Rede von Markus Dufner auf der Hauptversammlung der Heckler & Koch AG am 2. Juli 2024 in Rottweil am Neckar (siehe Anmerkung 1)
Sehr geehrter Herr Dr. Koch, sehr geehrter Herr Dr. Runte,
sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Markus Dufner und ich bin Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Ich spreche zum ersten Mal auf einer Hauptversammlung von Heckler & Koch. Der Dachverband hat 29 Mitgliedsorganisationen und erhält Stimmrechtsübertragungen von zahlreichen Kleinaktionär*innen. Wir verstehen uns als Sprachrohr der Zivilgesellschaft auf den Hauptversammlungen deutscher Aktiengesellschaften.
Herr Dr. Koch, in einem Interview mit der FAZ – Titel: „Wenn Du den Frieden willst, übe den Krieg ein“ – sagten Sie neulich: „Tatsächlich hat sich unser Selbstverständnis nicht geändert. Unser Leitbild ´Protecting freedom – no compromise´ (englisch für ´Freiheit schützen – keine Kompromisse´) haben wir uns schon viel früher gegeben.“
„Si vis pacem para bellum“ – so der Satz in der bekannten lateinischen Version – ist in letzter Zeit wieder häufig zu hören.
Aber finden Sie nicht, dass er irgendwie unlogisch klingt?
Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen jetzt androhe: „Damit wir uns nachher gut verstehen, haue ich Ihnen jetzt mal eine runter.“?
„Wenn Du den Frieden willst, dann bereite Dich den Krieg vor“ – wie wäre es, diesen problematischen Satz einmal zu verändern?
„Wer Frieden will, muss den Frieden vorbereiten.“ Und wie ginge das konkret und praktisch? Der vor zwei Jahren verstorbene große Tübinger Friedensfreund Henning Zierock, Vorsitzender der Gesellschaft Kultur des Friedens, hat es so formuliert: „Wir müssen den Frieden gewinnen und nicht den Krieg.“
Sehr geehrte Herr Dr. Koch, in der sogenannten „Zeitenwende“ macht Heckler & Koch glänzende Geschäfte. Das Geschäftsjahr 2023 stellt das zweitbeste Jahr in der Geschichte dieser Firma dar. Der Umsatz lag mit 301,4 Millionen Euro nahezu auf dem Rekordwert von 2022 (305,1 Millionen Euro). Das EBITDA ist mit 62,2 Millionen Euro ebenfalls das zweitbeste operative Ergebnis in der Firmengeschichte.
Gegenanträge: Zeitenwende, Kindersoldaten, Waffenhändler
Der Dachverband hat für das Bündnis Kritische Aktionär*innen Heckler & Koch Gegenanträge zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 eingereicht. In diesen Gegenanträgen begründen wir, warum weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat von Heckler & Koch entlastet werden sollte. Bitte betrachten Sie die Gegenanträge als gestellt. Meine Vorredner*innen sind bereits auf wichtige Aspekte eingegangen und meine Nachredner*innen werden weitere Aspekte nennen.
Der Vorstand von Heckler & Koch meint, dass die sogenannte „Zeitenwende“ die Ausweitung von Produktion und Vertrieb todbringender Schusswaffen legitimiert. Ich würde eher sagen, dass Heckler & Koch wie andere Rüstungsproduzenten ein Profiteur der Zeitenwende ist. Nun ist auch die Ausweitung der Produktpalette auf Sturm- und Maschinengewehre für Kalaschnikow-Munition und andere Kaliber des ehemaligen Warschauer Paktes geplant. Herr Koch, bitte geben Sie Auskunft zum Volumen des Auftrags.
Wird die Ukraine der einzige Abnehmer sein?
Wieviel Schuss Munition soll geliefert werden?
Wie hoch ist der Kaufpreis?
Die Firmenleitung ist stolz darauf, dass Politiker inzwischen keinen Bogen mehr um das lange Zeit umstrittenste deutsche Unternehmen machen, dessen Sturmgewehre in Kriegs- und Krisengebieten auftauchen. Noch 2021 hatte das Landgericht Stuttgart zwei ehemalige H&K-Mitarbeiter wegen „bandenmäßiger Ausfuhr von Gütern aufgrund erschlichener Genehmigung“ zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Kindersoldaten schießen mit Gewehren von Heckler & Koch
Im bewaffneten Konflikt in Zentralafrika benutzten und benutzen Rebellen der Lord´s Resistance Army (LRA) u.a. das G3-Gewehr von Heckler & Koch. Der frühere Kindersoldat Innocent Opwonya, der von der LRA zwangsrekrutiert wurde und später fliehen konnte, bestätigt, dass er mit einem G3-Gewehr von H&K zum Kämpfen gezwungen wurde. Er setzt sich jetzt zusammen mit terre des hommes Deutschland, der DFG-VK, dem RüstungsInformationsBüro und anderen gegen den Einsatz von Kindersoldat*innen und gegen den Export von Kleinwaffen ein. Dies alles ist dokumentiert. Sie finden diese Informationen in der Studie „Kleinwaffen in kleinen Händen. Deutsche Rüstungsexporte verletzen Kinderrechte“ von Brot für die Welt und terre des hommes.
