegt. Wo genau dort befindet sich das VW-Werk? Können Sie die genaue Adresse nennen?
  • 25 Prozent Ihrer Mitarbeiter im VW-Werk Urumqi sind Uigurinnen und Uiguren, und dies entspricht dem Anteil der uigurischen Bevölkerung in Urumqi. Gibt es nur so wenige Uiguren mit passenden Qualifikationen oder sind Sie dazu aufgefordert, nur ein Viertel Uiguren einzustellen (Quote)?
  • „VW boss ’not aware‘ of China’s detention camps“: So lautete die Schlagzeile nach einem Interview der BBC mit dem VW-Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess am 16. April 2019 (https://www.bbc.com/news/av/business-47944767). Auf die Frage, ob Sie etwas von Chinas Umerziehungslagern für eine Million Menschen im Westen des Landes wüssten, antworteten Sie tatsächlich: „I am not aware of it.“ („Ich bin mir dessen nicht bewusst.“)
    Mit Ihrer angeblichen Unkenntnis, Herr Diess, haben Sie VW einen beträchtlichen Reputationsschaden zugefügt. Bitte stellen Sie auf der heutigen Hauptversammlung klar: Was genau meinten Sie mit Ihrer Antwort? Waren Sie sich der Umerziehungslager „nicht bewusst“ oder „wussten Sie nichts davon“? Wie ist es möglich, dass Sie zu jenem Zeitpunkt noch nichts darüber wussten? Wer im Vorstand der Volkswagen AG wusste wann etwas von den Umerziehungslagern? Wann wurden Sie darüber unterrichtet?
  • Wer von den verantwortlichen Personen im Vorstand und Aufsichtsrat hat sich für bzw. gegen das Werk in Xinjiang ausgesprochen?
  • In welchem Gremium fiel wann die letzte Entscheidung, ein Werk in Xinjiang zu bauen?
  • Auf welchen vergangenen Sitzungen des Vorstandes und des Aufsichtsrates wurde das Thema eines Werkes in Xinjiang besprochen?
  • Wurden dabei die menschenrechtlichen Risiken und insbesondere die Situation der Uigurinnen und Uiguren in den Entscheidungsprozess einbezogen?
  • Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen, um zur Entwicklung der Region und zum Zusammenhalt der dortigen Bevölkerung beizutragen (Integrationsprogramme, Schutz, etc.)?
  • Welche Sprache wird im Werk gesprochen? Was sprechen die Uiguren? Spielt die Sprache eine Rolle bei der Einstellung?
  • Wie viele uigurische Mitarbeiter*innen haben einen „white collar job“, also eine Position, die mehr als ungelernte Tätigkeiten erfordert? Wie groß ist das Verhältnis in diesen Positionen zu den Han-Chinesen?
  • Gibt es Unterschiede im Gehalt der uigurischen und Han-chinesischen Mitarbeiter*innen auf der gleichen Position im Gehalt?
  • Wie viele Uiguren gibt es im Management (wie hoch ist ihr Anteil)?
  • Wie hoch ist der Prozentsatz der uigurischen Mitarbeiter*innen mit einem Arbeitsvertrag?
  • Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter*innen in dem Werk in Xinjiang und in anderen Werken keine Zwangsarbeit leisten? Achten Sie darauf auch bei Ihren Zulieferern, die z.B. in chinesischem Besitz sind?
  • Sind noch weitere Werke (Ihrerseits) in der Region Xinjiang geplant?
  • Sie haben ein Abkommen mit der bewaffneten Volkspolizei abgeschlossen. Unter anderem beinhaltet diese Kooperation eine Schenkung von zwei Fahrzeugen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Warum wurde diese Schenkung nicht öffentlich kommuniziert? 
  • Welche Leistungen oder Produkte hat VW der Volkspolizei (und umgekehrt) noch entgegengebracht? 
  • Wann wurde von wem dieses Abkommen abgeschlossen? Wer kann es wo einsehen?
  • Fördern Sie somit nicht die Unterdrückung sowie die Bewachung der Internierungslager der Uiguren?
  • Wie rentabel ist das Werk in Urumqi? Wie viel muss VW an die chinesischen Anteilseigner abgeben? Unterscheidet sich diese Quote von jener der Werke an der chinesischen Ostküste? 
  • Menschenrechtsbeobachter*innen raten aus Sicherheitsgründen davon ab, in die Region Xinjiang zu reisen. Wie oft haben nicht-chinesische VW-Mitarbeiter*innen in den letzten 5 Jahren das Werk besucht?

E. Rassistisches Werbevideo

  • Volkswagen hätte den Eklat um ein rassistisches Werbevideo verhindern können. Twitter-Nutzer*innen hätten den Konzern nach SPIEGEL-Informationen frühzeitig auf den problematischen Inhalt hingewiesen. Trotzdem wurde der Clip weiterverbreitet. Was hat der Vorfall im unternehmerischen Handeln verändert?
  • Wie genau wird mit dem Thema Rassismus nun umgegangen?
  • Inwiefern wird nun Werbung überprüft, werden bevor sie veröffentlicht wird?

F. Lobbyismus und Steueroasen

  • Wie viele Personen arbeiten für die Volkswagen AG und ihre Tochterfirmen in den Konzernrepräsentanzen in Brüssel und Berlin?
  • Wie hoch ist das Gesamtbudget der einzelnen Häuser aufgeschlüsselt in Personalkosten, Veranstaltungen und Mieten?
  • Wie hoch waren die Zuwendungen der Volkswagen AG für VDA und ACEA inklusive Jahresbeitrag im Jahr 2019?
  • Was kosteten die Stände aller Konzerntöchter auf der IAA 2019 insgesamt? 
  • Gemäß des Corporate Tax Haven Index befinden sich 67 Tochterfirmen der Volkswagen AG in Steueroasen. Können Sie auflisten, in welchen Ländern, die sowohl laut Schwarzer Liste der EU als auch laut Corporate Tax Haven Index als Steueroasen gelten, Sie wie viel Gewinn erzielen und Steuern zahlen? Bitte geben Sie die Beträge in Euro an.
  • Wie hoch ist der Betrag, der somit nicht als Steuer in Deutschland gezahlt werden musste?

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