Modellpolitik, Klimaschutz, Lieferketten, menschenrechtliche Sorgfalt und Frauenanteil: Unsere Fragen an den Vorstand von VW

Dividende

  • Noch immer verkauft die Volkswagen Group zum weitaus überwiegenden Teil Autos mit Verbrennungsmotoren und es gibt beim aktuellen Portfolio erheblichen Verbesserungsbedarf. Große, schwere Autos – egal ob als reiner Verbrenner, als Plug-in-Hybride oder als E-Auto – sind das Gegenteil von Nachhaltigkeit; sie sind Ressourcenfresser. Je höher die Leistung, desto höher der Energieverbrauch. Bei Autos mit Verbrennungsmotor ist das offensichtlich, aber natürlich ist auch nicht jedes E-Auto ein Ökomobil. Sollte Volkswagen nicht einen höheren Anteil des Unternehmensgewinns in den Konzernumbau und in die Entwicklung umweltfreundlicher und ressourceneffizienter Fahrzeuge investieren?
  • Während die Volkswagen AG im Geschäftsjahr 2021 ein längst aus Steuermitteln finanziertes Kurzarbeitergeld für breite Teile seiner Belegschaft erhalten hat, schüttet sie eine im Vergleich zum Vorjahr höhere und mit 7,50 je Stammaktie vergleichsweise hohe Dividende aus. Im Ergebnis werden so Steuergelder, die Beschäftigung sichern und Pleiten verhindern sollten, als Gewinnausschüttungen an Aktionäre weitergeleitet. Sieht so Umverteilung à la Volkswagen aus?
  • Hätte die Dividende nicht weit niedriger ausfallen müssen um mehr Mittel in die Forschung und Entwicklung von Batteriezellen und ressourceneffiziente Fahrzeuge investieren zu können?

Produktion, Modellpolitik und Verkehrswende

  • Seit diesem Jahr muss Volkswagen aus den in Europa verkauften Neufahrzeugen ausgelesene Realdaten über den tatsächlichen Verbrauch ihrer Fahrzeuge an die EU übermitteln. Bei Plug-in-Hybriden ist die Differenz zwischen den übermittelten durchschnittlichen Verbräuchen auf der Straße zu den Werksangaben besonders hoch. Planen sie, ihre Kund*innen unter Zuhilfenahme dieser Realwerte, besser über die Kraftstoff- und Stromverbräuche der Fahrzeuge im Realbetrieb zu informieren?
  • Wie plant VW insbesondere die Käuferinnen und Käufer von Plug-in-Hybriden zukünftig besser über die bei unterschiedlichen Nutzungsprofielen unterschiedlich hohen realen Kraftstoffverbräuche zu informieren? Sollten keine zusätzlichen Informationen geplant sein, warum nicht?
  • Die Auswertung von Transport and Environment zeigt, dass es Volkswagen nur unter Ausnutzung der zahlreichen Schlupflöcher gelang, die europäischen CO2-Ziele für 2021 einzuhalten, obwohl die durchschnittlichen Verbräuche und die damit verbundenen CO2-Emissionen der Verbrenner von Volkswagen und seiner Konzernmarken offenbar kaum gesunken sind. Was sagen sie zu diesem Vorwurf?
  • Wie hoch sind die durchschnittlichen, realen CO2-Emissionen der im Jahr 2021 in Europa verkauften Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor und wie hoch die, der Plug-in Hybride?
  • Volkswagen hat sich in der Vergangenheit vor allem auf die Einhaltung theoretischer Normwerte konzentriert. Wann beendet das Unternehmen diese Praxis und verlegt sich auf die Reduzierung von Realverbräuchen?
  • Der Konzern verliert immer mehr seine DNA. Statt echter ‘Volkswagen‘ werden immer mehr besonders große, schwere und hochmotorisierte Fahrzeuge gebaut. Kurzfristig gut für den Gewinn, aber langfristig kann sich das als Sackgasse erweisen. Was sagen sie vor dem Hintergrund, dass Fahrzeuge wie der ID2 oder ID1 nicht vor 2025 kommen werden, zu dem Vorwurf, dass der Konzern die Entwicklung von kleinen, leichten, ressourcen- und energieeffizienten e-Fahrzeugen vernachlässigt und den Markt den Chinesen überlässt?
  • Stimmt es, dass der ID2 nicht in Europa gebaut werden soll?
  • Wo soll der ID1 gebaut werden?
  • Beim sehr erfolgreichen e-up! gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten und Bestellstopps und der eher als Polo-Nachfolger einzuordnende ID1 kommt nicht vor 2025. Hier ist es nur eine Frage von Monaten, bis chinesische Marken diese Lücke füllen werden. Die Transformation des Konzerns und die notwendige Mobilitätswende werden sich jedoch nicht nur mit immer mehr SUVs bewältigen lassen. Was tut die Volkswagen AG dafür, dass Ihre Kund*innen auch in den nächsten 3 Jahren elektrische Klein- und Kleinstwagen kaufen können?
  • Volkswagen gesteht den Händlern offenbar nur geringe Kontingente des e-up! zu. Einzelne Händler fühlen sich von VW in ihrem Weg zur Elektromobilität nicht nur nicht unterstützt, sondern haben den Eindruck, ihnen würden vielmehr Steine in den Weg gelegt. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass die Volkswagen AG in Europa nur so viele E-Autos verkauft, dass die CO2-Flottengrenzwerte eingehalten werden?

