Rede von Markus Dufner auf der Hauptversammlung der Mercedes-Benz Group AG am 8. Mai 2024
Sehr geehrte Damen und Herrn,
mein Name ist Markus Dufner, ich spreche für den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Früher, in den 1950er Jahren, warb die Daimler-Benz AG mit dem Slogan „Ihr guter Stern auf allen Straßen“.
Der Zusammenschluss der beiden Autokonzerne Daimler-Benz und Chrysler sollte eine „Hochzeit im Himmel“ im Himmel werden. Ja, dieses Unternehmen wollte immer sehr hoch hinaus – oft zu hoch.
Aus dem Unternehmen, dass ohne Chrysler nur noch Daimler hieß, wurde 2022 mit der Abspaltung der Lkw- und Bussparte von der Pkw-Sparte die Mercedes-Benz Group AG. Ob der Name besser oder schlechter klingt als einer der früheren, mögen Sie entscheiden, liebe Aktionärinnen und Aktionäre.
Was sind die Ziele von Mercedes-Benz 2024? Wofür steht der Konzern? Manchmal habe ich das Gefühl, dass dem jetzigen Mercedes-Benz-Vorstand und Aufsichtsrat der „gute Stern“ abhandengekommen ist.
Herr Källenius, Sie wollen „das Markenerlebnis für die Kundinnen und Kunden“ von Mercedes-Benz „auf die nächste Stufe heben“. Das klingt für mich sehr unbestimmt. Und weiter: „Luxus ist seit jeher fest in den Genen von Mercedes-Benz verankert.“ Aha, in den Genen.
Und weiter mit dem Unternehmenssprech: „Als unsere wichtigste Aufgabe begreifen wir es, die begehrenswertesten Fahrzeuge der Welt zu bauen. Der Fokus liegt dabei am oberen Ende der Segmente, in denen wir vertreten sind.“ Das sind bekanntlich Maybach und AMG.
Herr Källenius, auch bei Mercedes-Benz wollen Sie – Zitat – „die Produktsubstanz unserer Elektroautos im Luxussegment weiter stärken – von der Effizienz über den Komfort bis hin zum Design.“
Blättert man durch den Geschäftsbericht 2023 der Mercedes-Benz AG, wimmelt es nur so von Begriffen wie „Markenerlebnis“, „Begehren“, „Luxus“, „Luxusmarke“, „Luxuspositionierung“. Will dieser Konzern nur noch Autos für eine kleine Elite bauen?
Was bedeutet der Begriff „Luxus“ eigentlich?
Der Duden definiert Luxus wie folgt: „kostspieliger, verschwenderischer, den normalen Rahmen der Lebenshaltung … übersteigender, nicht notwendiger, nur zum Vergnügen betriebener Aufwand; Pracht, verschwenderische Fülle.“
Als Beispiel für die Verwendung des Begriffs fügt der Duden hinzu: „ein solches Auto ist reiner Luxus (ist nicht notwendig)“.
Herr Källenius, Sie sind zu jung, um sich noch an die 70er Jahre erinnern zu können, als sich auch ein Facharbeiter einen Daimler leisten konnte. In Ihrer abgekapselten Luxus-Welt ist für Durchschnittsbürger*innen kein Platz.
Nun komme ich zu den Gegenanträgen des Dachverbands:
Zu TOP 2: Wir lehnen die von der Verwaltung vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns ab. Eine deutliche Reduktion der Dividende ist angesichts des Investitionsbedarfs in Klima- und Umweltschutz sowie in nachhaltige die Elektromobilität nötig. Daher fordert der Dachverband, dass statt 5,30 € je Stückaktie nur 10 Cent ausgeschüttet wird.
Zu TOP 3 beantragen wir, den Mitgliedern des Vorstands der Mercedes-Benz AG die Entlastung für das Geschäftsjahr 2023 zu verweigern. Dies begründen wir damit, dass der
Für die Mercedes-Benz Group ist der Diesel-Abgasskandal noch immer nicht ausgestanden. Viele Kund*innen warten noch immer darauf, endlich recht zu bekommen. Die bereits 2021 von der Verbraucherzentrale Bundesverband eingereichte Musterfeststellungklage gegen Mercedes-Benz wurde in der Zwischenzeit vom Oberlandesgericht Stuttgart im Sinne der Verbraucher*innen entschieden. Das OLG hat bestätigt, dass Mercedes in den betreffenden Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen eingesetzt hat.
Verbraucher*innen haben jetzt ein Wahlrecht: Sie können entweder die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen. Oder sie fordern die Erstattung eines sogenannten „Differenzschadens“. In diesem Fall ging es um Mercedes GLC- und GLK-Modelle mit dem Motortyp OM 651.
Herr Källenius, wie viele Anträge auf Rückabwicklung hat die Mercedes-Benz AG bisher erhalten?
