Ernüchternde Bilanz für Südafrika-Engagement der BASF

  • Studie zeigt weiterhin verschlechterte Lebens- und Arbeitsbedingungen bei BASF-Zulieferer Sibanye-Stillwater
  • Prekarisierung, Spaltung und fehlende Gerechtigkeit auch fast elf Jahre nach Massaker von Marikana und mehreren Jahren Engagement der BASF
  • Diskussionsveranstaltung, Protest und Interventionen zur BASF-Hauptversammlung für mehr Lieferkettenverantwortung

Anlässlich der BASF-Hauptversammlung am 27. April in Mannheim fordert die südafrikanisch-europäische Kampagne Plough Back the Fruits von dem Chemiekonzern ein wirkungsvolleres Engagement bei seinem südafrikanischen Platin-Zulieferer Sibanye-Stillwater.

Nach dem Massaker von Marikana 2012, bei welchem 34 streikende Minenarbeiter erschossen wurden, sollten die Verantwortlichen nicht nur zur Rechenschaft gezogen, sondern auch die prekären, teils unmenschlichen Lebensbedingungen in den Bergbaugemeinden nachhaltig verbessert werden. Nach zivilgesellschaftlichem Druck, ihrer Lieferkettenverantwortung gerecht zu werden, ist dazu auch die BASF mit Sibanye-Stillwater in Austausch getreten und führte Audits durch. Doch die Arbeits- und Lebensbedingungen in Marikana haben sich seither kaum verbessert – zum Teil haben sie sich sogar verschlechtert.

Niren Tolsi, Journalist aus Südafrika, der auch auf der Hauptversammlung der BASF sprechen wird, berichtet: „Ich habe mich die letzten zehn Jahre mit den Nachwirkungen von Marikana beschäftigt, ich bin oft dorthin zurückgekehrt und mache es weiterhin. Spricht man dort mit den Minenarbeiter_innen und der lokalen Bevölkerung, sind sie sich einig: Die sozioökonomischen Bedingungen sind viel schlechter als noch vor zehn Jahren. Die neue Bergbaugesellschaft, die den Betrieb von Lonmin gekauft hat, Sibanye Stillwater, scheint sich auch nicht um die Arbeiterschaft zu kümmern. Auf den Hüttengelände rund um Marikana gibt es weiterhin weder Strom noch Wasser. Das Wanderarbeitssystem gibt weiterhin den Ton an; es zerstört Familien und Individuen. Sicherheit bleibt unter Tage ein Thema. Minenarbeiter_innen werden immer noch schlecht bezahlt. Einige der während des Streiks 2012 kommandierenden Polizisten sind jetzt bei Bergbauunternehmen angestellt, um deren Sicherheitsabteilung zu leiten. Drogenmissbrauch und geschlechtsspezifische Gewalt bleiben große Probleme in den Minen.“

Eine letztes Jahr veröffentlichte Studie der Soziolog:innen Dr. Asanda Benya und Dr. Crispen Chinguno zeigt ebenfalls: Weder die minenbetreibenden Firmen noch der südafrikanische Staat haben angemessen zur Besserung der Situation beigetragen. Die Studie zeigt konkrete Missstände auf und fordert unter anderem, dass die Zusammenarbeit mit Leiharbeitsfirmen, die Arbeitsvorschriften umgehen und keine existenzsichernden Löhne zahlen, beendet wird. Im Fall der Verwundeten des Massakers, von denen einige gelähmt wurden, braucht es eine Gesundheitsversorgung auf Lebenszeit. Ihnen und ihren Familien steht ebenso Unterstützung zu, wie den Witwen und Familien der getöteten Arbeiter.

Diskussionsveranstaltung „Der Tatort Welt und die BASF“, Mittwoch 26. April 2023, 19 Uhr
Dort werden u.a. Asanda Benya und Niren Tolsi über die aktuelle Situation in Marikana berichten.
Ort: Ökumenisches Bildungszentrum sanctclara, B5 19, 68159 Mannheim – oder online. Anmeldung an dachverband@kritischeaktionaere.de
Alle Infos: http://basflonmin.com/home/de/deutsch-der-tatort-welt-und-die-basf/

Protestaktion und Interviews vor der Hauptversammlung
Interviews mit Niren Tolsi sind möglich am 27. April 2023 ab 8.30 Uhr vor dem Congress Center Rosengarten im Rahmen der Protestaktion „Tatort Welt und die BASF“, auf der verschiedene Organisationen ihre Kritik an verschiedenen Geschäftstätigkeiten der BASF äußern: https://www.kritischeaktionaere.de/basf/tatort-welt-und-die-basf/

Studie „Warten auf Gerechtigkeit. Ein Jahrzehnt nach dem Massaker von Marikana“ (2022) von Dr. Asanda Benya und Dr. Crispen Chinguno,
https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/2_Downloads/Fachinformationen/Analyse/Analyse106-Marikana-Warten-auf-Gerechtigkeit.pdf

Hintergrund: Das Massaker von Marikana 2012
Im August 2012 erschossen südafrikanische Sicherheitskräfte 34 streikende Arbeiter der Platinmine Marikana des Bergbaukonzerns Lonmin (heute Sibanye-Stillwater) und 78 Arbeiter wurden, teils schwer, verletzt. Das Massaker hat bis heute tiefe Wunden in der südafrikanischen Gesellschaft hinterlassen – und die Opfer und Angehörigen warten bis heute auf Gerechtigkeit.

Pressekontakte:

Tilman Massa, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, dachverband[at]kritischeaktionaere.de, Telefon: 0221 599 56 47, Mobil: 0173 713 52 37

Boniface Mabanza, Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika, boniface.mabanza[at]woek.de,  Telefon 06221 43336-17

Twitter: @Lonmin_BASF @Krit_Aktionaere

basflonmin.com

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