Rede Ulf Georgiew

„Es wäre ein starkes Zeichen, wenn Aurubis in Naturschutz und Biodiversität investieren würde“: Ulf Georgiew fordert Verantwortung für Umweltschäden ein

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Ulf Georgiew, und ich spreche hier für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.

Zunächst möchte ich den Vorstand zum Tagesordnungspunkt 3:“Entlastung des Vorstands“, über Vorgänge im abzustimmenden Wirtschaftsjahr befragen.

Die Aurubis hat im laufenden Wirtschaftsjahr eines der besten Ergebnisse in ihrer Unternehmensgeschichte eingefahren, mit einem noch nie dagewesenen Umsatz in Höhe von 7,5 Mrd. Euro und einem Gewinn in Höhe von 148 Mio.Euro. Die Leistung wurde zu 48,7% an Standorten in Deutschland und zu 39,7% an Standorten innerhalb der Europäischen Union erwirtschaftet. Die zwei besten Unternehmen der Aurubis außerhalb Deutschlands waren die Cumerio Austria GmbH mit einem Ergebnis vom 101 Millionen € und die Aurubis Bulgaria AD mit 177 Millionen Euro. Die Cumerio Austria GmbH ist zu 99,98% Anteilseigener an der Aurubis Bulgaria AD. Hierzu meine Frage: Wie hoch ist der Ergebnisanteil der Aurubis Bulgaria AD an der Cumerio Austria? Wie hoch ist das tatsächliche Ergebnis der Aurubis Bulgaria AD, wie hoch ist dessen Anteil am Gesamtergebnis der Aurubis?

Meine sehr geehrten Aktionäre und Aktionärinnen, im vergangenen Jahr hatte ich auf der Hauptversammlung über die katastrophalen Zustände des Regional- Krankenhauses am bulgarischen Standort in Pirdop berichtet und den Vorstand um geplante Unterstützungsleistungen angefragt. Diese wurde vom Vorstand der Aurubis in Abhängigkeit von Leistungen der örtlichen Kommunen in Aussicht gestellt.

Auf der letztjährigen Hauptversammlung befragte ich den Vorstand über die Nichtteilnahme von Aurubis-Vertretern auf einer Sitzung der Gemeinderäte.

Hier haben Sie uns, Hr. Schachler, geantwortet, dass die Aurubis nicht zu der Veranstaltung eingeladen wurde.

Meine sehr geehrten Aktionäre und AktionärInnen, die Aurubis wurde zu der Veranstaltung eingeladen, sie hat sogar auf die Einladung schriftlich zurück geantwortet. Vom Gemeinderat der Gemeinde Zlatica wurde uns auf Anfrage eine Kopie der Aurubis Absage ausgehändigt. 

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, warum erhielten wir damals nicht die richtigen Informationen von Ihnen? Wie stellen Sie sicher, dass dies künftig nicht mehr passiert?

Am Ende des Jahres 2017 demonstrierte erneut das Krankenhauspersonal für die Erhaltung des Krankenhauses, nachdem festgestellt wurde, dass einige Kommunen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind. Dadurch ist die Finanzierung des Betriebs nicht gewährleistet. Erneut ist eine Schließung des Krankenhauses Pirdop in der Diskussion. Sie wäre nur aufzuhalten, wenn weiter an der Qualität der medizinischen Leistungen und der Infrastruktur gespart wird. Mit der Folge, dass notwendige medizinische Abteilungen schließen, Angehörige der Patienten weiter die Verpflegung übernehmen müssen, das Krankenhaus nicht ausreichend beheizt wird, der Fuhrpark für Erste-Hilfe bzw. Katastropheneinsätze mit lediglich 3 Fahrzeugen gesichert wird. Im Ernstfall bzw. bei einer Havarie kann dies zu einer drastischen Einschränkung der Rettungseinsätze führen.

Im aktuellen Entwicklungsbericht der Gemeinde Pirdop heißt es, dass die Gemeinde Pirdop nicht über die notwendigen Ausrüstungen verfügt, um eine gute und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu leisten. Um dies zu bewerkstelligen, bedarf es einer materiellen Basis, die nicht vorhanden ist.

Ich selbst habe im vergangenen Jahr den Worste-Case am Standort Pirdop erfahren. Nachdem der Großvater meiner Kinder dort einen Herzinfarkt erlitten hatte und kein Mitarbeiter der Notfallstation telefonisch erreicht werden konnte. Über private Nummern wurden Krankenhausärzte informiert. Der Rettungswagen kam erst nach 45 Minuten. Die Beerdigung fand am nächsten Tag in Pirdop statt, weil es keine Aufbewahrungsmöglichkeiten für Verstorbene in der Region gibt.

