VW verscherbelt mit Porsche grundlos sein Tafelsilber

Oliver Blume ist ab dem 19. Dezember Vorstandsvorsitzender von zwei DAX-40-Konzernen

Pressemitteilung des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und des Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL

Bei der außerordentlichen Volkswagen-Hauptversammlung hat der Dachverband eine lange Liste von Kritikpunkten 

Köln/Berlin – Nach mehreren virtuellen Hauptversammlungen findet die außerordentliche Hauptversammlung der Volkswagen AG heute erstmals wieder in Präsenz statt. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre nutzt die Gelegenheit, um direkt vom Rednerpult aus zahlreiche Kritikpunkte zur Sprache zu bringen: Der Verkauf des wertvollen Unternehmensteils Porsche, Ausschüttung einer zu hohen Sonderdividende, personelle Verflechtungen an der Unternehmensspitze, Probleme bei der Einführung neuer Elektromodelle und sowie die immer noch unzureichende finanzielle Entschädigung der Sklavenarbeiter der VW-Fazenda in Amazonien in den 70er Jahren.

„Es ist unverständlich, warum VW mit dem Verkauf der Porsche AG ihr Tafelsilber grundlos verscherbelt“, kritisiert Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands. „In einer Zeit, in der VW Rekordgewinne macht, in der es keine finanzielle Notwendigkeit gibt, wird ein sehr wertvoller Teil des Konzerns veräußert. Am Ende werden vor allem die VW-Kleinaktionärinnen und -Aktionäre dadurch benachteiligt.“  

Volkswagen nahm mit den beim Börsengang im September verkauften Vorzugsaktien und dem Verkauf von Stammaktien an die Porsche SE rund 19 Milliarden Euro ein. 51 Prozent will der Konzern in den Ausbau seines Elektroauto-Geschäfts stecken. 49 Prozent sollen über eine Sonderdividende an die eigenen Aktionäre ausgeschüttet werden. „Aus unserer Sicht hatte der Börsengang nicht zuletzt das Ziel, dass sich die Familien Porsche und Piëch über die Porsche SE die Macht bei Porsche zurückholen“, so Dufner weiter. „Mit 25 Prozent plus eine Aktie können die Familien Porsche und Piëch zukünftig wichtige Entscheidungen blockieren.“

Der Dachverband sieht auch personelle Verflechtungen von Volkswagen und Porsche kritisch. „Für den neuen Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, Oliver Blume, ist es offenbar kein Problem, Porsche-Chef zu bleiben und damit zwei Aktiengesellschaften gleichzeitig zu leiten“, bemerkt Dufner. „Und der Aufsichtsratsvorsitzende von VW, Hans-Dieter Pötsch, ist zugleich Vorstandschef der Porsche SE. Es ist fraglich, ob er zum Wohle beider Unternehmen agieren kann. Beide Personalien sind unter dem Gesichtspunkt guter Unternehmensführung zu kritisieren.“

Porsche als jetzt reine Sportwagen AG muss noch stärker als bisher an der Zukunftsfähigkeit arbeiten“, fordert Jens Hilgenberg, Vorstandsmitglied und Verkehrsexperte des Dachverbands. „Vor allem Nachhaltigkeit und eine Minimierung der eingesetzten Rohstoffe sowie des Energiebedarfs bei Produktion und Betrieb der Fahrzeuge müssen im Mittelpunkt stehen. Hier darf es keine Rückschritte geben.“ Das Ziel von 80 Prozent elektrifizierten Pkw in 2030 müsse auf 100 Prozent vollelektrische Pkw nachgebessert werden. „Porsche darf sich nicht am Wettlauf um immer größere Reichweiten bei batterieelektrischen Fahrzeugen beteiligen, stattdessen muss es Ziel sein, den Strom- und Rohstoffverbrauch zu reduzieren und in eine Kreislaufwirtschaft einzusteigen“, so Hilgenberg.
„Anstatt jetzt enorme Summen an Dividenden auszuschütten, sollte Volkswagen sich lieber seiner historischen Verantwortung stellen und der brasilianischen Staatsanwaltschaft ein Angebot für die finanzielle Entschädigung der Ende der 1970er Jahre auf der VW-Farm Rio Cristalino in Amazonien unter sklavenarbeitsähnlichen Bedingungen gehaltenen Arbeiter*innen unterbreiten“, sagte Christian Russau, Vorstandsmitglied des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. In diesem Jahr hat die brasilianische Staatsanwaltschaft Ermittlungen zu den diesbezüglichen Vorwürfen gegenüber Volkswagen do Brasil eingeleitet. Im Jahr 2019 war es zu einer außergerichtlichen Einigung unter Vermittlung der brasilianischen Bundesstaatsanwaltschaft mit den ehemaligen VW do Brasil-Mitarbeiter*innen des Werks in São Bernardo do Campo im Bundesstaat São Paulo gekommen, die von Mitarbeiter*innen des VW-Konzerns bespitzelt und an die Repressionsorgane der brasilianischen Militärdiktatur ausgeliefert worden waren, wissend, dass in den brasilianischen Gefängnissen gefoltert wurde. „Auch die Arbeiter:innen, die auf der Volkswagen-Farm Rio Cristalino in den späten 1970 bis Anfang der 1980er Jahre unter sklavenarbeitsähnlichen Zwangsverhältnissen gehalten wurden, verdienen Entschädigung“, so Russau.

Kontakt:

Christian Russau, Vorstandsmitglied Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre (ist persönlich vor Ort), Mitglied beim Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Mobil-Tel. 0171-2095585, christian.russau@fdcl.org

Jens Hilgenberg, Vorstandsmitglied Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, jens.hilgenberg@bund.net

Markus Dufner, Geschäftsführer Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre,
Tel. 0221/5995647, dachverband@kritischeaktionaere.de

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