Risiken der fossilen Geschäftstätigkeit: Unsere Gegenanträge

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 2, Verwendung des Bilanzgewinns

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Bilanzgewinn der RWE Aktiengesellschaft für das Geschäftsjahr 2024 wie folgt zu verwenden:

Ausschüttung einer Dividende von EUR 1,10 je dividendenberechtigter Stückaktie = EUR 813.332.132,80
Gewinnvortrag = EUR 115.279.942,49
Bilanzgewinn = EUR 928.612.075,29

Der Dachverband lehnt die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2024 ab.

Begründung:

Aufgrund der Risiken, die von der fossilen Geschäftstätigkeit von RWE ausgeht, müssen die Rücklagen für Entschädigungen und Maßnahmen zur Abwendung von Schäden erheblich erhöht werden.

Inwieweit Betroffene der Klimakrise RWE zur Verantwortung ziehen können, ist u.a. vom Ausgang eines derzeit noch schwebenden Verfahrens am Oberlandesgericht Hamm (Klimaklage Saúl Luciano Lluiya gegen RWE) abhängig. Trotzdem setzt RWE auf eine Ausweitung fossiler Öl- und Gasförderung und torpediert damit die Pariser Klimaziele. Durch Verträge mit problematischen Geschäftspartnern, zum Teil in autokratischen Staaten, missachtet RWE seine menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten innerhalb seiner Lieferkette.

Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 3, Entlastung der Mitglieder des Vorstands

Der Dachverband lehnt die Entlastung der Mitglieder des Vorstands im Geschäftsjahr 2024 ab.

Begründung:

Der Vorstand der RWE AG missachtet die großen Risiken, die insbesondere von der fossilen Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausgehen, und vernachlässigt menschenrechtliche Sorgfaltspflichten.

Ausweitung fossiler Öl- und Gasförderung torpediert Klimaziele
RWE setzt auf fossiles Gas als Energieträger der Zukunft, anstatt klare Pläne für den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen zu formulieren. Diese anhaltende fossile Abhängigkeit verschärft die Klimaüberhitzung und sorgt so für eine weitere Eskalation klimabedingter Wetterextreme. RWE erschwert damit die Wende hin zur Klimaneutralität. Die urgewald-Recherchen für die Öl- und Gasdatenbank Global Oil & Gas Exit List zeigen: RWE ist an der Erschließung neuer Öl- und Gasressourcen im Umfang von gut 100 Millionen Barrel Öläquivalent (mmboe) im Rahmen des „Kurdistan Gas Projects“ (1) beteiligt.

Langjährige LNG-Importverträge mit problematischen Geschäftspartnern
Daneben hat RWE in den vergangenen Jahren ökologisch und menschenrechtlich problematische Verträge für die Lieferung von Flüssigerdgas mit dem australischen Unternehmen Woodside (2a), dem US-Konzern Sempra Infrastructure (2b) und dem Staatskonzern ADNOC aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (3) abgeschlossen.

Einsatz für mehr Gaskraftwerke statt für den Gasausstieg
Aktuell plant RWE außerdem den Bau neuer fossiler Gaskraftwerke mit einer kombinierten Leistung von 2,5 Gigawatt an den deutschen Standorten Weisweiler (4) und Werne (5) sowie im britischen Stallingborough (6). Konzernchef Markus Krebber drängt die deutsche Bundesregierung, einen schnellen und starken Ausbau von Gaskraftwerkskapazitäten zu ermöglichen (7).

