Gegenantrag zu TOP 2: Beschlussfassung über die Gewinnverwendung der Volkswagen Aktiengesellschaft
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand über die Gewinnverwendung abzulehnen.
Begründung:
Dieser Dividendenvorschlag ist eine Frechheit: er ist nicht nur sozial und ökologisch unverantwortlich, er untergräbt schlicht alle Bemühungen, Volkswagen aus der Krise zu führen. Dieser Dividendenvorschlag lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder ist die Krise bei Volkswagen doch nicht so groß, wie vom Vorstand und Teile des Aufsichtsrats öffentlich kommuniziert, oder beide Gremien ziehen nicht die richtigen Schlüsse aus der eigenen Problemanalyse.
Wir müssen uns wirklich die Augen reiben: Während in der Berichterstattung die Wörter „Krise“ und „Volkswagen“ nicht mehr zu trennen sind, Gewinne einbrechen, die Beschäftigten auf Lohnerhöhungen verzichten und die Werke in Dresden und Osnabrück geschlossen werden sollen, halten es Vorstand und Aufsichtsrat für angemessen, über drei Milliarden Euro und damit fast den gesamten Bilanzgewinn als Dividende auszuschütten, anstatt diesen in Zukunftsperspektiven zu investieren. Dies passt nicht zusammen. So wird es kaum gelingen, aus der zum größten Teil selbst verschuldeten Krise zu kommen. Es braucht erheblich mehr Investitionen in ein sozial-, umwelt- und klimagerechtes Geschäftsmodell.
Wir können diesem Dividendenvorschlag daher nicht zustimmen. Wir fordern alle Aktionär*innen, insbesondere die Großaktionäre auf, diesem Vorschlag ebenfalls nicht zuzustimmen. Auch das Land Niedersachen hätte schon mittelfristig einen größeren Nutzen, wenn Volkswagen mehr in die eigene Zukunft, insbesondere der Standorte in Niedersachen, investieren würde.
Das Land Niedersachsen muss sich kritisch fragen, ob es das Vorgehen des Vorstands mitträgt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Vorstand einerseits nach staatlicher Hilfe ruft, mit Arbeitsplatzabbau und Werksschließungen droht und andererseits sehr hohe Dividenden ausschüttet. Dieses Verhalten untergräbt die Glaubwürdigkeit des Managements gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und insbesondere gegenüber der eigenen Belegschaft, auf deren Rücken diese Strategie des Vorstands ausgetragen wird.
Doch jeder Appell wird vergeblich sein, schließlich hat die Porsche Automobil Holding SE die Mehrheit der Stimmrechte. Sie agiert damit einmal mehr unverantwortlich gemäß ihrem Eigeninteresse, der Umverteilung der Gewinne zugunsten der Familien Porsche und Piëch, statt in sozial und ökologisch tragfähige Zukunftsperspektiven für die Volkswagen AG. Volkswagen kann sich seinen entscheidenden Großaktionär nicht mehr leisten.
Gegenantrag zu TOP 3: Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2024 amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2024
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Vorstands der Volkswagen AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2024 zu verweigern.
Begründung:
Der Vorstand kommt weiterhin nicht hinreichend seiner sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht. In der aktuellen Krisensituation setzt der Vorstand einseitig auf Einsparungen und geht auf Konfrontation mit der eigenen Belegschaft, statt in neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu investieren. Dies hat zu einem massiven Vertrauensbruch bei vielen Beschäftigten geführt. Sie zweifeln offen, dass der aktuelle Vorstand die richtigen Maßnahmen angeht, und entwickeln eigene Ideen und Vorschläge. So lautete ein Transparent von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten bei der Warnstreikdemo am 2. Dezember 2024 in Wolfsburg: „Lieber Vorstand! Statt Krise und mit Gier – wenn ihr nicht könnt, übernehmen wir!“
Instrumentalisierung der Krise bei gleichzeitig hohen Ausschüttungen
Der Vorstand zeichnet nach außen das Bild einer tiefen Krise, um staatliche Unterstützung (z.B. Kaufprämien) zu fordern oder sinnvolle Vorgaben zum Klimaschutz abzuschwächen. Dabei will er erneut eine sehr hohe Dividende zahlen, siehe unseren Gegenantrag zu TOP 2. So entsteht der Eindruck, dass der Vorstand die Krise bewusst überzeichnet, um Subventionen und Steuermittel abgreifen und notwendigen Regulierungen verhindern zu können. Die dadurch geschaffene Unsicherheit, auch innerhalb des eigenen Konzerns durch das Infragestellen klarer politischer Zeitpläne wie dem Verbrenner-Aus, wird vom Vorstand offenbar in Kauf genommen.