Im September 2023 hat die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte eine Studie zur Firmengründung von Heckler & Koch präsentiert. Der Vorstand reagierte damals erleichtert, weil der Firmengründer Edmund Heckler im sächsischen Taucha in einem Werk des Rüstungsunternehmens Hugo Schneider AG (HASAG) gearbeitet haben soll, in dem es keine KZ-Häftlinge gab, sondern „nur“ zivile Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. Doch auch zivile Zwangsarbeit war ein NS-Verbrechen.
Herr Koch, ist Ihnen das mittlerweile bewusst?
Der Historiker Martin Clemens Winter, der zur Rolle des Leipziger Rüstungsunternehmens HASAG im Nationalsozialismus forscht, sagt, dass „generell die ganze Rolle der HASAG zu wenig beachtet werde: Diese Firma hat Munition für den deutschen Vernichtungskrieg produziert, die auch bei Massenerschießungen von Jüdinnen und Juden in Osteuropa eingesetzt wurde, und war dringend notwendig für Nazideutschland, um diesen Krieg zu führen“. Winter kommt zu dem Schluss, dass Edmund Heckler „ein Karrierist war, der im Kontext von Massenvernichtung und Zwangsarbeit Karriere gemacht hat“.
Wie sehen Sie die Rolle von Edmund Heckler im Lichte der Einschätzung dieses Historikers?
Haben Sie jemals erwogen, den Namen „Heckler“ aus dem Firmennamen zu tilgen? Was halten Sie von dem Namen „Waffenfabrik Koch Oberndorf“?
Edmund Heckler ist wie ich in Tuttlingen an der Donau geboren. Deshalb ist es mir ein besonderes Anliegen, dass Hecklers Lebenslauf schonungslos aufgearbeitet wird.
Die Untersuchungen zur Rolle von Edmund Heckler als leitender Mitarbeiter der HASAG uns späterer Gründer von Heckler & Koch müssen weitergehen.
Ich habe noch weitere Fragen, die ich Ihnen vergangene Woche per Email geschickt habe:
Es sind Fragen zu Spenden, Beraterverträgen, Steuern und diversen Themen (SBSD):
FRAGE SBSD 1: Leider finde ich auf der H&K-Webseite keine Darstellung der aktuellen Aktionärsstruktur. Können Sie mir den entsprechenden Link mailen oder die Zahlen einfach per Mail senden? (siehe Anmerkung 2)
FRAGE SBSD 2: Wo veröffentlichen Sie mitteilungspflichtige Veränderungen (Käufe und Verkäufe von Aktien)?
FRAGE SBSD 3: Wer hat von H&K im Geschäftsjahr 2023 Spenden (Zuwendungen) erhalten?
Hat sich das Verhalten potentieller Spendengeldempfänger seit Beginn des Ukraine-Krieges geändert? (siehe Anmerkung 3)
FRAGE SBSD 4: Von wem hat H&K im Geschäftsjahr 2023 Spenden (Zuwendungen) bekommen? Bitte nennen Sie jeweils den Namen der Person bzw. Institution und die Höhe des Geldbetrags.
FRAGE SBSD 5: Bitte geben Sie die Ausgaben von H&K in Zusammenhang mit Lobbyismus-Aktivitäten in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 an? Welcher Anteil entfiel auf Lobbyismus in Deutschland (z.B. Ausgaben für Büro in Berlin), auf EU-Ebene (z.B. in Brüssel oder Straßburg) oder auf internationale Ebene?
FRAGE SBSD 6: Mit wem und zu welchen Inhalten hat H&K seit 2020 bis Juni 2024 Beraterverträge abgeschlossen? Bitte nennen Sie auch hier jeweils den Namen der Person bzw. Institution und die Höhe des Geldbetrags.
FRAGE SBSD 7: Wie hat sich das Gewerbesteuer-Aufkommen bei H&K in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 entwickelt?
FRAGE SBSD 8: An welchen Messen hat H&K 2020, 2021, 2022 und 2023 teilgenommen?
FRAGE SBSD 9: Wie hoch waren die Ausgaben in den o.g. Jahren für sog. Roadshows (Veranstaltungen oder Treffen mit Investoren)?
FRAGE SBSD 10: Wann finden im H&K-Werk in Oberndorf Werksführungen für die Öffentlichkeit statt? Muss man sich dafür eigens anmelden?
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Anmerkungen:
1. Die Rede konnte nicht gehalten werden, da der Aufsichtsratsvorsitzende (Versammlungsleiter) die Hauptversammlung davor abbrach.
2. Hinter CDE steht der französische Investor Nicolas Walewski mit dem Privatvermögen seiner Familie. Zuvor habe das Bundeswirtschaftsministerium der CDE die Genehmigung zur Übernahme erteilt.
3. 2021 während der Ahrtal-Flut wurde die Annahme von Spenden von H&K abgelehnt, da das Ge schäftsmodell von H&K als unethisch angesehen wurde.