Fossile Abhängigkeit durch falsche ‚Lösungen‘
RWE bringt hierbei immer wieder eine künftige Umstellung auf Wasserstoff bzw. die Ergänzung einer CO2-Abscheidung (CCS) ins Spiel. Doch Gaskraftwerke mit CCS sind ineffektiv und teuer. Eine Umstellung auf durch Erneuerbare Energieträger erzeugten „grünen“ Wasserstoff ist zweifelhaft, denn dieser wird absehbar nur in sehr geringen Mengen verfügbar sein. Zudem ist die Verbrennung von Wasserstoff zur Stromerzeugung wenig effizient. Unter dem Strich bedeuten solche Projekte eine langfristige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

Methan-Emissionen aus der Braunkohle
Laut einer Studie der Deutschen Umwelthilfe und Ember (2024) werden die von deutschen Kohleunternehmen offiziell berichteten Methanemissionen aus dem Braunkohleabbau massiv unterschätzt (8). Methan-Emissionen aus der Braunkohle in Deutschland könnten 184-Mal so hoch sein, wie bisher angenommen. Nirgendwo ist diese Unterschätzung größer als bei den Tagebauen von RWE.

Klima-Klage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE
Fast 10 Jahre nach Einreichen der Klimaklage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE fand die mündliche Verhandlung zur ersten Beweisfrage am 17. und 19.03.2025 am Oberlandesgericht Hamm statt. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob ein Flutrisiko für den Kläger Lliuya vorliegt. Das Gericht muss nun entscheiden, ob das Risiko ausreicht, um eine Haftbarkeit von RWE zu erwirken. Der ursprünglich für den 14.04. angesetzte Verkündungstermin wurde vom OLG auf den 28.05. verlegt. Grund für die Verlegung ist ein Befangenheitsantrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. Katzenbach. 

Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel
Der Bauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya hat RWE als damals größten CO₂-Emittenten Europas im November 2015 verklagt. Er wirft dem Konzern vor, für das Schmelzen der Gletscher in Peru mitverantwortlich zu sein und will erreichen, dass RWE die Kosten für Schutzmaßnahmen gegen den Klimawandel in seiner Heimat übernimmt. Bei der mündlichen Verhandlung der Klimaklage am OLG stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit das Haus des Klägers und seiner Familie von einem Flutrisiko durch einen stark angewachsenen Gletschersee betroffen ist. Nach Einschätzung der Anwältin von Saúl Luciano Lliuya, Roda Verheyen, hatdas Gericht „klar die Haftung von großen Emittenten wie RWE für Klimaschäden und -risiken bekräftigt“.

Betroffene der Klimakrise können Unternehmen zur Verantwortung ziehen
Lliuya hat mit seiner Klage bereits einen historischen Erfolg erzielt. Das Gericht entschied im Jahr 2017, dass ein zivilrechtlicher Anspruch auf Grundlage des Nachbarschaftsparagrafen (§ 1004 BGB) besteht und beschloss deshalb den Einstieg in die derzeit stattfindende Beweisaufnahme. Das bedeutet, dass im Grundsatz Unternehmen mit hohen Emissionen von Betroffenen der Klimakrise in die Verantwortung genommen werden können. Die Chancen sind stark gestiegen, dass dieser Anspruch auch im schriftlichen Urteil begründet wird. „Für die größten Emittenten unter den Unternehmen bedeutet die Einschätzung des Gerichts, dass ihr Emissionsausstoß von nun an mit einem handfesten finanziellen Risiko behaftet ist“, so Germanwatch-Vorstand Christoph Bals.

Informationen und Hintergründe zur Klima-Klage hier: https://rwe.climatecase.org/de.


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 4, Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Der Dachverband lehnt die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr 2024 ab.

Begründung:
Der Aufsichtsrat ist seiner Kontrollpflicht gegenüber dem Vorstand nicht ausreichend nachgekommen. Zahlreiche risikobehaftete Projekte und Investitionen wurden vom Aufsichtsrat nicht gestoppt.