Klimafeindliches Lobbying
Der Vorstandsvorsitzende, Oliver Blume, agiert gleichzeitig in führender Position im Verband der Automobilindustrie (VDA). Unter seiner Mitwirkung hat der VDA aktiv Lobbyarbeit betrieben, um wichtige klimapolitische Regulierungen zu verzögern oder zu verwässern. Dazu gehören Bemühungen zur Verschiebung von Grenzwerten, zur Aufweichung des beschlossenen Endes für Neuzulassungen von Verbrennerfahrzeugen bis 2035 und zur Aussetzung möglicher Strafzahlungen bei Nichteinhaltung von Umweltauflagen. Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu den langfristigen Interessen des Konzerns an einer planbaren Transformation und schadet dem Ansehen von Volkswagen als verantwortungsbewusstem Unternehmen.
Strategische Versäumnisse bei der Elektromobilität
Volkswagen hinkt bei der Markteinführung entscheidender Elektromodelle im Volumensegment hinterher. Der ID.2 wird voraussichtlich erst 2026 in relevanten Stückzahlen verfügbar sein, der ID.1 sogar erst 2027 oder später. Diese Verzögerungen sind ein Zeichen mangelnder strategischer Weitsicht und Umsetzungsgeschwindigkeit des Vorstands. Sie führen dazu, dass Volkswagen wichtige Marktanteile im Zukunftsmarkt der Elektromobilität an Wettbewerber verliert. Die Lobbyarbeit des Vorstands erscheint vor diesem Hintergrund auch als Versuch, eigene Versäumnisse durch regulatorische Erleichterungen zu kompensieren.
Schwache Positionierung im Schlüsselmarkt China und riskante Investitionen
Die vom Vorstand beklagte Absatzschwäche, insbesondere in China, ist hausgemacht. Es mangelt an attraktiven und wettbewerbsfähigen Produkten, die den dortigen Kundenanforderungen entsprechen. Die kürzlich eingegangene und kostspielige Kooperation mit Rivian (Investitionsvolumen bis zu 5,8 Mrd. USD) muss nun unter hohem Druck kurzfristig Ergebnisse liefern, um die strategischen Lücken zu schließen. Dies birgt erhebliche finanzielle Risiken und zeigt, dass der Vorstand die Marktentwicklung nicht rechtzeitig antizipiert hat.
Unklarer Umgang mit menschenrechtlichen Risiken in China
In der gesamten chinesischen Region Ostturkistan/Xinjiang sind gravierende Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit in Gefangenenlagern unter grausamsten Bedingungen vielfach dokumentiert. Zwar hat Volkswagen nun seine umstrittene Fabrik und Teststrecken in der Region verkauft, doch es bleibt weiterhin völlig unklar, ob und inwieweit Volkswagen mit den bekannten menschenrechtlichen Risiken in China angemessen umgeht. Wir können nicht nachvollziehen, wie Volkswagen etwa mit weiteren Audits den eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten effektiv nachkommen kann.
Hohe Bußgelder: Beteiligung an illegalem Kartell gegen wirksame Recyclinglösungen
Die EU-Kommission hat kürzlich unter anderem gegen Volkswagen eine Kartellstrafen in mit rund 128 Millionen Euro verhängt. Volkswagen hatte sich illegalerweise mit 14 anderen Unternehmen beim Recycling von Autos abgesprochen. Durch die Absprachen ist nicht nur der Wettbewerb bei der Entwicklung und Umsetzung von Recyclingstandards und -technologien zumindest eingeschränkt worden, sondern hat sehr wahrscheinlich dazu geführt, dass umweltfreundlichere und effizientere Recyclinglösungen später oder gar nicht erst eingeführt wurden, weil sich die beteiligten Unternehmen insgeheim auf niedrigere gemeinsame Standards oder kostengünstigere Verfahren geeinigt hatten. Einmal mehr hat Volkswagen dreist und unter hohen Risiken die eigenen, kurzfristigen Kosteninteressen über ökologische Verantwortung gestellt.
