Rede Ulf Georgiew

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Seit einigen Jahren berichte ich auf der Hauptversammlung der Aurubis AG über Umweltbeschwerden am Aurubis-Standort in Bulgarien. Obwohl Bulgarien ein Mitgliedsland der Europäischen Union ist und sich zur Einhaltung der gleichen Umweltstandards wie die anderen Länder verpflichtete, gibt es am Werksstandort Pirdop immer wieder Vorgänge, die nicht den Umweltstandards der EU entsprechen.

Ein Teil der Beschwerden wurde vom Vorstand der Aurubis aufgenommen und beseitigt, so z.B. das Erstellen von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für Investitionsvorhaben. Aber auch in anderen Themengebieten hat es nach unserer Kritik Veränderungen durch den Vorstand gegeben. So werden jetzt seit nunmehr zwei Jahren die bulgarischen Kleinaktionäre der Aurubis Bulgaria bei Dividenden-Zahlungen berücksichtigt. Auf der letztjährigen Hauptversammlung hatten wir das Engagement der Aurubis in Bulgarien zur Förderung eines Radrennens der Australischen Hillsong Church angefragt.  Kurze Zeit nach der Hauptversammlung hat die Aurubis in Bulgarien mitgeteilt, dass man jetzt Fahrradrennen zugunsten von SOS-Kinderdörfern in Bulgarien fördere.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, auf der letzen Hauptversammlung in 2014 fragten wir den damaligen Vorstandsvorsitzenden Herrn Willbrandt,  warum Vertreter von Umwelt- und Bürgerinitiativen aus Pirdop und Zlatica nicht zu einer Nachhaltigkeitskonferenz, die die  Aurubis Bulgarien im Oktober 2013 organisierte,  eingeladen wurden. Herr Willbrandt hat den Aktionären geantwortet, dass Aurubis lediglich die Infrastruktur für die Konferenz geliefert hätte. Im Nachhaltigkeitsbericht 2013,  der wenige Wochen  nach der HV veröffentlicht wurde, heißt es:  AURUBIS BULGARIA IST GASTGEBER DES NACHHALTIGKEITSFORUMS. Im Herbst 2013 fand die dritte Auflage des Forums „Gemeinsam für eine nachhaltige industrielle Zukunft“ statt, welches Aurubis Bulgaria als Gastgeber ausrichtete.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, welche Aussage stimmt denn nun, die des damaligen Vorstandsvorsitzenden oder die aus dem Nachhaltigkeitsbericht?

Im  Oktober 2014 fand erneut eine Nachhaltigkeitskonferenz in Pirdop statt, zu der erneut keine Vertreter der Umwelt- und Bürgerinitiativen eingeladen wurden. Was sind die Gründe, dass die Aurubis keine Umwelt- und Bürgerinitiativen zum  Nachhaltigkeitsforum in Pirdop einlädt?

Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht wird berichtet, dass die Aurubis Nachhaltigkeitsberichte im zweijährigen Rhythmus veröffentlicht. Ergänzend dazu

erscheinen Umweltberichte aller Standorte. Der aktuelle Umweltbericht auf der Internetseite der Aurubis ist aus 2012. In welcher Häufigkeit werden die Umweltberichte erstellt? Wird es Umweltberichte zu den Zeiträumen 2013 und 2014 noch geben?

Auf der Web-Seite der Aurubis Bulgaria wird als aktuelles Umweltzertifikat ein Zertifikat  der  renommierten LQRS Lloyd präsentiert, welches eine Gültigkeit bis zum 14.03.2015 besitzt. Gibt es für die Aurubis Bulgaria eine aktuelle Umweltzertifizierung nach ISO 14001?

Es gab in 2014 Umweltvorfälle am bulgarischen Standort der Aurubis, die wir vom Vorstand der Aurubis erklärt haben möchten.

Im Juli 2014 wurde auf dem Gelände der Aurubis mit dem Bau eines neuen  Depots für Schwermetalle begonnen, ohne dass hierfür die notwendigen Genehmigungen der bulgarischen Behörden vorlagen, ohne  die  EU-Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung  inkl. Anhörung von betroffenen Personengruppen wie Anwohner und  NGOs. Die Dokumente wurden erst im August 2014  von den bulgarischen Behörden bzw. im September 2014 von Aurubis erstellt. Warum wurde mit dem Bau der Deponie ohne erforderliche Genehmigung begonnen? Wie wird  Aurubis am Standort Pirdop sicherstellen, dass Baumaßnahmen künftig rechtskonform durchgeführt werden?