Hyphen Hydrogen Energy Project braucht Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung
RWE hat 2022 ein Memorandum of Understanding (MoU) mit Hyphen Ltd. unterschrieben, mit dem es sich verpflichtet, in Namibia herzustellendes Ammoniak für den Export nach Europa abzunehmen. Die geplante Infrastruktur für das Hyphen-Projekt soll sich auf 4.000 km² des heutigenTsau ǁKhaeb-Nationalparks im Great Namaqualand (ursprünglich Gebiet des Nama-Volkes) erstrecken. Durch das MoU mit Hyphen wird RWE in die anhaltenden Auswirkungen des deutschen Kolonialismus verwickelt, einschließlich eines Völkermordes und der Vertreibung des Nama-Volkes von seinem angestammten Land. Von der Kolonialherrschaft und dem Völkermord durch das Deutsche Reich über die südafrikanische Apartheid bis hin zum modernen Namibia hat sich die Kontrolle über das Land der Nama von Kolonialunternehmen und Besatzern auf moderne Unternehmen und den Staat verlagert. Das Volk der Nama ist nach wie vor weitgehend marginalisiert und wird nicht angemessen beteiligt. Zudem drohen durch das Hyphen-Projekt Umweltschäden und Verlust von Biodiversität. 

Daher fordern wir RWE auf, vom MoU mit Hyphen zurückzutreten, bis Hyphen eine umfassende Menschenrechtsverträglichkeitsprüfung einschließlich sozialer, kultureller Folgen und Umweltstandards unter Beteiligung des Nama-Volkes durchführt. RWE muss seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen und sicherstellen, dass das Hyphen-Projekt die Rechte des Nama-Volkes auf Selbstbestimmung und freie, vorherige und informierte Zustimmung respektiert. 

Probleme für Wasserwirtschaft und Zerstörung von Biotopverbundstrukturen im Rheinischen Revier
Die Planung für den Bau der 45 km langen Rheinwassertransportleitung von Dormagen zu den Braunkohletagebauen muss durch ein unabhängiges Gremium überprüft werden. Statt für Braunkohle plant die RWE die Tagebauerweiterung der Manheimer Bucht für Sand und Kies. Dieses Vorhaben zerstört landwirtschaftlich kostbare Lössböden sowie das Sündenwäldchen (Teil des ursprünglichen Hambacher Waldes) und verhindert die Verbindung des Hambacher Waldes mit anderen Wäldern. Wertvolle Biotopverbundstrukturen werden zerstört und komplexe zusammenhängende Ökosysteme der Wälder extrem gefährdet. Diese Vernetzung von ökologischen Trittsteinen ist lebenswichtig, um langfristig einen guten Zustand des Hambacher Restwaldes und der gefährdeten Steinheide sicherzustellen. Die Vorgehensweise passt nicht zur Leitentscheidung von 2021, welche beinhaltet, dass Maßnahmen für den Erhalt, die Entwicklung und eine Wiedervernetzung der Altwälder ermöglicht werden müssen. „Planungen oder Maßnahmen, die sie in ihrem Bestand gefährden können, sind auszuschließen.“ (Entscheidungssatz 6).

Die abgetragene Erdmasse ist ausschließlich für die Stabilisierung der Böschungen genehmigt. Tatsächlich wird seit mehreren Monaten von der RWE-Tochter Rheinische Baustoffwerke (RBS) eine enorme Menge an abgebaggertem Material mit einer gewaltigen Anzahl LKW in die benachbarte Kiesgrube in Geilrath oder auf die Sophienhöhe verbracht. Ein Abbau nur von Material, nicht aber von Kohle, dürfte nicht dem Bergbaugesetz unterliegen, sondern braucht neue, klare Regelungen.

Wir fordern eine Verkleinerung der Tagebaue und sofortigen Baggerstopp, um die gigantische Seeplanung unabhängig wissenschaftlich überprüfen zu können.

Verbrennung von Holzpellets auf Kosten von Wäldern und Klima
2024 verbrannte RWE ca. 1,4 Mio. t importierte Holzpellets in den Kraftwerken Eemshaven und Amer. Das entspricht den gesamten niederländischen Pelletimporten. Obwohl Biomassestrom immer weniger mit der billigeren, klimaschonenden Windenergie konkurrieren kann, verfolgt RWE eine völlige Umrüstung der Kraftwerke auf Holzpellets. Sie stammen vor allem aus dem Süden der USA, wo Pelletunternehmen Holz u.a. aus dem Kahlschlag hochbiodiverser Wälder beziehen, aber auch aus Baumplantagen in Malaysia und Vietnam. Vietnams Expansion von Baumplantagen führt zu mehr Regenwaldzerstörung. Zudem ist Vietnam Umschlagplatz für Holz aus Regionen mit einem besonders hohen Risiko von illegalen Abholzungen und für intransparente Holzlieferketten bekannt. RWE muss die Kraftwerke Eemshaven und Amer unverzüglich schließen und aufhören, in die Holzenergie zu investieren – mit oder ohne CCS.