Auf welche Summe beläuft sich die Erstattung für Differenzsschäden?
Zudem wies das Kraftfahrtbundesamt letztes Jahr bei Untersuchungen der Motorsteuerungssoftware der Mercedes-E-Klasse 350 Blue TEC mit Euro 6-Motor (OM642) drei Abschalteinrichtungen nach. Das Kraftfahrtbundesamt bewertet diese Abschalteinrichtungen als „kritisch bzw. als unzulässig“.
Herr Källenius, wie bewerten Sie die Abschalteinrichtungen?
Welche Auswirkungen das Grundsatzurteil des Europäische Gerichtshofs (EuGH) auf Mercedes-Benz hat, ist bislang noch unklar. Im März 2023 hatte der EuGH entschieden, dass illegale Manipulation der Abgasreinigung von Dieselmotoren im Prinzip zu Schadenersatz berechtigt. Die Folge könnten zahlreiche Einzelklagen gegen illegale Thermofenster sein.
Trotz allem beteuert Mercedes-Benz weiter, der Konzern habe bei den Abgaswerten seiner Dieselfahrzeuge nicht betrogen; diese Beteuerungen waren und sind offenkundig falsch und lassen entweder auf mangelnde Übersicht des Konzernvorstands schließen oder waren und sind bewusste Falschaussagen.
Herr Källenius, auf welche Höhe haben sich die Schadensersatzklagen 2021, 2022 und 2023 belaufen? Mit welchem Betrag rechnen Sie für 2024?
Die weiteren Gründe, den Vorstand rund um Herrn Källenius nicht zu entlasten, reiße ich jetzt nur an:
Die Verbrauchswerte von Plug-in-Hybriden schönen die schlechte CO2-Bilanz der ganzen Mercedes-Flotte.
Mercedes-Benz hat sein Ziel mit dem E-Auto bisher verfehlt. Dass Sie sich nun von Ihrer „all-electic-Strategie“ verabschieden und wieder verstärkt dem Verbrenner zuwenden, ist ein falsches Signal.
Herr Källenius, wohin geht die Reise dieses Unternehmens? Sie scheinen es selbst nicht zu wissen.
Zu TOP 4 beantragen wir, die Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2023 nicht zu entlasten.
Der Aufsichtsrat der Mercedes-Benz Group hat mehrfach versagt.
Sie, sehr geehrte Aufsichtsratsmitglieder, hätten den Vorstand hinsichtlich der Wahrung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten entlang der „eigenen automobilen Wertschöpfungskette“ besser kontrollieren müssen.
Sie hätten den Vorstand für die Folgen der Produktion nicht umweltfreundlicher Fahrzeuge zur Rechenschaft zu ziehen müssen.
Herr Pieschetsrieder, Sie hätten den Vorstand drängen müssen, dass er bei der Aufarbeitung des Abgasskandals transparenter und ehrlicher vorgeht.
Wann und wie oft hat sich der Ausschuss für Rechtsangelegenheiten mit den obengenannten Fragestellungen beschäftigt?
Herr Pieschetsrieder, warum haben Sie Herrn Källenius nicht aufgefordert, kritische Worte zur Menschenrechtssituation in China zu sprechen? Schließlich hat der Vorstandsvorsitzende den Bundeskanzler auf seiner China-Reise Mitte April begleitet.
Trotz der bekannten Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang will Mercedes-Benz sein China-Geschäft ausbauen. Im Dezember 2022 hatte die Sheffield University einen umfangreichen Bericht veröffentlicht, der die weite Verbreitung von uigurischer Zwangsarbeit in China nachweist – auch bei etlichen Zulieferern von Mercedes-Benz.
Das European Center for Constitutional and Human Right (ECCHR) reichte gegenüber den Autokonzernen Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen bereits 2023 bei der BAF eine Beschwerde ein. Die BAFA, also das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ist für die Überwachung des Lieferkettengesetzes zuständig. Der Präsident des Weltkongresses der Uiguren, Dolkun Isa, sagte: „Die drei Autohersteller konnten bis jetzt nicht glaubhaft belegen, dass sie uigurische Zwangsarbeit in ihren Lieferketten ausschließen können.“
Herr Pieschetsrieder, Herr Källenius, können Sie heute ausschließen, dass es in der Lieferkette von Mercedes-Benz zu Zwangsarbeit gekommen ist und noch kommt?
Oder ist Ihnen irgendetwas in der Lieferkette der Mercedes-Benz Group bekannt, was eine Verletzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes darstellt oder darstellen könnte? Wenn ja, so bitte ich Sie, die Art der (möglichen) Verletzung, das Land und das Datum bzw. den Zeitraum zu nennen.
Und jetzt spreche ich im Auftrag von Jeremy Kimbrell, einem Arbeiter im US-Werk von Mercedes-Benz in Vance, Alabama/ USA. > Zum Statement von Jeremy Kimbrell
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.