Wie lange werden Schwermetallrückstände wie Kalzium-Arsen aus dem Produktionsprozess auf dem Betriebsgelände der Aurubis gelagert? Gibt es ein Endlagerkonzept für diese Stoffe?

Das Land Bulgarien und auch der  Werksstandort Pirdop wurden im letzten Jahr von schweren und lang andauernden Regenfällen heimgesucht. Der Fluss Topolonitza, in den Aurubis und Lieferanten der Aurubis  schwermetallhaltiges Abwasser einleiten, trat mehrfach über die Ufer. Flusswasser überflutete Landwirtschaftsgebiete und Dörfer. Schwermetallhaltiges Flusswasser gelangte ins Erdreich der überschwemmten Gebiete. Umweltmessungen wurden in keinem Fall an den Orten der Überschwemmungen durchgeführt. Die dortige Bevölkerung wird nicht über die Gefahren beim Trinken von Wasser aus den Brunnen informiert oder über Risiken beim Verzehr von Obst und Gemüse der kontaminierten Landwirtschaftsflächen gewarnt. Meine Frage: Welche Hilfeleistungen haben Aurubis und die Lieferanten der Aurubis der betroffenen Bevölkerung erbracht?

Auch das Betriebsgelände der Aurubis blieb von den Regenfällen nicht verschont. Ein Teil der vorhandenen Fayalit-Tailinganlage lief über. Es wurden kurzfristig Aufschüttungen an den Rändern des Tailings aufgetragen, jedoch ohne notwendige Abdichtungen zu berücksichtigen, so dass auch hier wieder Schwermetalle ins Erdreich gelangten. Über den Umweltvorfall wurde die Öffentlichkeit nicht informiert.

Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für eine neue Tailinganlage für Kalzium-Arsen-Abfälle und der Erweiterung des vorhanden Fayalit-Tailings haben wir bei Aurubis bzgl. Umweltrisiken der geplanten Anlagen angefragt,  u.a. ob die in der UVP zugrunde gelegten Höchst-Niederschlagsmengen  von 100l/m² am Tag nicht zu knapp seien, und ob nicht ein Überlaufen der Tailings zu befürchten sei. Es wurde uns geantwortet, dass praktisch keine Risiken bzgl. Starkregen in der Praxis existieren, da es auf dem Werksgelände technische Anlagen gebe, die dies verhindern.

Im September 2014 wurde eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung der Aurubis für nunmehr drei Tailings der Öffentlichkeit vorgestellt. Sehr geehrter, Herr Vorsitzender, wie viele Tailings werden noch geplant? Sind alle Maßnahmen aus dem Investitionsprojekt 2014, dessen Abschluss uns auf der letzten Hauptversammlung für Ende 2014 mitgeteilt wurde, umgesetzt?

In der aktuellen UVP werden in der Risikobewertung aufgrund von Starkregen jetzt Risikoschutzfaktoren von 150l/m² statt der 100l/m² angesetzt. Mit Erhöhung der Risikoschutzfaktoren ist aber auch eine  Änderung der Reserveflächen der geplanten Tailings verbunden. In der UVP wird jetzt von einer Flächenerweiterung der Tailings um nunmehr 35 ha berichtet. Das sind Flächen,  die der Biodiversität langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen.

Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns wird lediglich das Europaschutzgebiet Natura 2000 in Hamburg erwähnt. Das Aurubis-Werk in Pirdop, welches in unmittelbarer Nähe an drei Natura-2000 Schutzgebiete angrenzt, wird nicht genannt. In den jährlichen Umwelterklärungen als auch in den UVPs der Aurubis Bulgaria wird dem Umstand des Schutzes der Biodiversität nur oberflächlich Bedeutung  beigemessen, so heißt es im letzten Bericht, dass noch nie geschützte Vogelarten auf dem Betriebsgelände der Aurubis gesehen wurden.

