Unsere Fragen an Vorstand und Aufsichtsrat

Zur virtuellen Hauptversammlung haben wir folgende Fragen eingereicht und Bayer um Beantwortung gebeten:

Zu Tagesordnungspunkt 1: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den gesamten für das Geschäftsjahr 2019 ausgewiesenen Bilanzgewinn als Dividende auszuschütten. Selbst Bayer-Großaktionärin Union Investment findet dies zu viel, da weiterhin unklar ist, wie viel ein möglicher Glyphosat-Vergleich in den USA kosten würde. Darüber hinaus sind auch die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie ungewiss.

1. Hat es im Vorfeld Druck von bestimmten Aktionärinnen und Aktionären gegeben, den gesamten Gewinn als Dividende auszuschütten, anstatt nachhaltige Rücklagen zu bilden?
2. Haben Vorstand und Aufsichtsrat Gründe erörtert, die eine niedrigere Dividende rechtfertigen würden und wenn ja, welche?

Zu Tagesordnungspunkt 2: Entlastung der Mitglieder des Vorstands

In unserem Gegenantrag zu TOP 2 kritisieren wir, dass Bayer in Ländern des globalen Südens mit schwächerer Pestizidregulierung Wirkstoffe vertreibt, die in der EU nicht genehmigt sind. So vermarktet Bayer in Brasilien mindestens elf und in Südafrika mindestens sechs Wirkstoffe, die in der EU nicht genehmigt sind. Die Leidtragenden von diesem Geschäftsmodell sind nicht nur (Klein-)Bäuerinnen und Bauern und Landarbeiter*innen, sondern auch indigene Gruppen, die etwa neben großen Soja-Plantagen in Brasilien wohnen, auf denen die entsprechenden Pestizide per Flugzeug ausgebracht werden.

1.  Welche Pestizidwirkstoffe exportiert Bayer aus Deutschland nach Südafrika und Brasilien, damit diese von Unternehmen vor Ort verarbeitet und vermarktet werden können? Bitte Wirkstoffnamen sowie Umfang der Exporte (in Tonnen) angeben.
2. Werden die in Südafrika von Bayer vermarkteten Wirkstoffe Carborfuran, Oxadiazon, Propineb, Pyroxasulfone, Thidiazuron, Thiodicarb und Triadimenol als Bestandteil fertiger Produkte nach Südafrika exportiert oder werden nur die Wirkstoffe nach Südafrika exportiert und dort zu Bayer-Produkten verarbeitet?
3. Werden die in Brasilien von Bayer vermarkteten Wirkstoffe Carbendazim, Thiodicarb, Ioxynil, Thiram, Oxadiazon, Cyclanilid, Ethiprole, Indaziflam, Ethoxysulfuron, Thiadiazuron, Fenamidone, Propineb als Bestandteil fertiger Produkte nach Brasilien exportiert oder werden nur die Wirkstoffe nach Brasilien exportiert und dort zu Bayer-Produkten verarbeitet?
4. Welche Pestizidwirkstoffe werden in den zu Bayer gehörenden Werken in Brasilien selbst hergestellt?
5. Werden die nach Südafrika und Brasilien von Bayer exportierten Wirkstoffe oder fertigen Produkte in Deutschland oder einem anderen Land (z.B. USA) hergestellt?
6. Gibt es strategische Kooperationen und/oder Lizenzvereinbarungen zwischen Bayer und Pestizidunternehmen in Südafrika und Brasilien? Bitte Namen der Unternehmen und Art der Kooperation aufführen.
7. Bayer behauptet, durch seine „Pflanzenschutzmittel“ werde beispielsweise in Brasilien eine Intensivierung der agrarwirtschaftlichen Nutzung bereits bestehender Agrarflächen möglich, daher stehe eine Ausweitung der Brandrodung in Amazonien in keinem Zusammenhang mit späterer vermehrter Pestizidnutzung. Nur: vergleicht man die Gemeinden in Amazonien, die die höchsten Brandrodungsraten 2019 aufweisen, mit den Gemeinden, die die höchsten Zuwächse bei Verbrauch von Agrarchemikalien haben, so stellt sich eine Deckungsgleichheit heraus. Wie erklärt sich Bayer das und was genau unternimmt Bayer, um dem entgegen zu wirken?
8. Im Rahmen der Transparenzinitiative macht Bayer Sicherheitsdaten zu einigen wenigen Wirkstoffen öffentlich. Wieso können selbst zu diesen nicht alle vollen Studienberichte angefordert werden?
9. Würde Bayer zwecks echter Transparenz diese einer kompletten Liste aller von Bayer weltweit vermarkteten Wirkstoffe gegenüberstellen? Falls nicht, warum?

Zu Tagesordnungspunkt 3: Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates

In unserem Gegenantrag zu TOP 3 kritisieren wir, dass der Aufsichtsrat der Bayer AG nicht hinreichend seiner Verantwortung nachkommt, den Vorstand anzuweisen und zu kontrollieren, wirksamere Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten transparent einzuhalten.

1.  Laut eines aktuellen Berichts des Business & Human Rights Resource Centre und der ZHAW School of Management and Law erfüllt Bayer weiterhin nicht vollständig die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an unternehmerisches Verhalten. Bayer belegt demnach nicht ausreichend, wie und ob Menschenrechtsrisiken identifiziert, bewertet und minimiert werden. Wie wird Bayer sicherstellen, die Anforderungen der UN-Leitprinzipien vollumfänglich zu erfüllen?
2. Bayer hat 2019 insgesamt 712 Audits bei Zulieferern durchführen lassen, um seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachzukommen. Doch über die Ergebnisse erfährt man erneut nichts Substanzielles – weder im Geschäftsbericht noch im Nachhaltigkeitsbericht. Bei 11 Lieferanten meldet Bayer „kritische Ergebnisse“, ohne weitere Informationen. Um welche Lieferanten handelt es sich, welche Mängel wurden festgestellt und bis wann müssen diese behoben sein?

Es ist nicht klar, ob Bayers Klimaziele im Einklang mit dem Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens stehen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dies wird nach Angaben von Bayer derzeit von der Science Based Targets initiative (SBTi) wissenschaftlich überprüft.

1. Hat sich Bayer bei der Erstellung der Klimastrategie an dem 1,5-Grad-Ziels der Pariser Klimaschutzabkommens orientiert? Falls nicht, warum? Falls ja, warum wird dies nicht offen kommuniziert?
2. Beim sogenannten Scope 3 fehlt es an klaren Zielvorgaben, bis wann wie viel CO2 eingespart werden soll. Andere Unternehmen haben hier schon eindeutige Ziele formuliert. Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht ist nur unpräzise davon die Rede, dass die CO2-Emissionen in der Lieferkette ein neuer Schwerpunkt im Lieferkettenmanagement werden sollen. Gibt es hierzu schon konkrete Vorhaben und wird Bayer hierzu noch konkrete Ziele bekanntgeben?