Hierzu meine Frage an den Vorstand, gibt es eine mittelfristige und langfristige Strategie der Aurubis zur Gesundheitsprävention am Standort Pirdop, bei der auch das örtliche Regionalkrankenhaus berücksichtigt wird? Welche Anstrengungen werden vom Vorstand unternommen, dass auch die Qualität der medizinischen Betreuung und dessen Infrastruktur verbessert werden? Im Notfall- und Havarieplan der Aurubis ist das Krankenhaus Pirdop als nächster medizinischer Stützpunkt in einem Havariefall definiert. Werden Sie nach den Erkenntnissen über die Missstände am Krankenhaus den Notfall- und Havarieplan überarbeiten? Werden Sie die Stakeholder inklusive Aktionäre der Aurubis AG über die Maßnahmen informieren? Wenn, ja wie wird sie erfolgen? In Anbetracht der hohen Gewinne der Aurubis AG, die am Standort Pirdop erwirtschaftet wurden, werden Sie dies zum Anlass nehmen, den Beitrag der Aurubis an der Bewirtschaftung des Krankenhauses angemessen zu erhöhen? Als angemessen betrachten wir die gleichen Ausgaben, wie die Aurubis für die Mitarbeiter an deutschen Standorten für die Abgaben an die Krankenversicherungen abführt.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, seit einigen Jahren befrage ich auf der Hauptversammlung der Aurubis den Vorstand zu dessen Aktivitäten im Bereich der Biodiversität an. Hierbei geht es insbesondere um den Schutz der Artenvielfalt an Produktionsorten, die in bzw. unmittelbar an Natura-2000-Schutzgebiete angrenzen und den Habitat- und Vogelsschutzrichtlinien unterliegen.

Der Beginn von Maßnahmen am Standort Hamburg und die Kooperation der Werksleitung mit dem NABU sind sehr begrüßenswert, jedoch noch nicht ausreichend.

Es fehlt eine klare Zielsetzung für Naturschutz und Biodiversität. Es wird zu wenig zum Schutz der Artenvielfalt getan und zu wenig Kompensationsmaßnahmen für die Auswirkungen durch Wegfall von natürlichen Räumen auf Werksgeländen durchgeführt, wie z.B. in Pirdop, wo aktuell der Bau eines weiteren Schwefelsäuredepot oder der Ausweisung einer Fläche für die Deponierung von bis zu 66 heißen Schlackezisternen mit jeweils einem Fassungsvolumen von bis zu 13m³ in der Planung sind. 

Im aktuellen Geschäftsbericht der Aurubis sind keine Informationen zu Aktivitäten des Konzerns im Bereich der Biodiversität  aufgeführt. Obwohl dies von Hr. Dr. Drouven auf der Hauptversammlung der Aurubis im Jahr 2015 den Aktionären zugesichert wurde. Nach wie vor werden die drei EU-Natura-2000-Gebiete und der Nationalpark Zentralbalkan um den Produktionsstandort Bulgarien in keinem der von Aurubis AG herausgegebenen Umwelt- und Geschäftsberichte erwähnt.

Meine sehr geehrten Aktionäre und Aktionärinnen, die Weltorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat vor wenigen Tagen den nur wenige hundert Meter vom Werksgelände der Aurubis in Pirdop beginnenden Zentralbalkan Nationalpark wegen seiner Buchenurwälder als Weltnaturerbe der UNESCO eingestuft. Auf die Gesamtfläche der Gemeinde Pirdop entfallen 62% auf die Vogelschutzrichtlinie und gar 70% auf die Habitatrichtlinie des europäischen ökologischen Netzwerkes Natura2000. Trotz der relativen kleinen Gemeindefläche von Pirdop gibt es eine reiche und einzigartige Tierwelt, u.a. Rebhühner, Wölfe, Schildkröten und ca. 200 Vogelarten.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, warum finden die drei Natura2000- und das neue UNESCO-Schutzgebiete im näheren Umkreis des Aurubiswerks im Pirdop von Ihnen keine Berücksichtigung? Wann werden Sie die Situation anerkennen, und die  gewählte Unternehmenspolitik der Nachhaltigkeit auch im Bereich der Biodiversität umsetzen?

