
- Von wegen „grün“: Siemens Energy stützt Militärbesatzung der Westsahara
- Atomgeschäfte mit Rosatom fördern Putins Einflussnahme
- Strukturelle Interessenskonflikte im Aufsichtsrat
Anlässlich der heutigen Hauptversammlung der Siemens Energy AG fordern zivilgesellschaftliche Organisationen den Konzern auf, den eigenen Ansprüchen in Bezug auf Soziales, Umwelt und gute Unternehmensführung gerecht zu werden. Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wird Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung verweigern.
Die Emissionen, die aus den von Siemens Energy im letzten Geschäftsjahr verkauften Produkten entstehen werden (Scope 3 downstream), machen mit über eine Milliarde Tonnen Treibhausgasemissionen den absoluten Großteil des CO2-Fußabdruckes des Konzerns aus. Die Menge ist deutlich mehr als etwa die CO2-Emissionen von ganz Deutschland in 2024. Dies zeigt, wie sehr das Geschäftsmodell von Siemens Energy noch von dem Verkauf fossiler Gasturbinen abhängig ist. Doch auch bei Windkraftturbinen ist längst nur alles „grün“.
Ausbeutung des Volkes der Westsahara
Siemens Energy trägt zur Ausbeutung des Volkes der Westsahara bei. Im Oktober 2024 verdeutlichte ein maßgebliches Urteil des Europäischen Gerichtshofs nochmals, dass Handelsabkommen, die das Hoheitsgebiet der Westsahara mit einschließen, ohne die Zustimmung des Volkes der Westsahara nicht gültig sind und das Selbstbestimmungsrecht des Volkes missachten. Marokko hat keinerlei Anspruch auf das Gebiet der Westsahara und besetzt es völkerrechtswidrig mit militärischer Gewalt. Trotzdem errichtete Siemens Energy bzw. Siemens Gamesa in Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht Marokko alle zurzeit in Betrieb befindlichen Windparks in der besetzten Westsahara.
Zeina Abdulmaati Abdulrahmaan aus den saharauischen Flüchtlingslagern mahnt: „Wir stehen an der Frontlinie der Klimakrise – mit extremen Hitzewellen und Überschwemmungen, die unsere Lebensgrundlagen bedrohen. Und stellen Sie sich vor, zusätzlich noch mit den Konsequenzen einer Besatzung leben zu müssen? Ein Leben lang als Flüchtling? Als ein Volk, dessen Recht auf Selbstbestimmung nicht anerkannt wird? Dass Siemens Energy aus dieser Situation profitiert – gemeinsam mit denen, die uns kolonisieren – ist untragbar. Wie Gerichte der europäischen Union immer wieder bekräftigt haben, darf in der Westsahara keine Tätigkeit ohne die Zustimmung unseres Volkes stattfinden. Siemens Energy muss daher sofort alle Aktivitäten in der Westsahara einstellen.“
Alida Koos von Western Sahara Resource Watch kritisiert: „Die Tätigkeiten von Siemens Energy in der besetzten Westsahara tragen nicht zu einer gerechten Energiewende bei – im Gegenteil: sie unterstützen die marokkanische Besatzung. Die von Siemens errichteten Windparks und die vermutlich geplanten Stromleitungen kommen nicht dem Volk der Westsahara zugute, sondern integrieren gestohlene Ressourcen in Marokkos Wirtschaft. Siemens Energy kann nicht von Menschenrechten und Nachhaltigkeit sprechen, während es eine Militärbesatzung unterstützt. Um seinen ethischen Verpflichtungen, Nachhaltigkeitsversprechen und dem Völkerrecht gerecht zu werden, muss sich das Unternehmen aus der besetzten Westsahara zurückziehen. Alles andere ist Mittäterschaft.“
Siemens Energy stellt den Strom aus der Westsahara als „grünen“ Strom dar. Doch ernsthafter Klimaschutz muss Klimagerechtigkeit bedeutet – und darf nicht mit der Ausbeutung einhergehen. Das gehört auch zu den Grundsätzen des Pariser Klimaschutzabkommens, das einen „gerechten Übergang“ weg von fossilen Brennstoffen fordert.
Zusammenarbeit mit Rosatom fördert Putins Einflussnahme
Siemens Energy arbeitet weiterhin mit dem Konzern Rosatom etwa in Ungarn zusammen. „Trotz des Krieges in der Ukraine und der direkten Verwicklung von Rosatom in diesen Krieg setzt Siemens Energy die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatsunternehmen fort. Diese Zusammenarbeit mit Rosatom hilft Russland, seinen politischen Einfluss in Europa auszuweiten, Abhängigkeiten zu schaffen und Geld zu erwirtschaften. Zudem schafft sie neue Risiken für die europäische Sicherheit. Siemens Energy muss sofort jede Zusammenarbeit mit dem russischen Staat und seinem nuklearen Arm – Rosatom – beenden“, fordert Vladimir Slivyak, Co-Vorsitzender der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises.
Strukturelle Interessenskonflikte im Aufsichtsrat
Und auch der Skandal um das Aufsichtsratsmitglied Veronika Grimm wirft ein schlechtes Licht auf die Richtlinien zur guten Unternehmensführung bei Siemens Energy. Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kritisiert: „Es handelt sich glasklar um einen Interessenkonflikt, wenn eine Regierungsberaterin gleichzeitig Aufsichtsrätin in einem großen Konzern ist – noch dazu, wenn sie die Bundesregierung vor allem zu energiepolitischen Fragen beraten soll, bei denen Überschneidungen mit den Geschäftsinteressen von Siemens Energy naheliegen. Behält Veronika Grimm beide Rollen, erweckt sie den Anschein fragwürdiger Einflussnahme und beschädigt damit auch das Ansehen der renommierten Wirtschaftsweisen. Beidem sollte Siemens Energy keinen Vorschub leisten.“
Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
Pressekontakte:
- Alida Koos, Western Sahara Resource Watch, germany[at]wsrw.org
- Tilman Massa, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Tel. 0221 / 599 56 47, dachverband[at]kritischeaktionaere.de
- Svea Gaum, Pressereferetin Pressestelle LobbyControl, +49 30 467 26 72 11, presse[at]lobbycontrol.de