Rede Katrin Ganswindt

Sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
Werte Aktionärinnen und Aktionäre,

mein Name ist Katrin Ganswindt und beschäftige mich bei der Menschenrechts – und Umweltorganisation urgewald seit 3 Jahren mit der Kohle.

Die Allianz hat sich Klimaschutz ganz groß auf die Fahnen geschrieben; in der Financial Times haben Sie, Herr Diekmann, gemeinsam mit 42 anderen Investoren die Politik aufgerufen, bei den Klimaverhandlungen in Paris Ende dieses Jahres, zu verbindlichen Lösung zu kommen. Dieses Engagement finden wir gut – ebenso wie vermehrte Investitionen in Erneuerbare Energien. Aber der Klimawandel lässt sich nicht allein durch Zeitungsanzeigen und die Förderung der Erneuerbaren aufhalten. Sie müssen sich dazu auch von den größten Klimakillern verabschieden.

Nach wie vor halten und verwalten Sie in großem Maße Anleihen und Aktien von den Ölkonzernen Shell, Gazprom und Chevron, die zu den sechs größten „Carbon Majors“ gehören – die also Konzessionen für die größten fossilen Reserven der Welt halten.

Der größte Klimasünder ist ganz klar die Kohle: Die Internationale Energieagentur (IEA) hat Kohle als den Hauptemittenten des Treibhausgases Kohlendioxid ausgemacht. Kohleproduktion und -verbrennung müssen spätestens 2020 ihr Hoch erreichen und ab da kontinuierlich sinken, wenn die internationale Gemeinschaft das hehre 2°Ziel noch erreichen will.

Zurzeit werden aber neue Kohlekraftwerke gebaut und neue Kohlereserven erschlossen, frisches Geld der Investoren macht ́s möglich. Ein Konzern, der es ernst meint mit dem Klimaschutz, muss eine klare Position zur Kohleindustrie beziehen. Denn Kohle ist nicht nur aus Gesichtspunkten des Klimaschutzes schädlich: Von Beginn bis zum Ende der Lieferkette ist Kohle dreckig und teuer.

Schauen wir in die großen Kohleländer China, Russland, Indien, Indonesien, Kolumbien, Südafrika: Wer hier der Kohleindustrie im Weg steht, muss entweder Grund und Boden verscherbeln oder wird vertrieben. Manchmal rücken die Minen oder Kraftwerke auch einfach so nah an Wohnstätten heran, bis Trinkwasser und Ackerböden vergiftet werden. Aber Bergbau bringt Arbeitsplätze! Richtig; aber: mit 30.000 Todesfällen in den letzten 40 Jahren, ist es allerdings gefährlicher in einer Kohlemine, als auf einer Ölplattform zu arbeiten.

Da wo es Gewerkschaften gibt, können, wie z.B. in Kolumbien, Gewalt – und Morddrohungen, so wie in Kolumbien, harte Arbeitskämpfe verhindern. Auch die Energieversorgung für alle, kann Kohle nicht leisten. Wer nicht ans Energienetz angeschlossen ist oder wer kein Geld hat und Strom zu bezahlen, dem hilft auch kein Großkraftwerk. Menschenrechte und Umweltschutz sind für die Kohleindustrie leider viel zu oft, Fremdworte. Würden diese externen Kosten mit einberechnet, wäre Kohle längst keine günstige Energiequelle mehr.

Wir begrüßen, dass sie es als ihre Pflicht ansehen, die Unternehmen, in die sie investieren, zu einer nachhaltigen Geschäftspraxis anzuhalten. Wie gehen sie mit Kohlegiganten wie z.B. Peabody um, die immer noch den menschengemachten Klimawandel leugnen? Und wollen sie Firmen, deren Hauptgeschäftsfeld der Kohleabbau oder die Kohleverbrennung sind, dazu bewegen klimafreundlich zu werden? Und weil ́s grad so gut passt: Halten sie eigentlich noch Eigenanteile an den zwei größten Mountain Top Removal Firmen Alpha Natural Resources und Arch Coal? Solche führenden Kohlefirmen dürfen sich im Portfolio einer klimafreundliche Allianz nicht finden.

Außerdem ist es besonders verheerend den Neubau von Kohlekraftwerken und die Erschließung neuer Minen zu unterstützen. Denn damit wird ein CO2 – intensiver Entwicklungspfad, der direkt in die Klimakatastrophe führt, für Jahrzehnte festgelegt. Welche Neubauten von Kohlekraftwerken und welche Minenerschließungen hat die Allianz in den letzten 5 Jahren finanziert und/oder versichert?

Würde ihnen die Allianz – Umweltstiftung vor diesem Hintergrund ihren Klimapreis verleihen? Sehr geehrter Vorstand, es wirkt einfach irgendwann nicht mehr glaubwürdig wenn Klimaschutz gepredigt wird aber im Portfolio der Klimateufel sitzt. Ich verstehe auch aus finanzieller Hinsicht nicht, wie die Allianz einerseits klare, verbindliche Reduktionsziele bei den Klimaverhandlungen fordern kann, während sie selbst weiter auf Kohlefirmen setzt.

80% der Kohlereserven, auf dessen Grundlage diese Firmen heute bewertet werden, dürfen wir nicht verbrennen, wollen wir eine 50%ige Chance haben, das 2° Ziel erreichen. Mit Verschmutzungsrechten in der Atmosphäre wird es ebenfalls eng, wenn der Emissionshandel ernst genommen wird. Der ökonomische Wert von Kohleunter nehmen wird also beträchtlich sinken, sobald Kohleproduktion und -verbrennung für den Klimaschutz gedrosselt werden.

Anders ausgedrückt: Falls die Klimaverhandlungen in Paris zu dem auch von der Allianz gewünschten Ergebnis kommen, wird die sogenannte „Carbon Bubble“ irgendwann platzen.

Herr Diekmann, sägt die Allianz da nicht an dem Ast, auf dem sie sitzt? Andere Versicherer haben bereits erkannt, dass Klimaschutz das Ende der Kohleindustrie bedeutet: die dänischen Storebrand und die norwegische KLP habe n Kohlefirmen aus ihrem Portfolio entfernt, nach unterschiedlichen Kriterien. Auch die Allianz Österreich will ihr Kapital bis 2020 aus dem Kohleabbau abziehen, um, wie es bei der Allianz ja ebenfalls forciert wird, mehr in Erneuerbare Energien zu investieren. Überlegen sie, ähnlich wie die Allianz Österreich, konkrete Ziele zum Kohleausstieg zu formulieren?

In der internationalen Kampagne „Pledge for Paris“, werden zurzeit verschiedene Investoren aufgefordert bis zur COP 21 einen Kohleausstiegsplan zu entwerfen und zu veröffentlichen. Wir möchten auch sie hiermit fragen: Sehr geehrter Herr Bäte: Werden sie sich an der „Pledge for Paris“ beteiligen? Egal wie Ihre Antwort ausfallen wird, Herr Bäte. Versuchen sie nicht auf allen Hochzeiten zu tanzen, sondern gehen sie den von Ihrem Vorgänger eingeschlagenen Pfad konsequent weiter und beziehen sie eine klare Position gegen die Kohle und damit für den Klimaschutz.

Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit!

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