Die Aurubis muss in Bulgarien keine CO2-Zertifikate für seine direkten und indirekten für CO2-Emmisionen einkaufen, weil Bulgarien vom Emmissionshandel befreit ist.

Hier wäre es ein starkes Zeichen für den Umwelt- und Naturschutz, wenn Aurubis Investitionen für Schutzmaßnahmen in Naturschutz- und Biodiversität in den Natura-2000 Gebieten in Pirdop tätigt, wie selbst an CO2-dort ausstößt , zu den Konditionen, wie sie aktuell für handelspflichtige CO2-Zertifikate in Deutschland gehandelt werden.

Auch wäre es ein nachhaltiges Zeichen, wenn die Aurubis bei regionalen Infrastrukturprojekten, von denen sie sehr stark profitiert, wie aktuell dem

Bau einer Gaspipline von der bulgarischen Stadt Panagurishte nach Pirdop, die durch Natura2000- Schutzgebiete im Sredna Gora-Gebirge führt, auf die Anwendung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Interesse des Naturschutz und Biodiversität besteht und dies deutlich öffentlich kommuniziert. Dies gilt im übrigen auch für Tätigkeiten von Lieferanten der Aurubis in geschützten Natura2000-Gebieten.

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, vor einigen Jahren hatte ich den damaligen Vorstandsvorsitzenden Willbrandt über den Zugang zu aktuellen Informationen über Umweltdaten des Aurubis Werkes am Standort Pirdop angefragt. Hier antwortete Herr Willbrandt uns Aktionären, dass die Aurubis die ermittelten Umweltdaten an die Gemeinde Pirdop weiterleitet, die diese dann veröffentlicht. Auf der Homepage der Gemeinde Pirdop sind die jüngsten Umweltdaten für den Werksstandort Pirdop aus dem Jahr 2009. Die Aurubis erstellt für das Werk in Bulgarien eine jährliche Umwelterklärung, die aber nicht auf der Homepage der Aurubis Bulgaria bzw. Aurubis AG veröffentlicht wird. Hierzu meine Frage an den Vorstand, warum werden Umwelterklärungen der Aurubis-Werke in Deutschland auf der Webseite veröffentlicht, und die der Aurubis Bulgaria nicht? Wie stellen Sie sicher, dass die Bevölkerung in Pirdop und Zlatica über die Umweltauswirkungen des Aurubiswerks ausreichend und zeitnah informiert werden?

Meine sehr geehrte Aktionärinen und Aktionäre, vor fast genau 10 Jahren hat die damalige Norddeutsche Affinerie, die Mehrheit am belgischen Cumeriokonzern erworben, und somit auch die Kupferhütte in Bulgarien, welche damals unter Cumerio Bulgarien A.D. firmierte. Mit der Übernahme der Cumerio Bulgaria wurden auch Verpflichtungen aus der Zeit der Privatisierung der Kupferhütte in 1997 mit übernommen, so z.B. der Betrieb der Schwermetalltailinganlage „Blaue Lagune“.

Dies war eine Forderung für den günstigen Kaufpreis von damals 80 Millionen Dollar. Zum Vergleich, der aktuelle Gewinnbeitrag der Aurubis Bulgaria zum Konzernergebnis der Aurubis AG beträgt 148 Millionen Euro, also fast das Doppelte des eigentlichen Verkaufspreises bei der Privatisierung. Neben der Verpflichtung zum Betrieb der sanierten Schwermetalltailinganlage, die im übrigen in keinem Umweltbericht der Aurubis erwähnt wird, war eine weitere Auflage der  Privatisierungsagentur, dass das Werk für den Verlust der ehemals 2.600 Arbeitskräfte auf heute ca. 845 Aurubis Mitarbeiter Kompensationsleistungen  durchführt.

Den beiden anliegenden Gemeinden werden von der Aurubis Ausgleichszahlungen in Höhe von umgerechnet ca. 230.000€ für Ausgleichsprogramme jährlich gewährt. Für den Verlust der 1.755 Arbeitsplätze entspricht dies ein Ausgleich von 131€ pro verlorengegangen Arbeitsplatz im Jahr.

Offiziell heißt es aber bei Aurubis, dass jedes Jahr die Aurubis 230.000 bulgarische Lv, also ca. 115.000€, jeweils an die Gemeinden Pirdop und Zlatica spendet. Hierbei werden jeweils zwischen den beiden Bürgermeistern und dem Geschäftsführer der Aurubis Partnerschaftsverträge unterzeichnet. Eine interne Organisation des Nachhaltigkeitsmanagement der Aurubis, die aus 20 Mitarbeitern der Region besteht, und die am besten die Bedürfnisse in den Gemeinden kennen, erarbeiten Vorschläge, über die dann die Geschäftsführung entscheidet. Die Mittel werden dann häufig auf 5 bis 6 Organisationen aufgeteilt, darunter Galerien, Sportvereine, Ensemble und Schulen.