Gegenantrag zu TOP 4: Beschlussfassung die Entlastung der im Geschäftsjahr 2024 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2024
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Volkswagen AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2024 zu verweigern.
Begründung:
Der Aufsichtsrat ist seiner Aufgabe als Kontrollorgan des Vorstands nicht hinreichend nachgekommen und hat es versäumt, auf Entschädigung für ehemalige Sklavenarbeiter*innen in Brasilien hinzuwirken.
Brasilien: Entschädigung für ehemalige Sklavenarbeiter*innen weiter verzögert
Wir haben seit mehreren Jahren den Vorstand und Aufsichtsrat von Volkswagen mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass es endlich an der Zeit ist, sich nun endlich der Frage nach Entschädigung und Entschuldigung an die vormaligen Sklavenarbeiterinnen und Sklavenarbeitern der VW-Farm Vale do Rio Cristalino in Amazonien stellen muss.
Es geht um die Vorwürfe einer sklavenähnlichen Ausbeutung durch das VW-Tochterunternehmen VW do Brasil am Rande des Amazonasbecken in Brasilien auf der werkseigenen 140.000 Hektar großen Rinderfarm. Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum von 1974 bis 1986, als VW entschied, in das südamerikanische Fleischgeschäft einzusteigen – auf Einladung der brasilianischen Militärdiktatur, die im Gegenzug massive Steuererleichterungen anbot. Für den Aufbau der Farm gab VW do Brasil Rodungen von insgesamt 70.000 Hektar Wald bei Arbeitsvermittlern in Auftrag. Dafür wurden Leiharbeiter eingesetzt, die sklavenähnlicher Zwangsarbeit ausgesetzt waren, hinzu kommen Vorwürfe von Menschenhandel, Folter, Mord und anderen physischen und psychischen Gewalttaten – wohl mit Wissen und Billigung des VW-Vorstands in Wolfsburg, handelte es sich doch um billige Arbeitskraft.
Die brasilianische Justiz spricht von Menschenrechtsverletzungen in hunderten von Fällen und ermittelt dazu seit einigen Jahren. An mindestens drei Treffen mit der brasilianischen Staatsanwaltschaft haben auch Rechtsvertreter*innen von Volkswagen do Brasil teilgenommen. Ende März 2023 wurden die Gespräche zwischen VW und der brasilianischen Bundesstaatsanwaltschaft über eine Einigung wegen mutmaßlicher Sklavenarbeit schließlich von VW einseitig beendet – ohne Angabe von Gründen.
Dieses skandalöse einseitig sich von jeglicher Verantwortung freisprechende Vorgehen von Volkswagen fällt dem Konzern nun krachend vor die Füße: Für den 29. Mai 2025 hat die brasilianische Staatsanwaltschaft infolge der Klageerhebung im Dezember vergangenen Jahres unter der laufenden Prozessnummer „Ação Civil Pública Cível 0001135-97.2024.5.08.0118“ in der Kleinstadt Redenção im brasilianischen Bundesstaat Pará zur ersten formellen Anhörung in besagtem Prozess geladen. Der von der Bundesstaatsanwaltschaft ermittelte Streitwert beläuft sich gegenwärtig auf einen Betrag in Höhe von R$ 165.000.000,00 (derzeit umgerechnet über 25 Mio. Euro).
Volkswagen muss sich endlich auch dieser historischen Verantwortung vollumfänglich stellen. Ende 2020 erfolgte ja bereits die gemischte Entschädigungszahlung von Individualentschädigung und Kollektiventschädigung für die vormaligen Beschäftigten bei Volkswagen do Brasil. Diese waren unter aktiver Kollaboration seitens VWs do Brasil mit den Repressionsorganen der brasilianischen Militärdiktatur ausgeliefert und der Folter in den Kellern der Diktatur übergeben worden.