Klimaschutz

  • Der Volkswagen-Konzern hat kein absolutes Ziel für die Emissionsreduzierung festgelegt und stellt daher nicht klar, wie viel von seinem Ziel „CO2-Neutralität“ durch Kompensation erreicht werden soll. Darüber hinaus hat Volkswagen für 2030 intensitätsbasierte Ziele festgelegt und sich auf der COP26 nicht an eine Zusage für saubere Fahrzeuge gehalten, in der sich elf konkurrierende Automobilhersteller verpflichteten, bis 2035 ausschließlich Elektrofahrzeuge zu produzieren. Die Tochtermarke Volkswagen hat sich verpflichtet, Verbrennungsmotoren in Europa zwischen 2033 und 2035 schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen, doch gilt dies nicht für andere geografische Gebiete, und andere Tochtergesellschaften verfolgen nicht dasselbe Ziel. Wie lassen sich die unterschiedlichen Strategien für Volkswagen und andere Tochtergesellschaften rechtfertigen?
  • Erwarten Sie einen Anstieg Ihrer absoluten, realen CO2-Emissionen zwischen heute und 2030?
  • Auf welches absolute Niveau verpflichtet sich der Volkswagen-Konzern, seine Emissionen im Rahmen seiner CO2-Neutralitätsverpflichtung zu reduzieren?
  • Schließen die Ziel-Angaben der CO2-Emissionseinsparungen bis 2030 CO2-Ausgleichszertifikate ein, und zu welchem Umfang?
  • Beinhaltet Ihr Konzept der Klimaneutralität Emissionsausgleichsgutschriften, und zu welchem Umfang?

Fragen zu Klimaklage von Greenpeace

  • Kommende Woche wird erstmals die Greenpeace-Klage gegen die Volkswagen AG vor dem Landgericht Detmold verhandelt. Die Klage zielt darauf ab, dass Volkswagen seine Geschäftsstrategie so weiterentwickelt, dass sie im Einklang mit dem 1,5°C Ziel und dem Klimaschutzabkommen von Paris steht. Konkret wird gefordert, dass Volkswagen ab 2030 weltweit keine Neuwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr verkauft und bis dahin maximal 25 Prozent der abgesetzten Fahrzeuge einen Verbrennungsmotor haben. Weiter zielt die Klage darauf ab das Volkswagen seinen CO2-Fußabdruck bis 2030 um 65 Prozent senkt. In einem vergleichbaren Fall in den Niederlanden ist der Ölkonzern Shell zu deutlich mehr Anstrengungen im Klimaschutz verurteilt worden – mit spürbaren Auswirkungen auf sein Geschäft.  Welche Vorkehrungen hat der VW-Vorstand mit Blick auf das erhebliche unternehmerische Risiko dieser Klage getroffen? 
  • Werden bezüglich möglicher Regressansprüche durch die Klimaklage Rückstellungen gebildet? 
  • Bereitet sich der Konzern darauf vor, nach dem Jahr 2030 weltweit eine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zu bauen?
  • Wann passt die Volkswagen AG ihr Geschäftsmodell mit allen damit verbundenen Emissionen so an, dass es zum Pariser Klimaziel passt, den Temperaturanstieg auf 1,5° Celsius zu begrenzen?

Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und Lieferkettengesetz

  • Die EU-Kommission hat einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgestellt, das europaweit verpflichtende Menschenrechts- und Umweltstandards für Unternehmen schaffen soll. Wie ist Ihre Position zu diesem Gesetzentwurf; welche Regeln finden Sie sinnvoll und welche Kritikpunkte haben Sie?
  • Ab 2023 müssen Sie gemäß deutschem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vorbeugend gegen menschenrechtliche Verstöße im Rahmen Ihrer Auslandsgeschäfte bzw. bei Ihren Zulieferern vorgehen. Was haben Sie konkret dazu an Ihren bisherigen Aktivitäten zur Erfüllung Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten geändert?
  • Von welchen Lieferanten haben Sie 2021 Platinmetalle, Kobalt, Lithium, Nickel und Kupfer in welchem Umfang bezogen? Wie sieht dies aktuell aus?
  • Zu welchen Anteilen hat Volkswagen im Geschäftsjahr 2021 Palladium, Kupfer, Nickel, Titan und Eisenerzerzeugnisse aus der Russischen Föderation bezogen?
  • Plant Volkswagen, diese Einfuhren aus Russland einzustellen und wenn ja, bis wann?
  • Bestehen Lieferverträge mit Nornickel (Norilsk Nickel) und wenn ja, in welchem Umfang und wie sehen Sie das Risiko von Sanktionen?
  • Aus welchen Ländern will Volkswagen die Rohstoffe Palladium, Kupfer, Nickel, Titan und Eisenerzerzeugnisse ersetzen, falls diese bisher zum Teil aus Russland bezogen wurden? Bitte schlüsseln Sie dies nach den genannten Rohstoffen getrennt auf.
  • Gab es im abgelaufenen Geschäftsjahr Menschenrechts- und Umweltklagen gegen die Volkswagen AG? Wenn ja, dann nennen Sie die drei gravierendsten Fälle.

Fragen zum Anmeldeverfahren zu Hauptversammlung

  • Könnten Sie überlegen, Ihre Satzung aktionärsfreundlicher zu gestalten und Vollmachten an Aktionärsvereinigungen und Dritte unmittelbar bei der Bestellung der Eintrittskarten zur Hauptversammlung ermöglichen? Dies würde viel Aufwand und auch Papier sparen und ist zudem die gängige Praxis bei allen anderen Aktiengesellschaften in Deutschland mit Inhaberaktien.

Fragen des dib (deutscher Ingenieurinnenbund); eingereicht von und in Kooperation mit dem Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre

Der dib will die Verwirklichung der Gleichstellung der Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen erreichen. Hierzu zählen gleiche Karrierechancen für Frauen und Männer auch in Ihrem Unternehmen. Insbesondere richtet der dib den Fokus auf Ingenieurinnen.

Themenbereich 1) gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft:

Besetzung des Vorstands

Wir begrüßen die Benennung von 2 Frauen in den Vorstand.Wir bedauern den Weggang von Hiltrud Werner.  Es zeigt leider, dass die Fluktuation von weiblichen Vorständen sehr hoch ist.

1.1) Gibt es eine nur geringe Toleranz innerhalb des Vorstands für Diversity?

Zielgröße für die Besetzung der ersten beiden Führungsebenen

Wir begrüßen die Erhöhung der Frauenanteile von 13,5 % auf der ersten Führungsebene und 18,3 % auf der zweiten Führungebene zum Jahresende 2021. Dennoch sind sie gering. In den letzten Jahren begründeten Sie die geringen Quoten damit, dass „für VW als technikorientierter Konzern die Zielquoten einen hohen Anspannungsgrad darstellen.“ Gleichzeitig nannten Sie die Zahl von 1303 Ingenieurinnen im Unternehmen. Also liegt es nicht an fehlenden Frauen?

1.2) Warum setzen Sie ihre Zielgrößen für die Besetzung der ersten beiden Führungsebenen nicht auch auf 30% analog der Zielgröße für Aufsichtsrat und Vorstand? Liegt es daran: Mit Gesetzen geht es und ohne geht es nicht? 