Sehr geehrter Herr Schachler, laut dem Fortschrittsbericht der Gemeinde Pirdop schrumpfte die Einwohnerzahl von Pirdop seit 2011 um 10,4%. Der demokratische Wandel beschleunigt die Zahlen, so gibt es eine Überalterung in der Bevölkerung, bei gleichzeitiger Abwanderung von Arbeitskräften, weil die potentiellen Beschäftigungsmöglichkeiten abgenommen haben. Trends in der Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit haben sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote in Pirdop über den Landesdurchschnitt.

Dies betrifft vor allem Arbeitslose über 40 Jahre und Frauen.

Laut Auskunft eines Gemeinderatsmitglieds der Gemeinde Zlatzia haben sie bei der Auswahl der Projekte kein Vorschlags- und Mitbestimmungsrecht.

Bei dem Ausgleichsprogramm, jetzt Partnerschaftsabkommens, zwischen den beiden Kommunen und Aurubis werden auch Maßnahmen, die in keinem Zusammenhang mit der Kompensation von Arbeitsplatzverlusten auf Grund der Werksprivatisierung in 1997 stehen, gefördert, wie z.B. die Einrichtung des Juri-Gagarin-Museums in Zlatica oder der Förderung einer Fussballschule, die sich 250km entfernt vom Aurubis-Produktionsstandort befindet.

Hierzu meine Frage an den Vorstand: Können Sie sagen, wie viel Arbeitsplätze pro Jahr durch diese Maßnahmen im zurückliegenden Wirtschaftsjahr geschaffen wurden? Gibt es eine lang- und mittelfristige Strategie für die Mittelverwertung in Abhängigkeit von einzurichtenden Arbeitsplätzen? Wie schließen Sie aus, dass die Mittel nicht zweckentfremdet werden? Werden Sie eine Transparenz in der Mittelvergabe mit öffentlichen Trägern einführen, z.B. durch die Einrichtung einer Stiftung, welche paritätisch besetzt ist und zeitgleich Integrität sicherstellt?

Genaue Mitarbeiterzahlen der Aurubis in Bulgarien konnte ich in keinem der aktuellen Geschäftsberichte eruieren. Deshalb bitte ich Sie um Auskunft, wie viele Mitarbeiter hat die Aurubis am Standort Pirdop, wie viele Auszubildende hat die Aurubis am Standort Pirdop? Wie viele Praktikanten haben im zurück liegenden Wirtschaftsjahr für die Aurubis gearbeitet? Wie viele Praktikanten wurden am Ende des Praktikums übernommen? Werden Sie im kommenden Wirtschaftsjahr Programme für die besonderen benachteiligten Erwerbslosen, die Gruppen für die der Über-40-Jährigen und Frauen am Standort in Pirdop einrichten?

In diesem Jahr jährt sich zum 60.Jahrestag die Eröffnung der Kupferhütte in Pirdop, die in der Zeit des Totalitarismus von 1954-1958 errichtet wurde. Planen Sie hierzu Veranstaltungen?

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 4. Entlastung des Aufsichtsrats.

Sehr geehrter Herr Aufsichtsratsvorsitzender, seit Jahren kritisieren wir und nicht nur wir, die Laissez-faire Haltung der Aurubis in Bezug auf Einhaltung der Sorgfaltspflicht der Einhaltung der Menschenrechte in der Lieferkette der Aurubis.

Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr besuchte eine Bürgerinitiative aus Peru auf Einladung einer bulgarischen NGO auch den bulgarischen Aurubis Standort Pirdop. Dort berichteten sie über Menschenrechtesvergehen und Drohungen von Sicherheitsfirmen des Minenbetreibers Glencore gegenüber den Umweltaktivisten und Bürgerrechtlern. Sie berichteten über Umweltverschmutzungen und Krankheitsfolgen für die Bevölkerung durch den Minenbetreiber. Der Minenbetreiber ist ein Lieferant der Aurubis. Welche Aktivitäten führte der Aufsichtsrat durch, um die Einstellung von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen von Lieferanten der Aurubis beim Vorstand der Aurubis einzufordern?

Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender, sehr geehrte Aktionäre, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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