CO2-Emissionen und Atemschadstoffe RWE-Kohlekraftwerke setzen regelmäßig Atemschadstoff-Gemische frei, die über ultrafeine Partikel eingeatmet werden und in alle Zellen eindringen, auch in die Zellkerne ungeborener Babys (vgl. Kohlekraftwerk Tongliang).
Die das Klima schädigenden CO2-Emissionen beinhalten eine Last, die die Gesundheit und das Leben gefährden. 88% der gesamten Krankheitslast durch Klimazerstörung trifft Menschen, die noch nicht 5 Jahre alt sind (WHO-CED-PHE-EPE-19.12.08-eng PDF (iris.who.int), S.11.


Gegenantrag zu Tagesordnungspunkt 10. Satzungsermächtigung zur Durchführung virtueller Hauptversammlungen

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre beantragt, den Beschlussvorschlag abzulehnen, den Vorstand erneut zu bevollmächtigen, über die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung entscheiden zu können.

Begründung:

Unsere Begründung, warum wir diese Ermächtigung des Vorstands ablehnen, bleibt auch nach zwei Jahren Erfahrungen mit virtuellen Hauptversammlungen unverändert: Das Format und die Art und Weise, wie eine Hauptversammlung durchgeführt wird, betreffen elementare Aktionärsrechte. Daher sollte die Hauptversammlung – und nicht der Vorstand – darüber entscheiden, zu welchen Bedingungen bzw. in welchem Format zukünftige Hauptversammlungen durchgeführt werden sollen.

Die Hauptversammlung sollte darüber entscheiden können, ob als weitere Option ein hybrides Format umgesetzt werden soll, welches die Vorteile einer Präsenz-Hauptversammlung mit jenen einer rein virtuellen Veranstaltung vereint.

Höchst problematisch ist allgemein das von Aktionärsseite schwindende Interesse an Hauptversammlungen, wenn diese nur virtuell stattfinden. Viele schalten ihren Computer erst gar nicht an, dies ist auch ein Abstimmen mit den Füßen über dieses Format.

Aus Platzgründen finden Sie hier dieAnmerkungen und Quellen zum Gegenantrag zu TOP 3:
1) https://www.pearlpetroleum.com/

2a) https://www.rwe.com/presse/rwe-supply-and-trading/2021-02-19-rwe-und-australischer-lng-produzent-woodside-schliessen-liefervertrag-fuer-fluessiggas-ab/

2b) https://www.rwe.com/presse/rwe-supply-and-trading/2022-12-28-rwest-und-sempra-infrastructure-unterzeichnen-liefervertrag-fuer-fluessiggas/

3) https://www.rwe.com/presse/rwe-ag/2022-09-25-rwe-und-adnoc-vereinbaren-erste-lng-lieferung/)

4) https://www.rwe.com/presse/rwe-generation/2023-07-28-rwe-schafft-voraussetzungen-fuer-errichtung-eines-wasserstofffaehigen-gaskraftwerks/

5) (https://www.rwe.com/presse/rwe-generation/2024-05-29-rwe-plant-wasserstofffaehiges-gaskraftwerk-in-werne/)

6) https://uk.rwe.com/project-proposals/stallingborough-power-station/

7) https://www.rwe.com/presse/interviews/3-gw-neue-gaskraftwerke-bis-2030-sind-noch-moeglich/

8) https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-fordert-methanminderungsstrategie-emissionen-aus-deutschem-braunkohletagebau-v/

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