Themenbereich 2) Unternehmenspolitik

Gesamtzahl der Beschäftigten nach Anteil von Frauen und Männern und nach Ingenieursqualifiktion

2 a) Bitte geben Sie den Anteil von Frauen und den von Männern jeweils in absoluten Zahlen und in Prozentsätzen an, bezogen auf die Gesamtzahl der in Deutschland in Ihrem Unternehmen beschäftigten.
2 b) Möchten Sie Ihren Frauenanteil erhöhen? Welche Zielgrößen haben Sie sich bis 31.12.2023 gesetzt?
2 c) Wie viele studierte Ingenieurinnen arbeiten bei VW (total), wie viele studierte Ingenieure (total)?

Themenbereich 3: Anteil von Ingenieurinnen an Führungspositionen im technischen Produktentwicklungsbereich

Besonders schwierig scheint der Aufstieg von Ingenieurinnen in der technischen Entwicklung zu sein. Obwohl gerade bei der Gestaltung der Produkte eine „diverse“ Entscheidergruppe wichtig ist.

Wie dem Bericht der kritischen Aktionäre vom 6. November 2020 zu entnehmen ist, hat VW in den Vorjahren konkrete Zahlen genannt. Dafür möchten wir uns bedanken. Dies erhöht die Glaubwürdigkeit. Leider malen die Zahlen ein tristes Bild aus Sicht der Ingenieurinnen.

Hier ein Auszug: „Auf die weiterführende Frage des dib e.V. nach weiblichen Führungskräften in diesem Bereich wurde die erschütternd niedrige Zahl von 22 Frauen (3%) genannt. Dieser niedrige Prozentsatz bedeutet eine massive Vereinzelung jeder einzelnen. Die gläserne Decke in der technischen Entwicklung von VW ist im Jahre 2019/2020 nach wie vor solide und quasi undurchlässig für Menschen weiblichen Geschlechts.“

Auch dieses Jahr haben wir, wie in den Jahren zuvor, die auf ihrer Internetseite präsentierten innovativen technischen Gruppen ausgesucht. Wir möchten genau wissen, wo die potentiellen Chancen der Ingenieurinnen im technischen Bereich liegen.

Sofern keine konkreten Zahlen bekannt gemacht werden, gehen wir davon aus, dass dort nur ein sehr geringer oder kein Anteil vorhanden ist.

3.1 a): Nennen Sie uns bitte ihre Antworten in absoluten Zahlen sowie in Prozenten in den folgenden Feldern:

1. Technische Produktentwicklung gesamt, davon insbesondere die Bereiche

1.1 Moderne Antriebstechnik
1.2 Elektronik
1.3 Fahrerassistenzsysteme
1.4 Elektromobilität
1.5 Autonomes Fahren
1.6 Softwareentwicklung

3.1 b) Wie viele Ingenieurinnen gibt es in diesen Feldern und der gesamten technischen Produktentwicklung? (absolut und prozentual)

3.1 c) Wie viele Ingenieurinnen befinden sich auf der obersten Stufe im Tarifbereich mit Potential zur Beförderung ins untere Management? (absolut und prozentual)

3.1 d) Wie viele Ingenieurinnen als technische Entscheiderinnen gibt es (absolut und prozentual)

– im unteren Management [von technisch gestaltenden Gruppen],
– im mittleren Management [von technisch gestaltenden Gruppen]
– im oberen Management [von technisch gestaltenden Gruppen]?

Frage 3.2: Es zeigt sich, dass Fachbereiche unterschiedlich „aktiv“ sind bzgl. Frauenanteile. Das lässt sich nicht auf das Fachgebiet zurückführen. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die verantwortlichen Manager mehr oder weniger für einen Fortschritt in Diversität einsetzen.

3.2 a) Gibt es einen Einfluss auf den Bonus für verantwortliche Manager, falls der Fortschritt in Diversity nicht vorhanden ist?

3.2 b) Wie sehen ihre konkreten Zielvereinbarungen in der technischen Entwicklung zur Erhöhung der weiblichen Führungskräfte aus?

Frage 3.3: Im Jahr 2018 sprachen Sie von einem interessanten Vorhaben, das die Situation von Ingenieurinnen verbessern könnte, dem Projekt Frauen-Transparenz-Karriere in der technischen Entwicklung. Im Jahr 2020 sprachen Sie davon, dass mit diesem Programm mehr als 6 Frauen in das mittlere Management berufen werden konnten.

3.3 a) Ist dieses Programm noch aktiv?

3.3 b) Wie viele Frauen in der Technik sind seit 2020 in Führungspositionen gekommen?

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