Eigens für die Aurubis Bulgarien wird eine Gasleitung von der Stadt Panagurishte nach Pirdop über eine Entfernung von ca. 40 km gelegt, ca. 30 km des Leitungsnetzen verlaufen durch Natura 2000-Gebiete. 

Sehr geehrter Herr Vorstandvorsitzender, Unternehmen aus dem DAX wie Volkswagen, HeidelbergCement haben ein Biodiversitätsmanagement-System implementiert, um den Herausforderungen des Klimawandels und Artenschutzes gerecht zu werden. 

Wir sind der Meinung, dass es auch für die Aurubis an der Zeit ist, ein Biodiversitäts-management-System zu implementieren, gerade an Standorten, die in unmittelbarer Nähe von Schutzgebieten liegen.

Wir sind auch der Meinung, dass sich  Aurubis verpflichten sollte,

  • die Auswirkungen seiner Unternehmensaktivitäten auf die biologische Vielfalt zu analysieren;
  • den Schutz der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Nutzung in das Umweltmanagementsystem aufzunehmen;
  • eine verantwortliche Stelle im Unternehmen einzurichten;
  • messbare und realistische Ziele zum verbesserten Schutz der biologischen Vielfalt und ihrer nachhaltigen Nutzung festzulegen;
  • alle Aktivitäten und Erfolge im Bereich der biologischen Vielfalt im Jahres, Umwelt- und im Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen;
  • Zulieferer über die Biodiversitätsziele der Aurubis zu informieren und diese einzubinden;
  • mit Stakeholdern inklusive Naturschutzorganisationen Kontakt aufzunehmen und zu kooperieren.

Dies wäre ein positives Signal gegenüber den Naturparkverwaltungen, aber auch gegenüber den anderen Aktionären. In dem Zusammenhang frage ich Sie, Herr Vorstandsvorsitzender: Werden Sie ein Biodiversitätsmanagement bei Aurubis einführen? Und wenn ja, wann?

Sehr geehrter Herr Vorstandvorsitzender, wir haben Beschwerden von der Partei „Die Grünen“ aus Bulgarien zu Lieferanten der dortigen Aurubis erhalten. Der Lieferant ist Dundee Precious (Tschelopetch Mining), der die Aurubis direkt mit Pyriten und indirekt mit Kupferkonzentraten versorgt. Aufgrund ihres hohen Arsengehaltes dürfen die Kupferkonzentrate nicht unbehandelt von Aurubis verarbeitet werden. Die Verarbeitung erfolgt in eine Tochtergesellschaft der Dundee Precious in Namibia.

Die Beschwerden gehen dahingehend, dass der Lieferant an einem anderen Standort in Bulgarien eine Goldmine betreiben will, deren Gold im Zyanid-Verfahren gewonnen werden soll. Das Unternehmen plant den Betrieb, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. NGOs und Umweltparteien befürchten Umweltrisiken für die dortige Bevölkerung und die Biodiversität.

Im letzten Nachhaltigkeitsbericht der Aurubis wurden die Aktionäre informiert, dass ein Lieferantenscreening durchgeführt wird. Wie sind die Ergebnisse in Bulgarien? Wie sind die Ergebnisse an den anderen Standorten? Werden Sie bei Unternehmen, die sich nicht an die Umweltstandards halten, Konsequenzen ziehen? Werden Sie Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen begehen, von Vergabeprozessen ausschließen?

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, des Weitern bitte ich um folgende Auskunft:

  • Aus welchen Minen werden die Kupferkonzentrate für die Aurubis bezogen, ggf. Aufschlüsselung nach Ländern?
  • Bezieht die Aurubis Kupferkonzentrate aus der Freeport Mine in Westpapua?
  • Wenn ja, wie hoch ist der Anteil und wie lässt sich das mit der konzernweit gültigen Richtlinie zur Vermeidung des Bezugs von Rohstoffen aus Konfliktregionen in Einklang bringen?

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre setzt sich derzeit im Rahmen seiner Kampagne „Meine Stimme für gerechte Löhne“ für existenzsichernde Löhne, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Vereinigungsfreiheit von Beschäftigten in Aktiengesellschaften und ihren Zulieferfirmen ein. Dazu haben wir DAX-30- und M-Dax-Unternehmen befragt.  Ich freue mich, dass Aurubis die von uns eingereichten Fragen bereits schriftlich beantwortet hat.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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